Moldova, bei uns auch Moldawien genannt, ist eines der wenigen Länder Europas, das touristisch nahezu unbekannt ist. Viele wissen gar nicht von seiner Existenz. Die meisten denken bei dem Landesnamen an die Moldau. Doch die Moldau, die so herrlich von Smetana vertont wurde, fließt durch Tschechien und hat mit Moldova nichts zu tun. Der Staatsname leitet sich vielmehr ab von dem gleichnamigen Fluß im Nordosten des heutigen Rumäniens. Die Republik Moldova und Rumänien bildeten im Mittelalter ein einheitliches Staatsgebiet. Bis heute gibt es viele Gemeinsamkeiten.

Nach einer wechselvollen Geschichte erlangte der osteuropäische Staat 1991 die Unabhängigkeit. Das im 14. Jh. entstandene und zunächst lange unter osmanischer, dann als "Bessarabien" unter russischer Herrschaft stehende Fürstentum Moldau wechselte ab dem 19. Jh. oft die Zugehörigkeit zwischen Rumänien und Russland, bis nach dem Zweiten Weltkrieg dieses Gebiet zu einer von vielen Sowjetrepubliken wurde. Bis heute dauert die Zerissenheit zwischen West und Ost an. Der westliche Teil orientiert sich Richtung EU und der östliche Teil Richtung Eurasische Union / Russland, was 1992 in der Gründung der de facto unabhängigen Republik Transnistrien östlich des Dnjestr gipfelte.

Ein Umstand gibt Hoffnung auf eine "Autonomie- Lösung" mit Transnistrien: Russland soll seine Unterstützung der abtrünnigen Republik weitgehend eingestellt haben... Ob das stimmt?

Derzeit gibt es in Chisinau Demos von Regierungskritikern, die ein Zeltlager vor dem Regierungsgebäude errichtet haben und vorgezogene Parlamentswahlen sowie den Rücktritt von Präsident Nicolae Timofti fordern. Sie wollen nicht eher weichen bis die Regierung zurückgetreten ist. Die Demonstranten wehren sich gegen die Herrschaft weniger Oligarchen über die Wirtschaft des Landes und die unter den Politikern vorherrschende Korruption. Timofti wird als Marionette der Oligarchen betrachtet. Anfang des Jahres sind 1,3 Mrd. Euro aus dem Schmalspur- Staatshaushalt in den drei größten Banken des Landes "spurlos" verschwunden. Äußerst merkwürdig.

Um bei der Einschätzung meiner Reisevorlieben durch meine Tochter zu bleiben, dass ich als Tourist gerne brisante Orte der Welt bereise: Ja, es stimmt, Länder, die sich im Umbruch befinden, interessieren mich bei meiner ganz persönlichen Entdeckung der Welt besonders. Sie stehen im Spagat zwischen Vergangenheit und Zukunft. Aus eigenem Sicherheitsinteresse würde ich aber heute zumindest keine Länder mehr bereisen, in denen zum Zeitpunkt meiner Reise Bürgerkrieg herrscht.


SA 03.10.2015 Anreise nach Chisinau, Moldova

Karin, meine ewig junge und langjährige Freundin, hat sich kurz vor Reisebeginn sehr zu meiner Freude entschlossen, mich zu begleiten. Am Vorabend sind wir mit dem Pkw nach Frankfurt gefahren und haben im InterCityHotel am Airport übernachtet, denn der Flug mit Lufthansa startet schon um 07:15. Die Umsteigezeit in München beträgt bis zum Weiterflug 45 min. Das ist wohl nur in MUC am Terminal 2 zu schaffen, weil hier der Weg zum nächsten Abflug- Gate relativ kurz ist. Wir fliegen mit einem Kurzstreckenjet des Typs Embraer 195 in die moldawische Hauptstadt Chisinau (gesprochen Kischinjau in Anlehnung an das russische Kischinjow). "Kischinau" (KIV) steht als Destination auf der Anzeigetafel für die Abflüge.

Nach nur 2 Stunden Flugzeit erreichen wir mittags die Hauptstadt Moldovas. Wir haben eine einwöchige Erlebnisreise bei Ikarus Tours gebucht, unsere kleine Gruppe zählt 16 Köpfe. Karin und ich sowie Uli, ein weiterer Mitreisender, werden im Hotel Jolly Alon (4 Sterne nach Landeskategorie) am Park Stefan cel Mare einquartiert. Das Regency Hotel, wo der Rest der Gruppe logiert, ist ausgebucht, aber wir haben mit dem Jolly Alon einen gleichwertigen Ersatz für die nächsten 7 Nächte erwischt. Von hier aus ist es übrigens nicht weit bis zu den Protestcamps der Regierungsgegner bzw. bis zum Regierungspalast. Während des gesamten Aufenthaltes in Moldova werden wir in diesen beiden Hotels wohnen und unsere Tagesausflüge jeweils von hier starten, also nur einmal den Koffer auspacken. Das ist mal was Neues für mich und sehr angenehm...

Die Uhren gehen in Moldova gegenüber der MEZ eine Stunde vor, die Landeswährung ist der Leu (1 EUR = ca 22 MDL /Lei).

Direkt gegenüber vom Jolly Alon liegt der quadratisch angelegte Park Stefan cel Mare. Er ist über eine seiner Ecken mit dem gleichfalls quadratischen Kathedralenplatz verbunden. Dort bilden die Auferstehungskathedrale und ein Triumphbogen die Wahrzeichen der Stadt.

Unsere charmante Reiseleiterin Larissa Starodubzeva beginnt mit uns einen Stadtrundgang durch Park und Hauptstrasse, die beide nach Stefan cel Mare benannt wurden. Moldova gilt als das ärmste Land Europas mit einem durchnittlichen Monatseinkommen seiner Bürger von ca. 100 €, doch das merkt man auf der Flaniermeile der Hauptstadt nicht wirklich. Luxuslimousinen und europäisch schick gekleidete Menschen machen eher den Eindruck einer Wohlstandsgesellschaft. Umso deutlicher muss das Gefälle zwischen reich und arm, Stadt und Land sein. Dieser extreme Unterschied erklärt auch, worum so viele Moldauer das Land verlassen haben und im Ausland Arbeit suchen. Die Preise und Lebenshaltungskosten hier sind für uns extrem preiswert, für die Einwohner sehr teuer.

Im 15. Jh. wurden die Fürstentümer Moldau und Walachei zum Spielball der lieben Nachbarn, der Polen, Österreich/Ungarn und der Osmanen. Stefan cel Mare und sein Cousin Vlad III. Dracula verteidigten die Interessen und die Unabhängigkeit Moldaus und der Walachei gegen alle Invasoren. Heute wird Stefan als "Stefan der Große und Heilige" verehrt. Er ist Nationalheld No. 1 in Moldova und auch in Rumänien. Sein Konterfei ziert alle moldauischen Banknoten. Kollege Dracula wird nicht so hoch gehandelt, vielleicht wegen der ihm zugeschriebenen Pfählungen von zehntausenden seiner Gegner...

Am Boulevard Stefan cM stehen eigentlich fast alle bedeutenden Gebäude der moldawischen Hauptstadt, so z.B. das recht schöne Rathaus, die Moldauische Akademie der Wissenschaften sowie das Mihai Eminescu Nationaltheater. Weitere Besichtigungsziele sind die Christi-Geburt-Kathedrale (19.Jh.), das Parlament, der Puschkin- Park und die "Allee der Klassiker" der rumänischsprachigen Literatur.

Mathis Vogel hat 2011 in der Welt einen bösen Artikel über Chisinau in der Rubrik "Orte zum Abgewöhnen" geschrieben. Die Stadt sei ein typischer Fall von "Good from far - far from good". Man merke schnell, dass man sich auf einer Zeitreise in eine Epoche befinde, die man sich mit zugekniffenen Augen weggewünscht habe: Postsowjetische Einheitsarchitektur und Tristesse, die man mit den landestypischen Blindmachern herunterspülen müsse. Harter Tobak. Wir können diese Einschätzung nicht teilen! Was uns auffällt während der Reise: Die Gesichter der Menschen wirken oftmals ernst und verschlossen, so wie zu Sowjetzeiten, der Service ist eher zurückhaltend. Larissa meint, das ändere sich, wenn wir auf dem Land seien.

Eigentlich soll am Spätnachmittag das Highlight des Wochenendes folgen, der Besuch des alljährlichen Weinfestivals auf dem Hauptplatz der Stadt, dem Platz der Großen Nationalversammlung. Weil genau dort, vor dem Regierungspalast die Regimekritiker ihr Zeltlager aufgeschlagen haben und sie dieses erst räumen wollen, wenn ihre Forderungen erfüllt sind, haben sich die an dem Event beteiligten Winzer dazu entschlossen, in diesem Jahr auf die zentrale Veranstaltung in der Hauptstadt zu verzichten. Sie haben angeblich keinen anderen adäquaten Platz dafür gefunden. Das Fest soll nun dezentral auf den Weingütern stattfinden. Das ist sehr bedauerlich für uns, denn das Weinfestival mit den dort üblicherweise angebotenen nationalen Gerichten, der traditionellen Musik, den Tänzen und den Nationaltrachten war zumindest für mich ein entscheidender Grund für die Buchung dieses Reisetermins. Aber es ist nicht zu ändern.

Abends gibt es ein Willkommensessen in einem landestypischen Restaurant mit einheimischen Musikanten. Als kleine Entschädigung für den Ausfall des Weinfestivals findet während des Abendessens eine Verkostung von Weinen aus moldawischer Produktion statt. Besonders mundet uns der angebotene Weisswein der Rebsorte Feteasca Regala. Aber auch der Merlot schmeckt großartig, weshalb wir nach der Bezugsquelle fragen. Direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite gebe es eine Weinhandlung, wo wir ihn kaufen könnten, meint Larissa.

Also suchen wir beide, Karin und ich, nach dem Dinner das genannte Ladenlokal auf. Es liegt im Kellergeschoß, wo wir auf eine fröhliche einheimische Gesellschaft von Weinfreunden treffen, die bei einer Weinverkostung zusammensitzt. Ein Mitarbeiter erklärt uns, Feteasca Regala sei vollständig ausverkauft und erst im nächsten Jahr aus der aktuellen Weinlese wieder erhältlich. Man könne ihn dann über das Internet bestellen. Warum hat uns Maria, eine Angestellte dieses Ladens, die Sorte bei der Weinprobe während des Dinners angeboten? Eine von vielen unbeantworteten Fragen. Aber wir werden hier sehr herzlich von den Anwesenden aufgenommen. Eine junge Frau spricht recht gut Deutsch, sie ist seit kurzem mit einem Deutschen verheiratet. Ein anderer Gast, der offensichtlich etwas von Wein versteht, spricht Englisch. Alle freuen sich erkennbar über unseren Besuch.


SO 04.10.2015 Cricova ---- Curchi ---- Orheiul-Vechi

Vormittags fahren wir Richtung Norden und besuchen die Weinkeller von Cricova - die berühmteste unterirdische Weinstadt Europas, die aus 60 km befahrbaren Straßen mit Millionen von gelagerten Weinflaschen besteht. Insgesamt sollen die Stollen sogar die doppelte Länge habe.

Hier in Cricova produziert man auch hochwertigen Sekt nach der Champagnermethode. Die Flaschen werden dazu auf dem Kopf in schrägen Gestellen gelagert und von Hand Tag für Tag jeweils um wenige Grad gedreht.

Am Fuß des Hügels gelangen wir durch ein großes Tor in das Stollenlabyrinth der Cricova-Kellerei, wo die verborgenen Schätze tief unter der Erde lagern. Im Elektro- Kleinbus mit Anhängern rollen die Besucher wie mit einem Bähnchen durch die "Chardonnay"-, "Sauvignon"- oder "Pinot"- Stollen. Immer tiefer geht es hinein in die unterirdische Stadt. Die bis zu 100 m unter der Erdoberfläche liegenden Stollen bieten optimale Klimabedingungen bei einer konstanten Temperatur von 12-14° C und 98% Luftfeuchtigkeit. Cricova war eine der Mammutkellereien der ehemaligen Sowjetrepublik Moldawien, die das Riesenreich der UdSSR mit Rebensaft versorgten.

Im Keller gibt es fünf sehr dekorative Degustiersäle. Damals zu Sowjetzeiten hieß es noch Planerfüllung durch Massenproduktion, heute heißt die Devise "Klasse statt Masse". Wir sind von der hohen Qualität der Weine überrascht. Sie müssen keinen Vergleich mit guten Italienern oder Franzosen scheuen. Cricova ist auch der einzige Produktionsort im Lande, wo Flaschengärung nach der Champagnermethode praktiziert wird. Was mir nicht gefällt - dass man sich bis heute mit dem Namen des Kriegsverbrechers Hermann Göring schmückt, der hier edle, wohl geklaute Weine lagerte.

Das bedeutende Mönchskloster Curchi (gesprochen "Kurk") steht auf dem Programm. Die Klosteranlage aus dem späten 18. Jh. gehört zu den malerischsten Gebäudekomplexen Moldovas. Curchi war eines der reichsten und größten Klöster im Lande. Erst in den letzten Jahren begann man hier eine umfassende Renovierung der Anlage. Zuvor hat man das Kloster Jahrzehnte lang als Psychiatriche Klinik genutzt, Larissa spricht von "Geistlich Kranken", einer von vielen liebenswerten Versprechern, die immer wieder Heiterkeit auslösen. Doch diese Reisegruppe reagiert meist verhalten - mit in sich gekehrtem Lächeln bis zu versteinert wirkenden Mienen. Einige scheinen zum Lachen in den Keller zu gehen, nur wenige lachen herzerfrischend. Beim Besuch von Kirchen und Klöstern gilt es für die Damen unserer Reisegruppe einen Dresscode zu beachten: Sie müssen grundsätzlich ein Kopftuch tragen und an einigen Orten einen Wickelrock. Beides wird leihweise zur Verfügung gestellt, wenn man es nicht selbst dabei hat.

Was uns schon in Chisinau aufgefallen war, die vielen Hochzeiten! Viele jungen Leute heiraten früh - und bei der Ausrichtung des Festes werden keine Kosten und Mühen gescheut. Die Wagen, in denen das junge Paar zur Kirche fährt, sind meist teure Nobelkarossen, teils sogar in amerikanischer Long Cabin- Ausführung, alles für diesen Tag nebst Chauffeur gemietet. Die anschließende Hochzeitsfeier nach der Trauung kennt je nach Geldbeutel keine Grenzen...

Im Dorf Trebujeni genießen wir ein traditionell-moldawisches Mittagessen mit kleinem Folkloreprogramm. Es gibt die übliche Speisenfolge: Vorab eine Suppe, dazu ein Teller mit Tomaten, Gurkensticks und Schafskäse. Petersilien- und Dillstängel zum selber würzen runden den grünen Teller ab. Ein weiterer Teller enthält überbackene Zucchini- Scheiben. Dann folgt meist ein Gericht mit Fleisch. Als Abschluss wird Tee serviert. Alles sehr schmackhaft, wobei der Standard- Rohkostteller mir auf die Dauer zu eintönig wäre.

Halbwüchsige Mädchen in Folkloretracht singen für uns während des Essens einige Volkslieder. Eines der Mädchen hat eine besonders markante Stimme und sieht zudem besonders hübsch aus. Ein Modelscout hätte sie bestimmt für eine künftige Catwalk- Karriere entdeckt. Ich schenke ihr als kleinen Dank für ihren Auftritt einen deutsch-moldawischen Freundschaftspin.

Nachmittags geht es nach Orheiul- Vechi (Alt-Orhei), einem Höhepunkt unserer Reise. Es handelt sich um eine Art Freilichtmuseum. Im Dorf Butuceni findet gerade ein Weinfest statt, wo Winzer Verprobungsstände aufgebaut haben - und wo wohl später auch noch folkloristische Darbietungen auf der kleinen Bühne stattfinden werden. Volksmusik ist äußerst beliebt in Moldova. Die Lieder bewegen sich zwischen sentimental und sehr rhythmusbetont und tanzbar. Hier in Butuceni hat ein vermögender Modawier, Anatolie Butnaro, alte verfallene Häuser der Dorfbewohner aufgekauft und zu rustikalen Ferienhäusern umgebaut. Das Ortsbild wurde dabei nicht verändert. Obwohl der Tourismus Geld in den Ort bringt, beäugen die Dörfler den Wandel mit Argwohn...

Wir steigen hinauf auf den Felsgrat über dem Dorf und besichtigen das einzigartige Höhlenkoster "Maria Himmelfahrt" (13. Jh.), das hoch über dem Fluss Reut in die Kalksteinfelsen gehauen wurde und eingebettet in die spektakuläre Landschaft liegt. Im Kloster befinden sich eine unterirdische Kapelle und die Schlafkammern der Mönche. Dort begegnen wir einem Höhlenmönch, der auch aus der "Nacht der reitenden Leichen" hätte stammen können, so ausgemergelt und blaß sieht er aus. Wir steigen weiter auf zur Kirche zur Heiligen Maria.

Nach diesem Ausflug bin ich froh, wieder im Bus zu sitzen und die Heimfahrt ins Hotel anzutreten.


MO 05.10.2015 Transnistrien

Heute geht es in die realsozialistische Vergangenheit. Zu einer Moldova- Rundreise gehört fast zwingend eine Fahrt nach Transnistrien, dem Phantomstaat östlich des Flusses Dnjistr, der 1992 entstand. Es gab einen Bürgerkrieg, bei dem sich die meist russischstämmige Bevölkerung dieser Region abspaltete.

Ausschließlich Russland erkennt Transnistrien, amtliche Eigenbezeichnung Pridnestrowje, an, das sich heute sowjetischer als die damalige Sowjetunion gibt. Das Wort Transnistrien bedeutet Republik hinter dem Dnjistr und beleidigt damit die Einwohner, Pridnostrowje, was nach einem russischen Trinkspruch klingt, bedeutet dagegen Republik vor dem Dnjistr. Der Reiseführer Lonely Planet nennt den etwa 550.000 Einwohner zählenden Landstrich das "größte kommunistische Freilichtmuseum" der Welt. Transnistrien steht heute unter direktem russischen Einfluss, was auch durch die Stationierung von russischen "Friedenstruppen" zum Ausdruck kommt - es sind die Überbleibsel der 14. Armee, die nach dem Zerfall der UdSSR keine andere Heimat mehr fand. An der Grenze zwischen Moldova und Transnistrien gibt es eine richtige Pass- und Zollstation. Hier müssen wir den Bus verlassen und unsere Reisepässe vorlegen. Der Pass wird elektronisch ausgelesen. Jeder bekommt ein Einreise- Ticket, das uns zum Aufenthalt für 8 Stunden berechtigt. Es wird uns bei der Ausreise wieder abgenommen.

Kurz hinter der Grenze legen wir einen "technischen Stopp" ein zum Aufsuchen der WCs im Sheriff- Supermarkt. Dann besuchen wir den kriegsgeschichtlichen Memorial-Komplex, der zum Andenken an die Gefallenen in der Schlacht um Chisinau 1944 errichtet wurde. Vor dem Säulendurchgang steht eine Statue von Feldmarschall Potjomkin. Ja, es ist genau der mit den P-Dörfern aus der Zeit von Zarin Katharina II.! Er war wohl auch militärisch ein begnadeter Organisator und Trickser.

Weiter geht die Fahrt nach Bendery oder Bender, wo wir die Festung aus dem 16. Jh. besichtigen, die durch Karl XII. belagert wurde. Sie ist heute ein Stützpunkt der russischen Armee. Die Festung Bender ist auch Schauplatz der Geschichte von Münchhausens Ritt auf der Kanonenkugel. Wußten Sie, dass Baron Münchhausen im 18. Jh. lange Jahre als Offizier im Dienste der russischen Zarin stand?

Nächste Station unseres heutigen Ausflugs ist Tiraspol, die "Hauptstadt". Amtierender "Präsident" von Transnistrien ist Jewgeni Schewtschuk, ein ehemaliger Mitarbeiter des Sheriff- Konzerns, weshalb er auch Prokurist Schewtschuk genannt wird. Er hat 2011 den Gründungs- Präsidenten Igor Smirnow beerbt. Letzterer ist übrigens einer der beiden "Sheriffs", wie sich die mächtigsten Oligarchen Transnistriens (übrigens ehemalige Polizisten) nicht ohne Sinn für Humor nennen. Ihnen gehören nicht nur die Supermärkte, eine Bank und der TV-Sender – sondern auch das gigantische Stadion des Fussballclubs Sheriff Tiraspol... Alles klar?

Wir besuchen die Konjakfabrik Kvint und probieren den dort nach klassicher französischer Destilliertechnik erzeugten Branntwein ("Konjak"), einen der besten des Landes - und auch überegional bekannt. Ich habe noch nie von Kvint gehört, bin aber auch kein Brandy- Freund. Die Schnapsfabrik ist sogar auf den transnistrischen Rubeln abgebildet, so stolz ist man darauf. Wir dürfen hier verschieden Jahrgangs- Brandys probieren - bis hin zum 15-jährigen. Sie schmecken mir alle nicht. Das heißt gar nichts, denn fast alle anderen Mitreisenden sind begeistert.

Mittagessen gibt es in einem ukrainischem Restaurant. Es gibt Borschtsch mit sauerer Sahne. Die Suppe wird in der Ukraine mit Rote Bete zubereitet. Ohne die Rübe wäre es russischer Borschtsch. Anschließend werden Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen serviert, als Dessert sogar mit sauren Kirschen. Dazu gibt es Wein und Wasser.

Nach dem Essen tut Bewegung gut. Wir machen einen kurzen Spaziergang entlang der Straße des 25. Oktober, der Hauptstraße. Hier haben Interessierte die Möglichkeit, Kvint- Brandy in allen Größen und Altersstufen günstig zu erstehen. In der 150.000 Einwohner zählenden Stadt steht vor dem Regierungsgebäude eine überlebensgroße Leninstatue mit wehendem Umhang. Etwas befremdlich wirkt gegenüber die goldene Kuppel der nagelneuen Georgskapelle, eine Spende der "Sheriffs", vor der ein sowjetischer T34-Panzer aus dem Zweiten Weltkrieg auf einem Sockel steht. Eine fragwürdige Kombination, aber Panzerdenkmäler gibt es einige hier...

Wie das tägliche Leben hier funktioniert erklärt Larissa mit den Worten: Sozialismus ohne Beziehungen ist wie Kapitalismus ohne Geld!

(Abenteuerliche) Touren kann man in Transnistrien buchen bei: www.transnistria-tour.com

Am späteren Nachmittag geht es zurück nach Chisinau, wo Karin, Uli und ich die an diesem Abend noch milde Temperatur in den Sesseln der Außenlounge des Hotels genießen. Bei einem Glas lokalen Bieres und einem Vodka lässt es sich hier gut verweilen. Zum Bier genießt der gemeine Moldauer gerne getrocknete salzige Fischchen. Ich habe mich für Anchovis entschieden. Uli erzählt von seiner rumänischen Frau und dass sich Rumänien nicht wesentlich von Moldova unterscheide. Seine beiden kleinen Kinder wachsen natürlich zweisprachig auf.

DI 06.10.2015 Capriana ---- Milestii Mici

Den heutigen Tag beginnen wir mit einem Rundgang durch das Puschkin-Museum in Chisinau. Alexander Puschkin spielt in den osteuropäischen Ländern wie auch in Russland eine herausragende Rolle. Für die Russen bedeutet Puschkin als Nationaldichter mindestens soviel wie Goethe für die Deutschen. Er war ein Freigeist, der für die ungeschminkte Wahrheit seiner Gedichte und Prosa schon früh bestraft wurde. Der Verbannung nach Sibirien entging er nur durch Protektion einflussreicher Freunde, musste aber St. Petersburg, seinen letzten Wohnort, verlassen. Über Odessa kam er im Alter von 21 Jahren mit seinem Diener nach Chisinau, wo er eine kurze Zeit seines Lebens verbringen mußte. Puschkin mochte dieses Provinznest nicht, er fühlte sich hier völlig fehl am Platz.

In Chisinau schmückt man sich dennoch mit seinem Aufenthalt. Eine mit militärischem Ernst dreinblickende Museumswächterin führt uns durch die wenigen Zimmer des Museums und erklärt die Exponate, Larissa übersetzt.

Anschließend fahren wir weiter nach Dolna, dem ehemaligen Anwesen von Samfir Ralli. Hier findet der Puschkin- Vormittag seine Fortsetzung, denn der Schriftsteller Ralli gab seinem Freund Puschkin hier für weitere drei Jahre Unterkunft und Heimat. Natürlich hat man dies zum Anlass genommen, eine Filiale des Puschkin- Museums einzurichten.

Es folgt das Kloster Hancu, ein seit 1990 wieder eröffnetes Nonnenkloster bei der Ortschaft Bursuc. Zeitweise galt es als eines der reichsten Klöster Moldovas, heute ist es berühmt für seinen überbordenden Blumenbeete.

Ein Kloster pro Tag ist ein bisschen wenig, weshalb wir auch noch das Capriana-Kloster (15. Jh.) in Codru besichtigen, die einstige Residenz des Metropoliten und nach Zerstörung in der Sowjetzeit und Wiedereröffnung 1989 heute Symbol der nationalen Wiedergeburt. Es handelt sich um die älteste Klosteranlage in Moldova, deren Gründung der Legende nach auf Stefan den Großen zurückgeht. Seine Schönheit wird gerühmt, diese Einschätzung wird von mir geteilt.

Mittagessen gibt es in einem typisch moldauischen Restaurant. Allerdings erfahren wir hier eine zwangsweise "Vegetarisierung". Die Agentur hatte eine Vegetarierin in der Gruppe avisiert, da hat der Koch gleich für alle eine Gemüsesuppe, natürlich ohne Fleisch, und einen Rohkostteller mit Salzkartoffeln angerichtet - ein kleiner Fauxpas...

Im Anschluß besuchen wir die Weinkeller in Milestii Mici, gelegen in einem ehemaligen Kalkbergwerk, das mit seinen 250 km langen Stollen vom Guinness Book of Records als größte Weinkellerei der Welt bestätigt wurde. 60 m unter der Erde herrschen das ganze Jahr über ideale Bedingungen für die Weinlagerung. Die in Milestii Mici im Rahmen einer Schnellverkostung in offenen Karaffen (so etwas geht eigentlich gar nicht !) angebotenen Weine sind allerdings von eher unterdurchschnittlicher Qualität. Eine Ausnahme bildet ein süßer Dessertwein, der für Zustimmung bei den Damen sorgt. Im direkten Vergleich zu Cricova kann man sich die Keller und die Weinprobe in Milestii Mici eigentlich klemmen!

Es geht zurück nach Chisinau, wo wir zunächst die örtliche Synagoge besuchen wollen. Leider findet aber zum abendlichen Zeitpunkt unserer Ankunft einen Gottesdienst statt, bei dem Besucher nicht zugelassen werden. Deshalb fahren wir direkt weiter zum letzten Tagesziel, dem jüdischen Friedhof, der auf seinem großen Areal ca. 300.000 Grabstellen beherbergen soll, so behauptet es jedenfalls Larissa. Leider verwildert der Friedhof zusehendst. Die kleine jüdische Gemeinde hat kein Geld für die erforderliche Pflege. In einer Mammutaufgabe hat man jüngst ein Verzeichnis der hier bestatteten jüdischen Mitbürger angefertigt. So können die Nachkommen gezielt die gesuchte Grabstelle aufsuchen, was ansonsten wohl völlig unmöglich wäre.

Auf dem Friedhof stehen die Ruine der alten Synagoge und viele bemerkenswerte Grabdenkmäler, die teilweise von Metallzäunen oder auch Metallkäfigen umgeben sind. Für verstorbene Kinder wurde oftmals ein kurzer steinerner Baumstumpf mit abgesägten Ästen auf das Grab gesetzt. Auch der Beruf des Verstorbenen wurde in Erinnerung gerufen. So ist das Grab eines ehemaligen Fliegers mit einem Flugzeug- Propellerblatt geschmückt. Auf manchen Grabsteinen ist sogar das Antlitz des Verstorbenen eingraviert. Und dann gibt es noch die wuchtige Grabstätte, an der man Torarollen beerdigt hat, die von Ungläubigen berührt wurden. Viele Gräber sind völlig von Wurzelwerk zugewachsen und überwuchert. Es wird schnell dunkel an diesem Abend. Wir verlassen den Friedhof kurz bevor der Friedhofswächter das Eingangstor abschließt. Tudor, unser Fahrer, hat ihn noch rechtzeitig davon abhalten können. Ein erlebnisreicher und langer Tag geht zu Ende. Wir meinen, dass man den Puschkin- Vormittag hätte kürzen können. Dann hätte mehr Zeit für die jüdische Kultur Moldovas zur Verfügung gestanden.


MI 07.10.2015 Soroca ---- Pokrowskoje

Ca. 160 km nördlich von Chisinau liegt Soroca, wo wir heute die dortige mittelalterliche Festung am Nistru besichtigen, die u.a. beim Kampf gegen die Türken eine große Rolle spielte. Soroca war Teil einer Linie aus vier Festungen, die die Ostgrenze Bessarabiens am Dnjestr sicherten. Die Burg ist das einzige original erhalten gebliebene Bauwerk Moldovas aus dem Mittelalter. Ihr Grundriss ist kreisrund, der äußere Durchmesser beträgt (nur) 37 m. Die Festungsmauer wird ergänzt von fünf vorgelagerten Ecktürmen, die in gleichem Abstand zueinander angeordnet sind. Angeblich verteidigten bis zu 200 Soldaten die Festung, Larissa meint, da passten sogar 2.000 rein - vermutlich wie die Ölsardinen in der Dose... Die Festung liegt direkt am Dnjestr, der auch die Grenze zur Ukraine bildet. Zwischen beiden Ufern verkehrt eine Fähre.

Soroca gilt als Zigeunerhauptstadt Südosteuropas. Ca. 12.000 Roma leben in Moldova. Auf dem sogenannten "Zigeunerhügel" finden sich Paläste der reichsten Clans. Hier setzen die Zigeuner ihren angesammelten Reichtum in protzige Häuser und Autos um. "Bau mir das nach" soll einer der Zigeunerbarone zu seinem Architekten gesagt haben und ihm eine 50$- Note unter die Nase gehalten haben. Ob es stimmt oder nicht, die goldene Kuppel des Palastes ähnelt tatsächlich dem Capitol in Washington. Der restliche Bau ist aber nicht fertig geworden. Dem großspurigen Bauherren sei das Geld ausgegangen, heißt es.

Und das gilt nicht nur für ihn, denn viele dieser Möchtegern- Protzbauten sind nur im Rohbau errichtet und warten auf bessere Zeiten für ihre Fertigstellung. Die Straßen in diesem Viertel sind eine Katastrophe, nicht geteert und nur mit Bauschutt befestigt. Ich komme mir auf unserem Rundgang ein wenig wie ein Zoobesucher vor - oder besser: wie ein Eindringling - und bin erleichtert als es danach weitergeht.

Wir halten am geodätischen Vermessungspunkt nach Struve. Er liegt heute mitten in einer Apfelplantage und ist einer von 325 Vermessungspunkten auf dem fast 3.000 km langen "Skandinavisch- Russischen Meridianbogen", auch "Struve- Bogen" genannt (UNESCO- Weltkulturerbe). Der Struve-Bogen zählt noch heute zu den genauesten und größten Projekten der Erdmessung. Die Vermessungslinie zieht sich in Nord-Süd-Richtung von Hammerfest am Nordkap über zehn Länder Europas bis nach Ismail am Schwarzen Meer.

Mittagessen gibt es im Dorf Pokrowskoje, in dem russische Alt- Orthodoxe leben. Die vom Veranstalter versprochene Bekanntschaft mit deren alten Traditionen findet nicht statt, hingegen gibt es ein recht freudloses Essen mit grimmig dreinschauenden Serviererinnen.

Ein Tag ohne Klosterbesuch ist wie ein Tag ohne Atmen. Also schauen wir uns nachmittags zunächst das Nonnen- Kloster Rudi mit seinen zusammengewürfelt wirkenden Gebäuden an und danach das Kloster Kalaraschauk (oder auch Calaraseuca).

"Poporul Americain" (gestiftet von den USA) liest man auf Schildern an einigen Überlandstrassen, die vom europäischen Baukonzern Strabag gebaut wurden.

Zurück in Chisinau suchen wir zum Dinner das in der Nähe unseres Hotels liegende Restaurant des Hotels Codru auf, das bei TripAdvisor über den grünen Klee gelobt wird. Kaum haben wir an einem Tisch Platz genommen, zerreißt ein durchdringender Schrei die angenehme Geräuschkulisse der leisen Loungemusik. Es ist ein Papagei, der mit anderen Artgenossen in Käfigen im Restaurant gehalten wird. Der Schrei wiederholt sich etwa jede Minute, was uns zu einem fluchtartigen Verlassen des Lokals veranlasst.

Wir finden eine tolle Alternative, das japanische Restaurant Zen Sushi im sogenannten "Village". Der Gastraum ist eine Mischung aus Studentenkneipe und Lounge, etwas avantgardistisch, aber sehr gemütlich. Der junge Kellner spricht englisch, was nicht selbstverständlich ist, er bedient uns äußerst freundlich und zuvorkommend. Die servierten asiatischen Speisen schmecken uns ausgesprochen gut.


DO 08.10.2015 Gagausien

Heute unternehmen wir nochmals eine längere Fahrt in den Süden, nach Gagausien, eine weitere moldawische Skurrilität neben Transnistrien. Die Gagausen (gesprochen "Gaga-Usen"), verfügten ursprünglich zwar über eine eigene Sprache, nicht aber über eine Schrift. Heute haben sie das lateinische Alphabet übernommen. Sie erklärten sich 1990 für unabhängig. Das mehrheitlich christlich-orthodoxe Turkvolk hatte jedoch keine separatistischen Bestrebungen. Anders als Transnistrien waren die Gagausen verhandlungsbereit und gaben sich damit zufrieden, ein autonomes Gebiet zu werden. Auch die Gagausen hegen eine gewisse Affinität zu Russland, was sich auch in ihrem Wahlverhalten niederschlagen soll.

Die Hauptstadt Comrat (20.000 Einwohner!) hat wenig an Sehenswürdigkeiten zu bieten. Abseits der Hauptstraße finden sich vornehmlich verfallene Häuser und Strassen, die diesen Namen kaum verdienen.

In der Kirche St. Ioan Botezător erwartet uns eine Slapstick- Nummer der besonderen Art. Die Kirchenwächterin eilt herbei um einem Mitreisenden mit langen Haaren, der auch bei den Oberammergauer Passionsspielen eine Titelrolle bekommen könnte, von hinten ein Kopftuch überzuziehen. Als dieser sich umdreht und sie in sein bärtiges Gesicht schaut, versinkt sie vor Scham fast im Boden und entschuldigt sich tausendmal. Aber auch Karin kommt nicht ungeschoren davon. Der Wächterin erscheint ihre Jacke offensichtlich als zu kurz, weshalb sie ihr einen Wickelrock verpasst.

Im Vorort Besalma besuchen wir das Museum der gagausischen Kultur. Es ähnelt einem alten hiesigen Kleinstadtmuseum, in dem wahllos alles, was nicht niet- und nagelfest war, aus der Vergangenheit zusammengetragen wurde. Man könnte auch an einen Flohmarkt als Fundort der Sammlung denken.

Mittagessen gibt es in einem typischen Restaurant mit gagausischer Küche, die aber keine Besonderheit aufweist.

Heute nachmittag gibts zur Abwechslung mal keine Klöster zu sehen. Wir fahren nach Ceadir- Lunga und besichtigen dort eine Zuchtstation, in der hochklassige Pferde der Orlov-Rasse (Traber) aufgezogen werden. Ich verstehe nichts von Pferden, aber diese edlen Tiere sind wirklich schön anzusehen. Leider ist der Zuchtbetrieb durch aktuelle Exportbeschränkungen beim Verkauf der wertvollen Hengste gehandicapt. Der Besitzer und Leiter des Gestüts ist nicht nur ein "Pferdeflüsterer", sondern auch ein begnadeter Maler und Zeichner. Und was sind wohl seine Motive? Natürlich seine Pferde! Ein wirklich sympathischer Mann.

Ach ja, noch etwas: Lady Gaga kommt nicht aus Gagausien!

Am Abend folgen wir Larissas Restaurant- Empfehlung und besuchen das Pani Pit, ein sehr gutes und beliebtes Speiselokal in bourgeoisem französischem Stil an der Strada 31 August 1989. Die angebotenen Speisen sind exzellent, der Service ebenfalls, die Preise sind moderat.

FR 09.10.2015 Causeni ---- Purcari

Ein gemütlicher Tag ohne Programmhektik steht uns bevor. Zunächst fahren wir nach Causeni und besichtigen die Kirche der Gewandlegung aus dem 17. Jh. mit ihrer ungewöhnlichen Architektur und wertvollen Fresken aus der Zeit der Tatarenherrschaft. Christliche Kirchen waren damals erlaubt, durften angeblich aber nicht höher sein als ein Pferd mit Reiter nebst Lanze. Also baute man Kirchen einfach tiefer in die Erde, sie waren von oben eher als Stall wahrzunehmen. Ein solches Exemplar haben wir hier vor uns. Die flache unscheinbare Kirche liegt um 1 m im Erdboden versenkt Die fromme Kirchenwächterin Anna erklärt uns die ungewöhnlich schlichte Architektur und gewährt uns dann Zutritt zum prachtvoll mit Ikonen bemalten Inneren des Sakralbaus. Das Allerheiligste mit dem Altar hinter der Ikonostase dürfen allerdings nur die Männer betreten. Die Frauen müssen leider draußen bleiben. Wie gut, dass man heutzutage mit der digitalen Fototechnik jeden optischen Eindruck sofort weitergeben kann...

Nun wird es Zeit für eine Weinprobe. Die Weinkeller von Purcari warten auf uns. Hier im ältesten Weingut Moldovas werden absolute Spitzenweine des Landes gekeltert. Die Weine wurden bereits mehrfach international prämiert. Ein Mitarbeiter führt uns durch den Komplex des Weinguts und seine Produktionsanlagen. Anschließend kommen wir zur Weinprobe. Die angebotenen Weine schmecken uns wirklich hervorragend. Karin kauft eine Auswahl in 350ml- Flaschen. Damit wird zwar das maximale Gewicht für den Koffer überschritten, aber die Lufthansa ist auf dem Rückflug großzügig.

Jetzt haben wir aber langsam Hunger. Wir fahren zum familiengeführten Weingut Et cetera, wo uns ein Lunch kredenzt wird, das ein Kaninchengericht als Hauptgang beinhaltet. Das Kanickel ist zwar zäh, aber der gute Wille zählt. Alexandru, der Weingutbesitzer, bietet uns Weine an, die wirklich hohen Ansprüchen genügen. Als Abschluss gibt es einen Grappa, der es im wahrsten Sinne des Wortes in sich hat. Und da Olga, seine Frau, auch die Geschäftsführerin von Amadeus Travel in Chisinau ist, unserer hiesigen Reiseagentur, bekommen wir auch noch eine Flasche Rosè to go als Geschenk.

Nachmittags kehren wir nach Chisinau zurück. Es bleibt uns nur eine kurze freie Zeit bis zum Abschiedsabendessen mit Folkloremusik im Restaurant am Stefan cel Mare Boulevard. Zwei Frauen und ein Mann spielen und singen für uns stimmungsvolle Folkloremusik. Leider blicken sie überwiegend in die Gesichter des "Clubs der toten Dichter", soll heißen: die Mitreisenden schauen teilnahmslos und lustlos aus der Wäsche. Welchen Eindruck muss das bloß auf die engagierten Musiker machen? Deutschland, ein freudloses Land voller Trübsal und Plag?


SA 10.10.2015 Chisinau ---- Abreise

Morgens haben wir Zeit zum Ausschlafen, ausgiebig Frühstücken, Kofferpacken und gemütlich im Hotel Auschecken. Karin schaut noch kurz im Supermarkt vorbei um russische Schokolade für ihre Mitarbeiterinnen einzukaufen. Dann holt unser Busfahrer Tudor uns auch schon im Hotel ab.

Auf der Fahrt zum Flughafen legen wir einen kurzen Stopp ein an einer alten Holzkirche aus dem 16. Jh., der Biserica de lemn. Die kleine Kirche stand ursprünglich irgendwo auf dem Land, wurde dort Balken für Balken abgebaut, restauriert, mit neuem Dach versehen und an der Peripherie von Chisinau liebevoll wieder aufgebaut. Ein wenig schaut sie aus wie aus dem Märchen. Finanziert hat das Ganze einer der Oligarchen.

Die Sicherheits- und Passkontrollen am Flughafen in Chisinau gestalten sich nervenaufreibend. Der ungeordnete Rückstau an der Sicherheitskontrolle ist beängstigend. Dieser Flughafen entspricht nun mal nicht deutschen (Provinz-) Standards. Der Lufthansa- Rückflug nach Frankfurt via München verläuft hingegen problemlos.

*Maps courtesy of www.theodora.com/maps used with permission.


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Das sind meine Reiseliteratur- Empfehlung für Moldova / Moldawien:

Es gibt so gut wie keine Reiseführer für dieses Ziel - mit einer Ausnahme: Moldova: Mit Chisinau, Bessarabien und Transdnestrien (Trescher-Reihe Reisen). Der Trescher- Verlag ist der Spezialist für Osteuropa. Und dieser Reiseführer ist recht informativ und hilfreich! Sie können ihn bedenkenlos kaufen.

Alternativ können Sie sich auch für das Reisebuch Bibliothek der unbekannten Länder: Republik Moldau aus dem Achter Verlag entscheiden.

Und wenn Sie viel Sinn für Humor haben, kaufen Sie sich unbedingt Molwanien: Land des weiterhin schadhaften Lächelns aus dem Heyne Verlag, ein Spiegel-Bestseller... Ähnlichkeiten mit Moldova sind natürlich rein zufällig!



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