Die Ostsee wurde im Mittelalter als "mare balticum" bezeichnet. Die ethymologische Herkunft des Namens Baltikum ist aber bis heute unklar. Nachbarländer der baltischen Staaten sind Russland und Weissrussland (nur ein kurzer Grenzabschnitt wird von Litauen mit Polen geteilt). Daraus resultiert eine ständige Furcht vor erneuter Okkupation, die Erfahrung der jüngsten Geschichte ist noch sehr nah. Die EU- und NATO- Mitgliedschaft gibt den Menschen in dieser Hinsicht etwas Sicherheit.

Do 06.08.2015 Deutschland - Vilnius

Kennen Sie SKR? Ich bisher nicht, obwohl es diesen Reiseveranstalter bereits seit 1978 gibt, damals gegründet unter dem Namen „Studien-Kontakt-Reisen“. SKR beansprucht für sich, seinen Klein- Reisegruppen persönliche Kontakte und tiefe Einblicke in die Kultur der Gastländer zu vermitteln.

Erstes Ziel unserer Rundreise durch das Baltikum ist Vilnius, die Hauptstadt Litauens. Von Frankfurt aus sind es weniger als 2 Stunden Flugzeit. Am Flughafen werden wir erwartet und zum Hotel Europa City Vilnius begleitet. Die Uhren gehen im Baltikum eine Stunde vor.

Der Nachmittag ist programmfrei. Ich laufe den Gedimino Prospekt hinunter Richtung Kathedralenplatz. Es ist heiß. Mein Weg führt vorbei am Museum für die Opfer des Genozids. In diesem Gebäude haben die Gestapo wie auch viele Jahrzehnte der KGB ihr mörderisches Handwerk betrieben. Gedenktafeln mit den Namen der Widerstandskämpfer erinnern an die vielen Ermordeten.

Auffällig viele Cafes, Kaffeestuben und -bars säumen die Straße. Unsere Reiseleiterin erklärt später, die Litauer seien schon immer begeisterte Kaffeetrinker gewesen, neu sei lediglich, dass nun im Sommer Aussentische rausgestellt würden.

Ich erreiche den Kathedralenplatz mit dem Glockenturm und der St. Stanislaus- Kathedrale, deren Fassade wie ein griechischer Tempel anmutet. Auf dem Portikus stehen große Barockstatuen der Evangelisten. Im angenehm kühlen Kirchenschiff lässt es sich gut aushalten, eine Wohltat bei der vorherrschenden heißen Aussentemperatur.

Beim ersten gemeinsamen Abendessen - leider mit Kantinenqualität - lerne ich meine 12 Mitreisenden und die deutschsprachige Reiseleiterin kennen, Silvia Gravniece aus Riga. Die Gruppe ist schnell beim "Du" und harmoniert gut, Grundvoraussetzung für eine gelungene Gruppenreise.


Fr 07.08.2015 Vilnius - Kaunas

Der Wetterdienst hat heute Rekordtemperaturen für Litauen angesagt. Unser Tag beginnt mit einer Stadtführung im eindrucksvollen Vilnius, auch "Rom des Ostens" genannt. Dessen malerische Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen und zahlreichen Barockkirchen wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Im "Schweinsgalopp" geht es bei schnell ansteigender Tagestemperatur zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Ich überlege, ob ich versehentlich "Hurtig Routen" gebucht habe...

So wie ich gestern laufen wir heute morgen den Gedimino Prospekt hinunter zum Kathedralenplatz. Silvia zeigt uns die Kapelle des Hl. Kasimir in der Kathedrale. Kasimir war der zweite Sohn des damaligen polnischen - und damit auch litauischen - Königs und starb bereits im Alter von 25 Jahren. Als man 120 Jahre nach seinem Tod anläßlich der Heiligsprechung seinen Sarg öffnete, fand man angeblich einen unversehrten Leichnam vor.

Hinter der Kathedrale liegt der Palast der Großfürsten Litauens, der nach Vorlagen aus dem 16. und 17. Jh. rekonstruiert und erst 2014 fertiggestellt wurde, ein umstrittenes Prestige- Projekt der litauischen Regierung, vielleicht vergleichbar mit dem Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses.

Auf dem sich anschließenden Burgberg befand sich die sogenannte Obere Burg. Heute ist nur noch der Gedeminas- Turm zu bestaunen. Um jenen Gedeminas, Großfürst von Litauen Anfang des 14. Jh., ranken sich zahlreiche Legenden. Eine davon erzählt von einem Jagdausflug, den Gedeminas mit seinen Gefährten unternahm. Als man nach kräfteraubender Jagd das Nachtlager auf einem Berg errichtete, hatte Gedeminas einen Traum. Darin erschien ihm ein riesiger Wolf mit einer eisernen Rüstung, der so laut heulte wie hundert Wölfe. Ein konsultierter Schamane deutete Gediminas‘ Traum so, dass er auf dem Berg eine feste Burg und davor eine stark bewehrte Stadt errichten solle. So geschah es dann auch. Heute steht eine Gedeminas- Reiterstatue mit der Abbildung des "eisernen Wolfes" vor dem neu errichteten Großfürstenpalast.

Weiter geht es zum Ensemble der Annenkirche und der Bernhardiner- Kirche. Letztere habe nichts mit den berühmten Rettungshunden zu tun, betont Silvia... Die 500 Jahre alte Annenkirche ist ein Meisterwerk der Spätgotik, errichtet aus 33 verschiedenen Backsteinformen. Schräg versetzt dahinter findet sich die massivere Bernhardinerkirche und das danebenliegende Kloster der Ordensfrauen. Der Volksmund spricht davon, die Annenkirche wirke wie ein junges, anmutiges Mädchen, die Bernardinerkirche wie eine ältere, erfahrene Frau - ein schöner Vergleich wie ich finde.

Es folgt der Besuch eines kleinen Bernsteinmuseum. Man hat es im Gewölbekeller eines Schmuckgeschäftes eingerichtet.

Bernstein, das Gold der Ostsee - viele Legenden ranken sich um das versteinerte Harz der Urwälder. Es seien die Tränen der Heliaden, der Schwestern des von Zeus vernichteten Phaethon, erzählt die griechische Mythologie. Die litauische Legende um Jurate, Göttin der Meerjungfrauen, besagt etwas anderes. Sie erzählt von ihrem von Gottvater Perkunas zerschlagenen Bernsteinschloss auf dem Meeresgrund, dessen Scherben bis heute an Land gespült werden.

Und dann die Geschichte(n): Da wäre z.B. das legendäre Bernsteinzimmer, ein Geschenk König Friedrich Wilhelm I. an den russischen Zaren Peter den Großen, das die Nazis in St. Petersburg geklaut haben und nach Königsberg verbrachten. Ab 1945 verliert sich seine Spur, das Prunkzimmer blieb bis heute verschollen. Eine Rekonstruktion ist u.a. dank finanzieller Hilfe der Ruhrgas AG im Katharinenpalast nahe St. Petersburg zu besichtigen.

Wer kennt nicht Michael Crinchtons Roman Jurassic Park bzw. den gleichnamigen Film von Steven Spielberg? Er beruht auf der Annahme, dass sich in Mücken, die im Bernstein konserviert wurden, die DNA von Dinosauriern finden läßt... Glücklicherweise nur eine Fiktion. Ansonsten gäbe es wohl wirklich Verrückte, die Saurier wieder zum Leben erweckten.

Bernstein, engl. Amber, ist das Harz einer ausgestorbenen Kiefernart, das sehr dünnflüssig war, aber schnell erstarrte. Damit es der Verrottung im Waldboden entgehen konnte, musste es durch Bäche und Flüsse ins Meer geschwemmt werden. Bis heute kann man Bernstein am Strand finden. Es hat eine geringere Dichte als Salzwasser und schwimmt deshalb auf. Die im Bernstein eingeschlossenen Fossilien nennt man Inklusen. Es sind überwiegend Insekten, die von dem wie ein Fliegenfänger wirkenden flüssigen Harz angelockt wurden. Im Mittelalter kostete ein Gramm Bernstein ein Gramm Gold, was seinen damaligen Wert erkennen läßt. Selbst die Pharaonen liebten bereits Schmuck aus Bernstein.

Wir setzen unseren Weg fort zur Universität von Vilnius, eine der ältesten Osteuropas. Ein Raum mit Fresken des litauischen Malers Petras Repsys aus der 2. Hälfte des 20. Jh. beeindruckt mich besonders. Die Fresken stellen Szenen aus der litauischen Mythologie dar und erinnern an eine moderne Mischung der Malstile und Symbolik von Hieronymus Bosch und Picasso. Leider bleibt uns zu wenig Zeit für eine nähere Betrachtung der Fresken. Auch die wunderschöne barocke Johanniskirche auf dem Uni- Gelände ist sehr sehenswert.

Im Künstlerviertel Užupis mit seinem böhmischen Ambiente besuchen wir die Schauwerkstatt eines Schmieds, der hier die alte Technik demonstriert. Dieser Besuch ist jedoch bei einer Außentemperatur von mittlerweile 36° so, als würde man in der Mittagshitze eine Sauna aufsuchen - völlig unverständlich, aber ein schönes Beispiel dafür, dass Reiseleiter auf Gruppenreisen immer das ausgeschriebene Programm einhalten um sich nicht Vorwürfen oder gar Schadensersatzansprüchen des Veranstalters auszusetzen. Es gibt nämlich Reisende, die akribisch verfolgen, ob auch tatsächlich alle in der Reisebeschreibung angegebenen Ziele angesteuert werden. Fehlt auch nur eines auf der Reise, machen sie Erstattungsansprüche geltend. Ich warte draußen vor der Schmiede.

Užupis ist die "Republik der Künstler" - mit eigener Hymne und Verfassung, eigenem Präsidenten und Bischof. In seiner Verfassung stehen bemerkenswerte Grundrechte:

Jeder Mensch hat das Recht zu sterben, aber das ist keine Pflicht.
Jeder Mensch hat das Recht, Fehler zu machen.
Jeder Mensch hat das Recht, einzigartig zu sein.
Jeder Mensch hat das Recht zu lieben.
Ein Hund hat das Recht, ein Hund zu sein.
Manchmal hat jeder Mensch das Recht, seine Pflichten nicht zu kennen.
Jeder Mensch hat das Recht auf Zweifel, aber das ist keine Pflicht.
Jeder Mensch hat das Recht, glücklich zu sein.

Und das sind nur 8 von 41 Rechten!

Wir finden ein gemütliches Restaurant für einen Mittagsimbiss, das Uzupio Kavine. Ich wähle eine Šaltibarščiai (sprich: Schaltibarschtschäi), eine kalte Rote Bete- Kefir- Suppe. Dazu gibt es hier traditionell Röstkartoffeln als Beilage. Die Suppe ist genau das Richtige bei dieser Hitze - erfrischend und superlecker!

Direkt vor der Terasse des Restaurants fließt das derzeit nur fußknöcheltiefe Flüsschen Vilna. Unter einer Brücke hat man eine Schaukel angebracht, auf der sich ein frisch vermähltes junges Ehepaar fotografieren lässt - sehr zur Freude der Zuschauer.

Manche sagen, Vilnius erinnere eher an Polen oder Russland und habe nichts vom Glamour der anderen beiden baltischen Hauptstädte. Vom Ende der Reise her beurteilt kann ich dem nicht zustimmen. Vielleicht hat Vilnius keine so gut erhaltene mittelalterliche Altstadt wie ihre beiden Mitbewerber, aber Charme hat die litauische Hauptstadt ganz bestimmt! Eines steht fest, im 15. und 16. Jh. war Vilnius die erfolgreiche Mittlerin zwischen den Städten Russlands und den Hansestädten und hatte damit eine wichtige politische Funktion.

Nachmittags fahren wir zur 30 km entfernt liegende mittelalterliche Inselfestung Trakai mit ihrem historischen Museum. Die Burg liegt idyllisch mitten im Galve- See, man kann sie nur über eine Holzbrücke erreichen. Trakai konnte in seiner mehr als 600- jährigen Geschichte nicht von Feinden eingenommen werden, insbesondere nicht von den Rittern des Deutschen Ordens, den damaligen Erzfeinden der Litauer.

Trakai war einmal die Hauptstadt des Landes. Die litauischen Fürsten hatten seinerzeit Bewohner der Krim altmosaischen Glaubens als Wachen für die Wasserburg verpflichtet. Ihre Nachfahren, Karäer genannt, leben noch heute hier. Die Burg ist eines der wichtigsten nationalen Symbole des Landes, erinnert sie doch an den erfolgreichen Kampf gegen die Kreuzritter.

Vor der malerischen Kulisse der Wasserburg haben sich orthodoxe Juden, Touristen aus Israel, zum Gruppenfoto aufgestellt. Es sind überwiegend junge Männer, bekleidet mit schwarzen Hosen und weißen Hemden, Kippa und Zizits (Schaufäden) an den Hosentaschen. Vielleicht haben sie ihre entfernten Verwandten besucht.

Ein Student führt uns durch die Burg. Leidenschaftlich erzählt er von den Großtaten seiner Vorfahren. Für heute hat unsere Gruppe danach erst einmal genug von kulturhistorischen Offenbarungen aller Art.

Wir übernachten in Kaunas im Best Western Hotel Santaka. Die Zimmer sind abgewohnt und dunkel, mein Bett ist durchgelegen.

Auf der Suche nach einem Lokal spazieren wir die Laisves Aleja hinunter. Die "Freiheitsallee", eine Fußgängerzone, ist zur frühen Abendzeit fast menschenleer, geradeso wie man es auch von mancher deutschen Einkaufsstraße kennt wie z.B. der Kettwiger Str. in Essen. Nur wenige Lokale haben noch geöffnet. In einer Trattoria lassen wir uns einfache italienische Speisen schmecken.

Sa 08.08.2015 Kaunas - Klaipeda

Das Frühstücksbuffet ist versteckt im Keller zu finden, aber das Angebot ist okay. Der Kaffee schmeckt wie überall im Baltikum wirklich gut.

Heute morgen lernen wir die romantische Altstadt von Kaunas kennen. Kaunas ist die zweitgrößte Stadt Litauens. Die Stadt hat eine tragische neuzeitliche Geschichte. Hier ermordeten die Nazis Juden auf offener Straße und am Stadtrand. Im IX. Fort, haben sie bis zu 80.000 jüdische Menschen aus Litauen und ganz Europa umgebracht. Ein für mich sehr beklemmendes Kapitel deutschen Geschichte. Die alte Hansestadt hat kulturell sehr viel zu bieten, zu Recht trägt sie den Titel "Stadt der Museen". Es gibt mehr als 40 davon. Zwischen den Weltkriegen war Kaunas sogar Hauptstadt von Litauen.

Am historischen Rathausplatz, liegen die Peter-und-Paul-Kathedrale, die Jesuitenkirche und das historische Rathaus, das wegen seines hohen, weißen Turms im Volksmund „Weißer Schwan” genannt und als Standesamt genutzt wird.

Durch einzigartige und beeindruckende Landschaften, vorbei an alten Herrenhäusern, fahren wir entlang des Flusses Nemunas (vorm. Memel) in das alte Memelland, das am Rande des ehemaligen Ostpreußens liegt. Unterwegs legen wir einen Stop an einer Ordensburg der Deutschritter ein. Doch die Burg wurde geschliffen, nur noch Fundamente gibt es auf den hohen Erdwällen am Fluss zu sehen.

Im alten Memelland gibt es ein hohes Vorkommen an Störchen. Es gibt weiße und (wenige) schwarze Störche. Silvia sagt, schwarze Störche bringen schwarze Babies...

Eine Mittagsrast legen wir an einer Tankstelle ein. Silvia lobt den Koch des angeschlossenen Schnellimbisses über den grünen Klee - leider ist der Starkoch heute gar nicht da. So beschränkt sich das Angebot auf Pommes und Sandwiches. Wir machen die Bekanntschaft mit einem Motorradfahrer aus Österreich, der es in den zurückliegenden zwei Hundstagen mit Zwischenstop in Tschenstochau, Polen, bis hierher geschafft hat.

In Klaipėda, dem ehemaligen Memel am Kurischen Haff, checken wir ein im Park Inn by Radisson. Das ist die klimanlagenlose Low Budget- Schwester vom Radisson Blu. Wir erleben die einzige Hafenstadt Litauens bei einem Stadtrundgang mit unserer Reiseleiterin Silvia. Im Stadtpark Kischinau steht das Puschkin- Denkmal, eine schöne Bronzebüste des großen Schriftstellers. Ich erlaube mir die despektierliche Bemerkung, die Büste sei wohl vom Hersteller des gleichnamigen Vodkas gestiftet worden. Das veranlasst eine Mitreisende dazu, verächtlich von "einseitigem Wissen" zu sprechen. Autsch, das muss pariert werden! Ich kläre sie auf, dass das Gegenteil der Fall sei und Puschkin bekanntlich sowohl der Name des Dichters als auch der eines Vodkas sei...

Auf dem zentralen Theaterplatz treffen wir auf das Simon-Dach-Denkmal. Es wird gekrönt von einer Skulptur der "Ännchen von Tharau". Das berühmte Volkslied aus Ostpreußen schreibt man dem Königsberger Professor zu:

"Ännchen von Tharau ist’s die mir gefällt,
Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld...
"

Das Lied stammt aus dem 17. Jh., der Zeit des 30-jährigen Krieges. Da wurden Frauen noch als persönlicher Besitz des Mannes betrachtet.

Die im 2. Weltkrieg fast völlig zerstörte und während der sowjetischen Besatzung verwahrloste Altstadt ist schon weitgehend wieder instand gesetzt und wird auch weiterhin liebevoll restauriert. Wie Vilnius war auch das alte Memel ein Zentrum jüdischer Kultur. Östlich der Brücke, die die Altstadt mit der Neustadt verbindet, ist ein alter Dreimaster vertäut, der zum Restaurantschiff umfunktioniert wurde.

Am Abend fahren wir zu dem in der Nähe von Klaipėda liegenden
HBH Juozo Alus, einem riesigen Event- und Fresstempel mit Platz für 500 zahlende Gäste. Hier gibt es heute abend das programmseitig vorgesehene Dinner, Sauerkrautsuppe, Rippchen und flüssige Schokolade mit Haselnüssen. Unsere Reaktionen auf dieses Restaurant sind eher verhalten bis negativ. Aber der große Gästeandrang scheint dem Konzept der Betreiber Recht zu geben.
Die Parkplätze sind voll wie bei einem Popkonzert.

Zurück im Park Inn nehmen wir noch einen Drink in der Restaurant- Bar. Die Preise sind (noch) unschlagbar niedrig in Litauen, das erst seit Anfang 2015 den Euro als Landeswährung eingeführt hat. Ein großes Bier kostet 2 €, ein Cocktail 4 €. In den benachbarten Ländern des Baltikums kostet es das Doppelte.


So 09.08.2015 Klaipeda – Nida - Klaipėda

Auf dem Frühstücksbuffet gibt es heute u.a. Sill, zarte eingelegte Heringsfilet- Streifen. Das muss man einfach mal probiert haben. Mir schmeckt es sehr gut, auch zum Frühstück.

Diesen Tag verbringen wir auf der einzigartigen Kurischen Nehrung (UNESCO Weltnaturerbe), einem streckenweise nur 1 km breiten Landstreifen zwischen Kurischem Haff und Ostsee, dem "Sylt Litauens". Dazu setzen wir mit der Fähre über. Duftende Fichten- und Kiefernwälder und eine leuchtend- weiße Dünenlandschaft, die „litauische Sahara“ warten auf uns. Juodkrante-Schwarzort ist vermutlich der älteste Ort auf der Kurischen Nehrung. Im durch tiefe Einschnitte zerklüfteten Wald hinter dem Ort liegt der sogenannte Märchenwald oder Hexenberg, mit über 70 kunstvoll aus Eichenholz geschnitzten furchteinflößenden Figuren. Wir legen eine Rast ein. Es regnet in Strömen, weshalb ich auf den Rundgang verzichte.

Kurz dahinter haben Kraniche den Wald gerodet. Auf den Bäumen finden sich ihre Nester. Der aggressive Kot der Vögel hat die Bäume absterben lassen.

Das idyllische Fischer- und Künstlerdorf Nida, früher Nidden, besticht durch bunte Holzhäuschen. Es hat aufgehört zu regnen, wir wandern hinauf zur 52 m hohen Wanderdüne "Hohe Düne" oder Parnidden- Düne. Sie ist eine der höchsten Sanddünen Europas. Von der Aussichtsplattform kann man das Haff und die offene Ostsee sehen.

Thomas Mann hat in Nida Anfang der 1930er Jahren mit seiner Familie geurlaubt und ein Ferienhaus besessen, das wir besichtigen. Der Dichter stammte aus einer reichen Lübecker Kaufmannsfamilie und wurde einer der bedeutendsten Erzähler des 20. Jh. Die Buddenbrooks und Der Zauberberg sind wohl seine berühmtesten Werke. Er war ein engagierter Gegner der Nationalsozialisten und emigrierte schon früh mit seiner Familie in die USA.

In Nida trennt sich die Gruppe und sucht einen Mittagsimbiss. Einige begnügen sich mit Räucherfisch, Brötchen und Bier. Ich lass mir mit Vera, Christian und Michael in einem Gartenlokal gebratenes Zanderfilet munden. Wir vier haben schon nach kurzer Zeit eine besondere Beziehung zueinander gefunden. Das baltische Bier ist übrigens von hervorragender Qualität!

In der südwestlichen Verlängerung der Nehrung beginnt kurz hinter Nida die sowjetische Exklave Kaliningrad. Es handelt sich um das ehemals preußische Königsberg, das im Krieg weitgehend zerstört wurde. Die deutsche Zivilbevölkerung wurde vertrieben und das Gebiet um die Stadt, die Oblast Kaliningrad, mit Menschen aus verschiedenen Teilen der Sowjetunion neu besiedelt.

Auf dem Rückweg zur Fähre gibt es einen Rückstau. Sonntags- Ausflugsverkehr! Erst nach 1 1/2 Stunden erreichen wir den Fähranleger und kehren zurück nach Klaipėda. Einige haben die Pause für ein kurzes Bad in der Ostsee genutzt. Die Überfahrt dauert kaum 5 Minuten.

Am Abend nehmen wir ein Taxi in die Altstadt. In dem litauischen Restaurant Senoji Hansa am Theaterplatz wollen wir die Landesküche probieren. Christian haben es besonders die Zeppelini genannten, mit Hackfleisch gefüllten Kartoffelklöße angetan. Doch die gibt es ausgerechnet heute abend nicht. Er wählt alternativ gefüllte Pfannkuchen. Wir werden sehr gut bewirtet, alle sind zufrieden. Den Abend beschließen wir im Beer Garden, nahe am Flüsschen Dange bzw. (litauisch) Dané. Auf den Außenplätzen werden den Gästen - wie auch in anderen Orten im Baltikum - Wolldecken zur Verfügung gestellt. Es wird abends empfindlich kühl.


Mo 10.08.2015 Klaipėda – Rundale - Riga

Vormittags besichtigen wir in der Nähe von Siauliai das Wahrzeichen des litauischen Widerstands und Glaubens – den Berg der Kreuze. Auf dem sattelförmigen Doppelhügel stehen mehr als 100.000 Kreuze, dazu kommen weitere ungezählte kleine Kreuze und Rosenkränze, die man an diesem beeindruckenden katholischen Wallfahrtsort an die großen Kreuze gehängt hat. Während der sowjetischen Besatzung Litauens wurden Abertausende Kreuze in Erinnerung an die Deportierten aufgestellt. Regelmäßig ließ Moskau den Berg mit Baggern räumen, regelmäßig standen kurz darauf mehr Kreuze denn zuvor.

1993 besuchte Papst Johannes Paul II. den Ort und erklärte die Litauer zum gläubigsten Volk Europas, worauf man hier sehr stolz ist. Er beauftragte den Franziskaner-Orden mit der Betreuung des Wallfahrtsortes und dem Bau eines Klosters, das 7 Jahre später fertiggestellt wurde.

Heute mittag essen wir in der nahegelegenen Gaststätte Angelų svetainė (Engel- Gaststätte), einem familiengeführten kleinen Restaurant in idyllischer Umgebung. Es gibt Kürbiscremesuppe, Lachs an TK-Gemüse und Eis, also nichts besonderes. Silvia hatte zuvor verkündet, sie habe noch nie in ihrem Leben so gut gegessen wie in dieser Gaststätte. Da müssen wir unsere Erwartungshaltung erst einmal weit nach unten korrigieren. Als Getränk wird hier u.a. Kwas (Brottrunk) angeboten, ein altes ostslawisches Bier, das durch Gärung aus den Grundzutaten Wasser, Roggen und Malz gewonnen wird. Kwas hat einen eigenartigen Geschmack, wie säuerliches Malzbier.

Wir passieren die Grenze nach Lettland und fahren zum prächtigen Barockschloss Rundale, der Sommerresidenz des Fürsten von Kurland. Der Baumeister Rastrelli, der auch die Eremitage in St. Petersburg entwarf, baute nach dem Vorbild des Schlosses von Versaille das Schloss in Rundale (Ruhenthal). Bauherr im damals russischen Kurland war Herzog Ernst Johann Biron, Günstling von Zarin Anna Iwanowna. Biron hatte Zugriff auf die russische Staatskasse und konnte so den Bau des Schlosses finanzieren. "Rundale - oh oh, Scandale - ohohoho ..."

Von den 138 Zimmern sind besonders hervorzuheben: der Goldene Saal, prunkvollster Saal des Schlosses, die Große Galerie - für festliche Bankette, der Weiße Saal für Bälle, und das Rosenzimmer. Im Westflügel, den die Herzogin bewohnte, ist besonders ihr Boudoir und der angeschlossene Toilettenraum sehenswert. Silvia erzählt uns vom Liebesleben des Herzogs: Er näherte sich mit Nachthemd und Schlafmütze dem Schlafgemach seiner Gattin. Von der Türschwelle aus warf er ihr seine Mütze zu. Wurde sie nicht zurückgeworfen, durfte er über Nacht bleiben.

Zum Schloss gehört auch eine grandiose Parkanlage, die seit einigen Jahren wieder rekonstruiert wird. In den Sowjetzeiten hatte man sie verwahrlosen lassen.

Am Abend erreichen wir die pulsierende Hauptstadt Riga. Hier verbringen wir die nächsten 2 Nächte im Hotel Konventa Seta. Das liegt zwar unschlagbar zentral, aber mein Bett ist wieder mal durchgelegen und auch noch zu kurz...

Wir essen im Restaurant Domini Canes - nur wenige Schritte von unserem Hotel entfernt - ein Zufall. Es hat nur 9 Tische und wird im Internet durchgehend sehr gut bewertet. Da läuft normalerweise nur was mit rechtzeitiger Reservierung. Wir haben Glück. Der lateinische Name geht auf ein altes Wortspiel zurück. In unmittelbarer Nähe steht die mittelalterliche Johanniskirche, seinerzeit erbaut von den Dominikanern. Und die Dominicanes hat man in der Zeit der Inquisition wegen ihrer unbarmherzigen Verfolgung von Ketzern "domini canes" - (Spür-) Hunde des Herrn genannt.

Die Küche des Domini Canes überzeugt durch hervorragende Qualität und das bei absolut moderaten Preisen. Also unbedingt ein Tipp!


Di 11.08.2015 Riga

Die an den Ufern der Daugava gelegene Stadt lernen wir bei Silvias fachkundiger Führung kennen. Riga, die Diva des Baltikums, hat eine gut erhaltene Altstadt (UNESCO- Weltkulturerbe), romantische Handwerkergassen, den Dom und die berühmte Petrikirche mit ihrem 120 m hohen Turm sowie zahlreichen einzigartigen Jugendstilbauten.

Am Rathausplatz, dem historischen Marktplatz Rigas, steht das Schwarzhäupterhaus mit seiner beindruckenden Fassade. Der ungewöhnliche Name geht zurück auf eine Vereinigung norddeutscher Kaufleute, die Schwarzhäupter, deren Schutzpatron der Hl. Mauritius war. Sein Symbol ist ein Mohrenkopf. Gegenüber vor dem Rathaus steht eine Rolands- Statue. Sie verkörpert die Freiheitsrechte des städtischen Bürgertums. Bereits im 15. Jh. stellten Rigas Bürger eine Holzfigur des Ritters Roland auf. Beide Gebäude, Rathaus und Schwarzhäupterhaus, sind übrigens "Neubauten". Sie wurden in den letzten 20 Jahren wiederaufgebaut. Beide waren im Krieg zerstört worden.

Seit etwa 30 Jahren besteht eine Städtepartnerschaft zwischen den Städten Bremen und Riga. Am Platz vor der Petrikirche steht die Statue der Bremer Stadtmusikanten, ein Geschenk Bremens an Riga. Die Petrikirche gilt als wichtigster Sakralbau Rigas. Sie wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. So entstand ein Patchwork unterschiedlicher Baustile.

Riga trägt den Beinamen "Paris des Ostens". Weltbekannt sind die eklektizistischen Jugendstilbauten des Architekten Michael Eisenstein, doch auch die Häuser lettischer Architekten im Stil der Nationalromantik, der nordischen Variante der Art Nouveau, sind wunderschön und stehen für das "Nationale Erwachen" des Jahrhunderte lang fremd beherrschten Volkes.

Es gibt ca. 800 Jugendstilgebäude in Riga, eines schöner als das andere. Ihre Fassaden sind oftmals verziert mit Löwenköpfen und Medusenhäuptern. Sie stammen aus der Zeit um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jh.

Um 12:00 findet im Rigaer Dom, der Marienkirche, ein kurzes Konzert auf der zweitgrößten Orgel der Welt statt. Ein berühmter Organist soll heute mittag 20 min spielen, Eintritt 7 €. Doch der Organist erscheint nicht und die zahlenden Besucher warten. Eine andere namhafte Organistin springt für ihn ein, so dass wir alle doch noch auf den erhofften Hörgenuss kommen.

Nach einer erfrischenden Gerstenkaltschale besuchen wir zu dritt den berühmten Zentralmarkt Centraltirgus, den größten Markt Osteuropas. In fünf Markthallen und an 3.000 Verkaufsständen findet sich eine riesige Auswahl an lettischen Spezialitäten. Die Hallen oder Pavillions sehen wie Flugzeughangars aus und das kommt nicht von ungefähr. Für die Dächer wurden Teile von alten Zeppelin- Hangars verbaut.

Arte hat vor kurzem eine Dokumentation über den Zentralmarkt gesendet. Dabei wurde ich auf eine Spezialität aufmerksam, die ich bisher weder gesehen noch gegessen habe: Neunaugen, auch Lampreten genannt. Lt. Wikipedia sind es fischähnliche, lebende Fossilien mit 7 Kiemen, die sich seit 500 Millionen Jahren kaum verändert haben. Sie leben im Meer, in Flüssen und in Bächen und sie sind die Vampire im Fischreich. Mit ihrem zähnenbewehrten Rundmaul saugen sie sich an größeren Fischen fest und ernähren sich von deren Blut und von Fleischraspeln. Der Fisch- Pavillion ist wohl der Ort, an dem die für das Baltikum typischsten Lebensmittel angeboten werden.

Zugegeben, ich bin ein Foodie, das wissen die Leser meiner Reiseberichte. Natürlich möchte ich die grätenfreien Neunaugen selbst verkosten. Besonders köstlich sollen sie gebraten schmecken. Ein Schnellrestaurant zwischen Fisch- und Gemüsepavillon, "Siļķītes un Dillītes" (übersetzt: Hering und Dill) bietet diese Köstlichkeit an - mit Birkensekt-Gurken-Sauce. "Nēģu" oder "Negis" heißen sie auf lettisch und sie schmecken etwa wie Aal, das Fleisch ist etwas fester. Aber besonders köstlich ist ihre knusprige Haut.

Haben Sie schon mal von Birkensekt gehört? Ich jedenfalls nicht. Im Baltikum ist es Brauch, Birken anzuzapfen. Man bohrt ein Loch in den Baumstamm, steckt einen halben Hohlstab hinein und fängt den herauslaufenden klaren Birkensaft auf. Ein wenig erinnert das an die Kautschukernte. Den Saft lässt man vergären und zieht ihn auf Champagnerflaschen. Der so erzeugte Sekt soll wie aus Trauben hergestellt schmecken. Das ist mehr als erstaunlich...

Heinz Erhardt, der berühmte Wortspieler und Sprachverdreher, entstammte einer deutsch-baltischen Familie aus Riga und wuchs hier auf. Schon früh entdeckte er seine Vorliebe für humoristische Verse. Seinen Vorbildern widmete er diesen hier:

"O wär ich
der Kästner Erich!
Auch wär ich gern
Christian Morgenstern!
Und hätte ich nur einen Satz
vom Ringelnatz!
Doch nichts davon! - Zu aller Not
hab ich auch nichts von Busch und Roth!
Drum bleib ich, wenn es mir auch schwer ward,
nur der Heinz Erhardt."

Ich bin ein Heinz Erhardt- Fan!

Was gibt es an weiteren lettischen Besonderheiten aus dem Bereich "Essen und Trinken"?

Wodka trinkt man in Lettland reichlich - vom allgemein bekannten Stolitschnaja bis zum fast 50 Prozent starken Sibirskaja. Wer es milder mag, wähle eine baltische Sorte, z.B. den litauischen Kristalinė- Wodka.

Ein beliebtes Mitbringsel ist Rígas Melnais Balzams, eine schwarze Kräuterlikörspezialität aus 24 Zutaten, bei uns auch unter der Bezeichnung Rigaer Schwarzer Balsam zu finden. Traditionell wird Schwarzer Balsam heißem Kaffee oder Tee zugegeben. Er lässt sich jedoch auch gut in Cocktails verwenden. So harmonieren seine Aromen wunderbar mit Aquavit und Wodka. Am häufigsten wird der Magenbitter jedoch einfach pur oder auf Eis nach dem Essen genossen. Probieren sollte man auch den Allažu kimelis, einen rustikalen Kümmellikör.

Laima ist DIE Schokolade der Letten - so wie Lindt für die Schweizer. Im Laima Shop bekommt man für 3 - 5 € eine große Box Schokolade. Es gibt sogar Schoko- Spezialitäten mit Schwarzem Balsam... Laima Shop: Šķūnu street 16 |

Das Restaurant Salve am Rathausplatz mit guter lettischer Küche ist unsere Wahl fürs Dinner. Wir bestellen deftige Hausmannskost. Christian wählt Blutwurst mit Gerstenbrei und Preiselbeersauce, Vera einen Salat und ich Bratwurst aus Schwein und Rind mit Sauerkraut und Bratkartoffeln. Alles bestens. Das Restaurant ist eine Empfehlung wert!

Die Altstadt bietet eine beeindruckende Dichte an Kneipen und Bars. Offensichtlich gibt es keine Sperrstunde. Auf den Plätzen kann man Solomusikern und Bands zuhören.

Wir widmen unsere Aufmerksamkeit einer Band, die eine Mischung aus Loungemusik und Blues spielt.


Mi 12.08.2015 Riga – Cēsis - Tartu

Goldgelbe bis feuerrote Sandsteinfelsen und dichtbewaldete Hügel machen den Gauja-Nationalpark zu einem unvergesslichen Erlebnis. Atemberaubende Ausblicke über das Tal des malerischen Flusses Gauja bieten sich vom Turm der Burg Turaida. Sie wurde einst als Residenz des Bischofs von Riga erbaut. Turaida bedeutet "Gottes Garten", von hier schaut man weit über die umgebenden Wälder.

Auf der Gauja werden Canoeing- und Rafting- Touren angeboten. Es gibt zahlreiche weitere Freizeitangebote, wie Mountainbiking und Wandern.

Wir entdecken bei einem Spaziergang die alte Hansestadt Cēsis, die durch ihre engen Gassen und den schönen Park der Burg Cesis besticht. Sehr empfehlenswert ist das Bier der Césu Alus, der ältesten baltischen Brauerei. "Prost" heißt auf lettisch übrigens "Priekā"!

Am Abend erreichen wir Tartu, das ehemalige Dorpat, das "geistige Zentrum" Estlands. Wir übernachten im Hotel Tartu. Der Himmel öffnet seine Schleusen, weshalb wir uns die open air- Dusche beim Gang in die Innenstadt ersparen und im Hotel- Restaurant essen. Es gibt Lachs und der ist auf den Punkt gegart.


Do 13.08.2015 Tartu – Palmse - Altja - Hochmoor Viru Raaba - Tallinn

Die traditionsreiche Studentenstadt Tartu hat eine lebendige Atmosphäre. Die medizinische Fakultät der Tartu Ülikool genießt einen glänzenden Ruf.

Die Kommunikations- Infrastruktur ist in ganz Estland sehr fortschrittlich. Flächendeckend steht freies WLAN zur Verfügung. Estnische Programmierer haben den Chat- Dienst Skype entwickelt, der heute Microsoft gehört. (Silvia spricht von "Sky"...)

Anders als in den anderen größeren Orten des Baltikums, findet man in Tartu kaum gotische oder barocke Architektur. Auf der Stadtführung sehen wir hauptsächlich klassizistische Häuser, die nach einem Großbrand im 18. Jh. erbaut wurden.

Unserer Route verläuft weiter nordwärts. Wir erreichen und besichtigen das barocke Herrenhaus von Palmse. Eine eigene Brauerei und Schnapsbrennerei erzählen vom Reichtum vergangener Jahrhunderte. "Schnapsbarone" nannte man die deutschen Gutsherren, die mit dem Verkauf von Wodka nach Russland unermesslichen Reichtum anhäuften. Im Restaurant in den ehemaligen Pferdeställen serviert man uns ein schmackhaftes Mittagsmahl.

Anschließend unternehmen wir im Lahemaa- Nationalpark einen Verdauungsspaziergang durch das 400 Jahre alte Fischerdorf Altja. Es zählt wegen der gut restaurierten alten Hütten zu den ursprünglichsten und schönsten Fischerdörfern. Bei unserem Spaziergang genießen wir die unverfälschte Natur und Ruhe an der nördlichen Ostsee. Vor der Landspitze liegt der große Findling Suurkivi im Wasser. Eine Legende erzählt, dass die Störche hinter diesem Stein die Babies aus dem Wasser holen.

Hier wären wir gerne etwas länger geblieben, aber einen weiteren Tagesordnungspunkt gilt es abzuwandern, das Hochmoor Viru Raaba, in dem seltene Pflanzen wie der Fleisch fressende Sonnentau wachsen und Elche ihre Spuren im Sumpf hinterlassen. Ein Rundwanderweg führt auf Holzstegen durch das Moor. Was mich besonders erstaunt: einige wenige junge Leute schwimmen in den Moorseen. Offensichtlich ist das nicht gefährlich - wenn man sich auskennt.

Am Abend erreichen wir Tallinn und checken ein im Park Inn by Radisson Meriton Tallinn, einem großen 3-Sterne Hotel mit Massenabfertigungs- Charakter.

Auf der Suche nach einem geeigneten Dinner- Restaurant teilen wir uns wieder auf. Nahe beim Hotel liegt ein gemütliches Waldlokal, das ich mit Christian aufsuche: Volltreffer. Wir wählen einen Tallinn- Burger, lettisches Bier und Wodka. Der junge Kellner ist begeistert von unseren Englisch- Sprachkenntnissen. "Deutsche sprechen meist ein sehr schlechtes Englisch" meint er. Die jungen Esten überzeugen mit exzellenten Englischkenntnissen. Sie wollen mit Macht den Anschluss an den Westen finden.

Vodka Viru Valge zählt in dem baltischen Land zu den beliebtesten Sorten und ist auf der ganzen Welt bekannt. Daneben gibt es Höbe Vodka, der besonders bei jungen Menschen beliebt ist, wie uns unser Kellner erklärt.


Fr 14.08.2015 Tallinn

Heute wollen wir uns vom mittelalterlichen Charme des alten Tallinn bei einer Stadtführung bezaubern lassen. Die einzigartige Altstadt (UNESCO Weltkulturerbe) mit ihrem gut erhaltenen Dom, mit Rathaus und Stadtmauer, mittelalterlichen Kaufmannshäusern und engen Gassen gleicht einem Freilichtmuseum. Aber dieses lebendige Museum wird leider täglich spätestens ab 10 Uhr morgens von Kreuzfahrt- Touristen überschwemmt. Im Hafen von Tallinn ankern zahlreiche Kreuzfahrtschiffe...

Die 160 m hohe Olafkirche war seinerzeit das höchste von Menschenhand geschaffene Bauwerk und Sinnbild für eine der reichsten Städte der Welt. Den Begehrlichkeiten der Nachbarn begegnete man mit einer uneinnehmbaren Mauer. Von den vielen Wehrtürmen sind noch 26 erhalten, unter ihnen die Paks Margareeta, die "Dicke Margarete", ein Kanonenturm mit fünf Meter dicken Mauern. Der auffälligste Turm ist jedoch der 45 m hohe Pikk Hermann, der "Lange Hermann" auf dem Domberg. Im Inneren wirkt die Altstadt mit ihren schmalen Gassen und gotischen Häusern dann sehr grazil und macht ihrem Beinamen „Puppenstube des Baltikums“ alle Ehre. Unbedingt sehenswert ist auch die "Katariina- Passage" mit ihren vielen kleinen Werkstätten, in denen Schmuck, Textilien, Glaswaren und Keramik hergestellt und verkauft werden.

Tallinn, das ehemalige Reval mit langer deutscher Geschichte, wurde von Dänen gegründet. Heute ist ein Viertel der Bevölkerung russischstämmig, ein Überbleibsel der sowjetischen Besatzungszeit. Doch Esten und Russen leben erstaunlich friedlich zusammen.

Reval ist bis heute auch der Name einer filterlosen Zigarette, die unsere Eltern in den 60ern rauchten, genauso wie auch Roth-Händle. Diese Sargnägel waren zwar nicht parfümiert, aber genauso krebserregend wie die Glimmstängel der Mittbewerber.

Der Nachmittag gehört uns. Wir entscheiden, zum Hafen bzw. der Marina für die privaten Yachten hinunterzugehen. In der Altstadt ist es einfach zu überlaufen. Wir finden ein Fischrestaurant mit frischem Meeresfang. Christian und ich nutzen die einmalige Gelegenheit und wählen aus der Karte King Crabs, eine seltene Delikatesse und nicht gerade billige Spezialität aus dem Eismeer. Alaska, aber auch die Sowjetprovinz Kamtschatka sind berühmt für die dortigen Vorkommen an Königskrabben. Die Beinspannweite der Tiere kann bis zu 180 cm betragen und einige Exemplare werden bis zu 10 kg schwer, weshalb sie auch Monsterkrabben genannt werden. Serviert wird standardmäßig 1 Bein der Königskrabbe, wahlweise mit Beilage. In einem ca. 300 g schweren Bein (ca.
35 €) steckt vielleicht die Hälfte des Gewichts zartes, weißes, intensiv nach Krustentier schmeckendes Fleisch - sehr lecker mit geschmolzener Butter!

Wie wohltuend ist danach ein kurzes Verdauungsschläfchen im Hotel...

Beim frühen Abschieds- Abendessen im Maikrahv Restoran am Marktplatz werden wir wieder auf den Boden der kulinarischen Niederungen zurückgeholt. Es gibt Leber-Paté, ein völlig durchgebratenes Minutensteak und Obstsalat (aus der Dose?). Das dazu bestellte Getränk wird sofort nach dem Dessert abkassiert. Wir sind die einzigen Gäste in dem Kellerlokal zu dieser Tageszeit. Unmöglich. Keine Empfehlung!

Da gibt es bessere Restaurants in der Altstadt, z.B. die mittelalterlichen Restaurants Olde Hansa und Peppersack (beide aber stark von Touris frequentiert), in denen das Personal in mittelalterlicher Kleidung serviert, oder das "Knoblauchrestaurant" Balthasar. Leider ließ der Veranstalter SKR während der Reise fast immer den "billigen Jakob" kochen...

Sa 15.08.2015 Tallinn - Deutschland

Heute heißt es Abschied nehmen vom Baltikum. Nach 10 Tagen und vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen fliegen wir zurück nach Deutschland.

Mein Fazit der Reise durch das schöne Baltikum mache ich an den 3 Hauptstädten fest:

Vilnius - habe ich bei 36° C im Sightseeing- Schweinsgallop erlebt. Gerne würde ich die Stadt mit Muße neu entdecken.

Riga - ist ein verlängertes Wochenende mehr als wert! Hier, so meine ich, findet man genau die richtige Mischung aus Kultur, Genuß und Unterhaltung.

Tallinn - von Kreuzfahrt- Touristen völlig überlaufene Altstadt mit mittelalterlichem Flair. Wenn der Rummel nicht wäre, könnte man von Idylle sprechen.

Die baltischen Länder sind jede Reise wert !!! Fahren Sie hin !

Und SKR als Reiseveranstalter? Kurzum, es gibt keinen Unterschied zwischen SKR und anderen Veranstaltern. Günstiges Preis-Leistungsverhältnis? Ich meine, Nein! Kleine Gruppen? Gibts auch bei den Mitbewerbern. Vergleichbare Reisen werden von anderen Veranstaltern mit durchweg besseren Hotels und Restaurants gleichteuer angeboten. Die ausgelobten Begegnungen mit den Menschen vor Ort fanden im Rahmen des Programms nicht statt und blieben persönlicher Initiative vorbehalten.

Viele Grüße an dieser Stelle an meine lieben Mitreisenden Margot und Otto, Anne, Moni, Michael, Vera und Christian !


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Reisehandbuch BaltikumDas sind meine Reiseliteratur- Empfehlungen für das Baltikum:

Ein umfassendes Reise-Handbuch Baltikumgibt es aus dem DuMont-Verlag.


Für die Hauptstädte empfehle ich die City Trip Bände von Reise Know-How Vilnius und Kaunas, Riga und Tallinn, jeweils mit Faltplan und Web-App.


Hier gehts zurück zur Startseite: www.travelhomepage.de (falls es mit dem Slide-In-Menü am linken Rand nicht klappen sollte...)