LOUISIANA
on my minds
Hi y´all ! How a´ya doin´? [31.09.2000] Beim Einchecken in Düsseldorf haben Sina, meine Tochter, und ich für den Atlantikflug mit Delta die ersehnten Plätze in der 1. Reihe, nicht Klasse, mit ausreichender Beinfreiheit bekommen. Doch beim Wechseln der Maschine in Paris kommt es anders: Eine junge amerikanische Mutter mit Säugling und Kleinkind bittet uns flehentlich, die Plätze zu tauschen, weil nur hier der Babykorb an der Wand befestigt werden kann. Natürlich kann ich ihr das nicht ablehnen, wir quetschen uns lächelnd (und zähneknirschend) in die Standard- Sitzreihe der Touristenklasse. "You are so kind. God bless you for your sacrifice!" Mit diesen Wünschen läßt sich der 8-Std.-Flug doch gut an, oder? Als wir uns beim Umsteigen in Atlanta erstmals die eingeschlafenen Beine vertreten können, erwartet uns eine Armada schwerbewaffneter Farbiger: Immigration Officer, Zoll, Polizei, Security- Leute. Alle schauen ziemlich finster drein, keine Willkommens- Atmosphäre, eher bedrohlich! Na ja, wird schon werden. Was mir noch am Airport in Atlanta auffällt: Hier heißen die Terminals "Concourse" - warum, weiß ich nicht - und werden von einer selbstfahrenden U-Bahn angefahren. Eine Tonbandstimme sagt vor jedem Stop "Please hold on! The Train stops now." Das klingt doch sehr beruhigend. Der Anschlußflug bringt uns nach New Orleans. Der "Pelikan- Staat" Louisiana ist Anfang und Ende unserer kleinen Südstaaten- Rundreise.
New
Orleans ("N´Ahlins"), Louisiana: "The Big Easy"
- Der große Leichtsinn, The Crescent City, Heimat des Mardi
Gras im Frühjahr jeden Jahres. Hier steht die Wiege des Jazz, hier
ist die Hauptstadt des Voodoo und hier fließt der Mississippi
- der Ol`Man River... Im Gegensatz zu anderen amerikanischen Großstädten
soll hier die "pure Leichtigkeit des Seins" angesagt sein, hier soll alles weniger eng gesehen werden, so die verheißungsvollen
Versprechen der Reiseführer. Schaun´wir mal.
[Wetter
z.Zt. in New Orleans, Louisina]
Wir haben das Ambassador in der Tchoupitoulas St. von Deutschland aus vorgebucht. Abenddämmerung, seit 20 Std. unterwegs, vor der Airport- Halle schwüle 30° C (mind.), also schnell ein Taxi nach Downtown (Einheitspreis 25 $ plus Tip). Der Taxifahrer, ein Schwarzer, wie etwa die Häfte der Stadtbevölkerung, ist sehr einsilbig. Wir fahren am Superdome, einem riesigen UFO- ähnlichen Stadion mitten in der City (hier übrigens "Säddy" genannt), vorbei. "What´s the name of the team playin` here?" frage ich den Fahrer. Er nuschelt sowas ähnliches wie "Senns". Wie wir später erfahren sind es die N.O. Saints, ein Top- Footballteam, das in der NFL spielt.
Unser Hotel liegt downtown New Orleans zwischen Warehouse District und French Quarter, sieht aus wie ein ehemaliges Fabrikgebäude Anfang letzten Jhdrts., innen wie außen weitgehend altes, unverputztes Ziegelmauerwerk. Das vermittelt French Quarter- Atmosphäre, wie wir noch feststellen sollen. Die Möblierung der Zimmer: viel Mahagoni -oder zumindest so gebeizt-, Schmiedeeisen, dicke Teppichböden, riesige Deckenventilatoren. Apropos Deckenventilator: Hat man sich erst an den leichten Windzug im Zimmer gewöhnt, ist ein Ventilator viel angenehmer als die ewig zu laute und zu kalte Klimaanlage. Wir sind total kaputt vom langen Flug und gehen früh zu Bett.
Nächster Morgen. American Breakfast:
scrambled eggs and bacon with hush browns, genau das richtige für
mich zur Einstimmung! Sina wählt "Frühstücks- Cerealien"
und Obst. Dann machen wir uns auf den Weg. Zum Ol`Man River sind es
zu Fuß 5 min, zum French Quarter 10 min. Optimale Lage des Hotels! Wir wollen erstmal zum Flußufer, laufen prompt in die falsche
Richtung, fragen einen Passanten nach dem Mississippi. Was wir genau
suchen würden, ein Hotel oder Restaurant mit diesem Namen oder
den "Mississippi River"? Der Mississippi heißt hier nämlich
eben nicht nur Mississippi sondern Mississippi River.
Die Poydras St. führt runter zum Riverwalk Marketplace, einer Laden- Passage in unmittelbarer Nähe zum Hilton und zu Harrah´s, dem Casino. Hier legen auch die Steam Boats (Schauffelraddampfer) an: "Cajun Queen", "Creole Queen" und "Natchez". Ein Spendensammler für Witwen und Waisen verkauft uns erstmal zwei Baseball- Caps für 15 $. Er gibt uns den Tip, die kostenlose Fähre zum anderen Ufer zu benutzen. Dort gäbe es parrots, Papageien, in den Bäumen zu bestaunen und natürlich "Blaine Kern´s Mardi Gras World" (MGW).
Wir setzen über nach Algiers Point. Papageien sehen wir keine,
dafür einen kleinen Shuttle- Bus in den grellen MGW- Farben. Wir
nehmen Platz und lassen uns mit ein paar Mitfahrern von dem schwarzen
Piloten im Schneckentempo durch den heruntergekommenen
(historic)
Stadtteil Algiers Point kutschieren. Dieser wird vorwiegend von Schwarzen
bewohnt, besteht aus alten Holzhäusern, vor denen schrottreife
Autos (uralte Caddilacs, Mercurys...) stehen und auf deren Veranden
die Leute ein Pläuschchen halten. Ziel ist MGW, eine Mischung aus
Museum und Werkstatt für den nächsten Mardi Gras (spricht
man "Maadi Graa" und bedeutet soviel wie "Fetter Dienstag"). Die Hallen können im Rahmen einer Führung
besichtigt werden, die mit dem traditionellen Verköstigen eines
bunten Kings´s Cake (plastic doll inside) beginnt. Wir sind von
der Führung und den riesigen kunstvollen Phantasie- Figuren und
Umzugswagen aus bemaltem Styropor begeistert und beeindruckt.
Am Ende der Führung gibt es einen Film über die Mardi Gras`
der letzten Jahrzehnte zu sehen, eine Art Mischung aus Karneval in Rio
und in Köln, andererseits ein ganz eigenständiger, nicht vergleichbarer
Karneval, den ich sehr gern mal miterleben würde. Dann haben die
Besucher noch Gelegenheit, sich mit alten Masken und Kostümen selbst
zu verkleiden und - natürlich zu fotografieren. Jede Menge Spaß:
Sina als Mardi Gras- Prinzessin, ich als Hofnarr, König und
Al Capone.
Am frühen Nachmittag
sind wir zurück am anderen Ufer. Affenhitze! Wir schlendern
durch den Wuldenberg Park Richtung French Quarter, auch "Vieux Carré"
genannt, dem legendären Herzen der Stadt, der Geburtsstätte
des Jazz. Wir passieren das örtliche Hard Rock Cafe an der Decatur
St. und sind mittendrin. Aus jedem 2. Laden klingt Jazz, Blues, Zydeco,
Cajun, Soul oder Salsa - meist aus übersteuerten Anlagen. Natürlich
am meisten auf der legendären Bourbon St., die viel von ihrer Ursprünglichkeit
verloren haben soll. Musikkneipen, Restaurants, Andenkenläden,
Voodoo-Zauber, reihen sich aneinander. Die Menschen stehen wie vor Jahrzehnten
mit einem Glas in der Hand am Straßenrand, die andere Hand im
Rythmus schnippend oder tanzend. Hier im French Quarter wurde
auch der erste Cocktail kreiert. In den Voodoo- Läden Warnhinweise:
"nicht den Altar berühren", "böser Zauber"... Wir wollen in
den berühmten Court of two Sisters. Hier ist es aber brechend
voll. Deshalb wählen wir einen Patio (Hinterhofgarten) gegenüber
für ein verspätetes Lunch.
In unserem Patio steht das bestellte Essen noch nicht auf dem Tisch, zieht draußen auf der Bourbon eine Parade geschmückter Wagen mit diversen Dixie- und Jazz- Kapellen vorbei. Wir stürzen hinaus. Es handelt sich um eine Parade der Deutschstämmigen aus Lousiana, Themenwagen aus "deutschen Landen". Hat aber wenig damit zu tun. So spielt z.B. auf dem "Hessen"- Wagen eine ganz verrückte Dixie- Combo, einzig zu "Bayern" gibt es Mädels, die vermeintliche Dirndles tragen und die Musik spielt "Oans, zwoa, zuffa...". Aber das Deutschlandbild der Amis ist eh ein Thema für sich. Von den Wagen werden -wie beim Mardi Gras- bunte Ketten unters Volk geschmissen. Manche der Zuschauer haben bis zu 30 Stück davon um den Hals. In den Läden zahlt man dafür 2- 3 $ pro Stück. Wir widmen uns unserem Essen.
Als großer Seafood- Fan lerne ich, daß die Shrimps hier
im Süden der USA eher Riesengarnelen sind, zumindest wenn man sie
mit Nordsee- Krabben vergleicht. "Bubba taught me all there is to know
about the shrimpin´ business" sagt der unvergleichliche Forrest
Gump in dem gleichnamigen Film. Die Shrimps werden hier nicht auf den
Kuttern abgekocht, sondern innerhalb von 2 min. nach dem Fang in Tiefkühlräume
an Bord eingelagert. Na ja, soviel wie Bubba und Forrest weiß
ich nicht über die Shrimps, aber ich kann sie von Crawfish unterscheiden,
kleinen Flußkrebsen, deren Größe unseren Nordseekrabben
ähneln, die aber ein festeres Fleisch haben. Ebenfalls sehr lecker,
schmeckt ähnlich wie Hummer! Irgendwo habe ich neulich gelesen,
Crawfish seien eigentlich Schlammkäfer... Schon allein wegen der
Shrimps-, Crawfish- und Catfish- Gerichte lohnt sich ein Louisianabesuch.
Nach dem Essen wandern wir die Bourbon hoch bis zu John Lafittes´s
Blacksmith Shop (Kneipe) und biegen dann in die viel schönere Royal
St. ein. Beeindruckend hier: Die vielen kunstvollen schmiedeeisernen
Balkone. Auch das Niveau der Läden und Boutiquen ist hier höher
als in der Bourbon. Sina entdeckt einen Laden, der exclusiv original
Hawai- Hemden verkauft, Stückpreis 50 $ (bei uns in D kosten die
ca. 200 DM!). Ich kaufe gleich zwei davon. Auf der Decatur St. entdecken
wir den Virgin Records CD- Shop, ich vertiefe mich in die Blues- Abteilung.
Am Abend sind wir dann am Jackson Square mit der St. Louis Kathedrale.
Hier stehen zig Pferdedroschken, deren Kutscher darauf warten, Touristen
durchs Vieux Carré zu fahren. Wer´s mag... Wir laufen lieber
den "Moonwalk" entlang. Diese Uferpromenade hat nichts mit Michael Jacksons
Hit zu tun, sondern wurde nach einem ehemaligen Bürgermeister namens
Moon benannt. Hier am Ufer fährt die Riverside- Line der historischen
Streetcars. "A streetcar named desire" (Endstation Sehnsucht) ist der
wohl berühmteste.
Im French Market Cafe lassen wir den
Abend ausklingen. Hier - wie an vielen anderen Stellen - spielt eine
Jazzband "only at your tip". Jede halbe Stunde geht ein Bandmitglied
mit dem Hut ´rum und sammelt unter den Zuhörern. Im Herbst
2000 haben wir übrigens Pech mit dem Wechselkurs. Während
die Preise in den USA nominal 1:1 zu denen in Deutschland sind, stehen
auf der Kreditkartenabrechnung für ausgegebene 100 $ leider 225
DM...
Nächster Morgen. Die Temperatur ist auf erträgliche 24° gefallen. Das French Quarter zieht uns wieder magisch an. Natürlich ist hier noch nicht viel los. Die Spuren der letzten Nacht werden gerade beseitigt, Aufräumen und Reinemachen ist angesagt. Dennoch sind die ersten Straßenmusiker bereits auf der Bourbon, Rampert und St. Louis aktiv. Der Bauch der Stadt schwillt langsam wieder an. Am French Market herrscht bereits geschäftiges Treiben. Der dortige Flea Market und Farmers´ Market sind gut besucht. Trödel und Kitsch aller Art sowie frische Lebensmittel aus der Region werden hier angeboten. Im Shopping- Center der ehemaligen Jackson Brewery kauft sich Sina einen regenbogenfarbenen Winterpullover (O-Ton: "Hoffentlich wird´s bald kalt in Deutschland."), in den sie sich unsterblich verliebt hat. Wir rasten wieder mal am Jackson Square. Hier ist der Treffpunkt der Straßenmusiker, Eisverkäufer und - Taschendiebe. Luftballon- Clowns haben ein Auge auf Sina geworfen. "Is she your daughter? Can I marry her?" Kurz danach sind sie in ein Gespräch mit irgendwelchen Sekten- Leuten vertieft. Ein Fernsehteam kommt hinzu, führt Interviews. Am Abend genießen wir eine Karaoke- Veranstaltung auf der Bourbon. Unvergeßlich: eine schon merklich alkoholisierte junge Frau mit ihrem "Miss American Pie"- Vortrag. Wir essen in Papa Joe´s Restaurant. Sina bestellt Po- Boys (Sandwiches) mit Ham and Chips, ich ein Crawfish Etouffee (eine Art Ragout aus Flußkrebsen, Tomaten, Okra, Zwiebeln und Chili).
Wie heißt es in dem Welt-Hit der Animals "House of the Rising Sun":
There is a house in New Orleans
They call the Rising Sun
And it′s been the ruin of many a poor boy
And God, I know I'm one
Damit haben wir nichts am Hut...
Nach 2 1/2 Tagen in der Jazz- Metropole
New Orleans übernehmen wir unseren Mietwagen am Convention Center
und fahren auf dem Hwy. 90 nach Houma, dem "Venedig Amerikas" (eine Beleidigung der ital. Lagunenstadt, wie
wir meinen). 55 Brücken über den Bayous (indian. Wort für
"stilles Wasser") und Kanälen sowie eine chaotische Straßenführung
kennzeichnen das Stadtbild. Hier wollen wir eine Bootstour durch
die Sümpfe unternehmen. Wir entscheiden uns für Munson´s
Swamp Tours (Eigenwerbung: "World Famous") am Ortsrand. Zusammen
mit 4 Franzosen und einem Paar aus Berlin fährt uns unser Guide
mit einem kleinen Ponton- Boot in die Sümpfe Louisianas. Zypressen
mit Luftwurzeln und moosbehangene Eichen am Bayou- Ufer, dicke Spinnen,
die ihre Netze quer über das Wasser gesponnen haben (Sina ekelt
sich sehr davor). Dann sehen wir auch die ersten Alligatoren: Ein weibliches
Tier in der Nähe eines Nestes. Hier liegen die kleinen Baby- Alligators
dicht beieinander. Unser sympatischer Guide erzählt viel interessantes
über die Gators. Im weiteren Verlauf der Tour sehen wir Waschbären
("Rocky Racoon"), die offensichtlich an Menschen gewöhnt sind und
sich mit hingeworfenem Toastbrot füttern lassen. Die Waschbären
halten aber immer einen gebührenden Sicherheitsabstand zum Wasser
wegen der Alligatoren. Die vermeintlich trägen Reptilien können
nämlich blitzschnell zuschnappen und auf kurze Distanz eine Geschwindigkeit
von 20 mph erreichen. Dann machen wir die Bekanntschaft mit dem ältesten
und größten Gator hier im Sumpf. Es ist ein über 5 m
langes Männchen, 100- 120 Jahre alt, so unser Führer, das
sich nur selten zeigt. Wir hätten Glück, das Reptil zu sehen.
Der Guide füttert den Gator mit mitgebrachtem Hühnchenfleisch,
bringt ihn dazu, sich mit aufgerissenem Maul etwas aus dem Wasser zu
katapultieren. Spektakulär! Die 2- stündige Sumpf- Tour ist
wirklich ihren Preis von 18 $ p.P. wert.
Wir essen in einem urigen Cajun- Restaurant in Houma zu Abend. Sina bestellt "Gator Bites" (fritierte Matschkugeln aus Alligatorenfleisch; na ja, war´n Experiment) und Hühnchen- Gumbo, ich "bacon wrapped shrimps" (wie der Name sagt -und fritiert; sehr lecker) und Seafood- Gumbo. Die Gumbo sieht aus wie das schlammige Wasser der Swamps und ist ein höllisch scharfer Suppeneintopf mit Reis.
Unsere Zelte bauen wir dann im neu eröffneten Best Western Houma auf, etwas abseits gelegen.
Am
nächsten Morgen geht es weiter Richtung Lafayette. In Morgan City
wollen wir uns die Swamp Gardens ansehen, die sind aber wg. dringender
Renovierungsarbeiten gerade geschlossen. Pech! Nach kurzer Fahrt auf
dem Hwy 90 fahren wir auf die 182 West entlang am Bayou Teche durch
Franklin, Jeanerette, New Iberia und viele weitere kleine Orte mit traumhaften
Südstaaten- Villen und Antebellum- Häusern (so genannt, weil
vor dem Bürgerkrieg errichtet). An der Straße liegen viele
Zuckerrohrfelder und eine (stinkende) Zuckerrohr- Fabrik.
Die Sumpfgebieten Süd-Louisianas
waren bis 1973, dem Baujahr einer Schnellstraße auf Betonpfeilern
über das Atchafalaya- Sumpfbecken hinweg, völlig isoliert
vom übrigen Amerika. Hier leben die Cajuns.
Der Name ist eigentllich eine englische Verballhornung des Namens "Arcadians",
ursprünglich französische Einwanderer, die zunächst im
17. Jahrhundert in Kanada siedelten, dann aber im Laufe der Geschichte
vertrieben wurden und bis hierhin weiterzogen. Von dieser Geschichte
und einer tragischen Liebe erzählt das Gedicht "Evangeline"
von Henry Longfellow. Dass die Cajuns ihre eigenständige Kultur
so lange bewahren konnten, verdanken sie der Abge- schiedenheit. Hier
konnte die eigentümliche Sprache, die ihre Wurzeln im Französischen
hat, bis heute überdauern. Der Name "Cajun" wurde im amerikanischen
Sprachgebrauch zum Schimpfwort für einen "zurückgebliebenen
Bauernlümmel", ebenso wie "Rednecks" (Rotnacken) ein
rüdes Schimpfwort für besonders hinterwäldlerische Südstaatler
ist. Ich erinnere mich an den Actionfilm
"Die letzten Amerikaner" (Original: "Southern Comfort")
von Walter Hill, ich meine mit Keith Carradine in einer der Hauptrollen,
der vom Überlebenskampf von US-Army-Reservisten handelt, die sich
durch die Sümpfe schlagen und von bösen Cajuns gejagt werden.
Die Atmosphäre dieses Films ist sehr spannend und beängstigend.
Vermutlich wurden hier alte amerikanische Klischees über die "unheimlichen"
Cajuns bedient.
Die so verunglimpften Cajuns haben
jedoch in jüngster Zeit ein neues Selbstbewußtsein entwickelt,
nicht zuletzt wegen der magischen Anziehungskraft ihrer traditionellen
Küche und der vom Akkordeon dominierten Folkmusik. "laisser les
bon temps rouler", "let the good times roll", genießt die
schöne Zeit! - das ist das durchgängige Motto der Cajunmusik.
Creolen werden übrigens die Bevölkerungsteile in und um New Orleans
genannt, die sich aus der ethnischen Mischung von Indianern, Spaniern,
Franzosen und Afrikanern gebildet haben. Die "Creolische Küche"
ist auch an der US- Westküste in California zu finden (unser Reisebericht
"USA-
Der Westen"), dort aber eher als Mischmasch aus creolischen und
Cajun- Gerichten, immer dominiert von scharfen Saucen (Tabasco kommt ja genau aus dieser Ecke hier). Das berühmteste Gericht ist
Jambalaya, ein Paella- ähnliches Reisgericht mit Schinken.
Unser Tagesziel ist Lafayette, die inoffizielle Hauptstadt der Arcadianer oder Cajuns. Abends im Comfort Inn sehen wir im TV zufällig die Originalversion von "Lola rennt" mit englischen Untertiteln. Der preisgekrönte deutsche Film lief erst 2 Jahre später bei uns im Fernsehen. Im Motel- Restaurant gibt es zuvor Catfish (Wels), den Lieblingsfisch der schwarzen Bevölkerung.
Am nächsten Morgen besuchen wir in Lafayette Vermilionville, das "lebende" Freilichtmuseum der Cajun- Kultur. Eine freundliche alte Dame, mind. 80 J. alt, in historischem Kostüm und mit Sonnenschirm begrüßt uns als die ersten Besucher an diesem Morgen. Ohne eigene Bemühung erleben wir eine exklusive Führung durch die alte Arkadianerin. Sie ist schwer zu verstehen, da sie Halbsätze regelrecht herauspreßt und auch Probleme mit ihrem zwar strahlend weißen, aber wohl schlecht sitzenden Gebiß hat. Aber sie erzählt mit einer solchen Inbrunst von ihrer Kindheit und ihren verfolgten Vorfahren, daß wir uns einfach nicht von ihr loseisen können. Bis Mitte des 20. Jhrdt. haben die Arcadians nur Französisch gesprochen, dann wurde ihren Kindern in den Schulen die englische Sprache unter Strafe aufgezwungen.
Im Museumsdorf erzählt uns später ein alter Tischler, daß er im 2. Weltkrieg in Afrika unter de Gaulle gegen die Nazis gekämpft habe. Stolz präsentiert er uns handgeschnitzte und getischlerte Utensilien - vom Löffel bis zur Truhe - "all handmade". Eine farbige Köchin bietet uns ein leckeres Bohnengericht zum Probieren an. Ein Schmied und eine Schneiderin demonstrieren ihre Handwerkskünste. Zum Abschluß des Rundgangs besuchen wir die Cajun Cooking School, wo wir andächtig der Zubereitung eines typischen Gumbos zusehen. Für die Zubereitung sind oft Zutaten erforderlich, die es bei uns nicht zu kaufen gibt. Sie lassen sich jedoch über das Internet beziehen bei www.cajungrocer.com. Hier gibts auch Rezepte!
Wir fahren weiter Richtung Baton Rouge auf dem Interstate 10 durch die Atchafalaya- Sümpfe. Der Highway führt meilenweit auf Stelzen durch eine teilweise unwirkliche Sumpflandschaft, abgestorbene Bäume in von Entengrütze (sieht jedenfalls von oben so aus) überzogenem Wasser .
Die Plantagenhäuser am Mississippi River zwischen Baton Rouge und
New Orleans stehen auf unserem Programm. Als erstes besichtigen wir
im Rahmen einer Führung ausgiebig das größte und auffälligste
aller Plantagenhäuser, das Herrenhaus der Nottoway
Plantation, auch "White Castle" genannt. Wie in allen anderen Plantagenhäusern
darf innen weder fotografiert noch gefilmt werden. Die verschwenderische
Architektur und die prunkvolle Inneneinrichtung lassen die rauschenden
Feste erahnen, wie sie vor 150 Jahren dort gefeiert wurden. Scarlett
O´Hara läßt grüßen. Der krasse Gegensatz
zwischen den Villen und den umliegenden ärmlichen Schwarzensiedlungen
ruft aber auch in Erinnerung, um welchen Preis dieser Reichtum erworben
wurde. Sklavenarbeit auf den Zuckerrohr- Plantagen. Die Führer
durch die Plantagenhäuser betonen auffällig, daß der
jeweilige damalige Eigentümer ein guter Herr zu seinen Sklaven
war. Kommt uns irgendwie verdächtig vor.
Nach Nottoway sehen wir uns noch an:
- San Francisco Plantation (eine
der kunstvollsten Villen der Südstaaten, leider heute mitten in
einem Industriegebiet gelegen)
- Oak Valley Plantation (beeindruckt
durch die vorgelagerte Eichenallee) und
- Houmas House Plantation (sehr
schönes Herrenhaus auf der damals größten Südstaaten-
Plantage).
Hierbei beschränken wir uns aber
auf Außenbesichtigungen.
Wir fahren den Hwy 61 Richtung Natchez, MS.
Fortsetzung des Reiseberichtes unter
->
Teil
2: Mississippi: Cotton - vom Winde verweht
Am
vorletzten Tag unserer Reise sind wir wieder zurück in New Orleans.
Wir übernachten am nördlichen Rand im Holiday Inn Express.
Wunderbares Wetter und ein wunderschöner letzter Tag im Süden
der USA. Wir frühstücken im Café Du Monde und bestellen
die Spezialität des Hauses: Café au Lait mit Beignets, ganz
frisch und sooooo lecker! Zwei wohlschmeckende Spezialitäten: Der
mit Zichorie versetzte (Milch-) Kaffee und die berühmten kleinen
Krapfen, immer 3 Stück pro Portion, reichlich mit Puderzucker bestreut.
Die letzte Mahlzeit dann nochmal nach Cajun- Art: Salat mit Crawfish, das werde ich bestimmt vermissen... Wir geben den Mietwagen am Airport zurück. Tschüs Louisiana. You`ll be on my minds...