Teil 2: Der Norden

Unsere bisherige Route ging von Dar Es Salaam südwärts in die Nationalparks Mikumi, Ruaha und Udzungwa.


Di, 13.09.2011

Wie bereits erwähnt, ist der Begriff "Pünktlichkeit" in Afrika sehr dehnbar. Wir bestellen noch am Vorabend unser Frühstück für 7:00. "No problem, Mister!" Fertig ist aber gar nichts. Es scheint, als hätte das Küchen- und Servicepersonal die Uhrzeit als unverbindliche Weckzeit verstanden. So kommt zunächst frisch gepresster Melonensaft an den Tisch - P a u s e - dann etwas Toastbrot, Butter und Orangenmarmelade - P a u s e - gegen 7:45 Rührei mit Würstchen und Bohnen auf labberigem Toastbrot (die Engländer !...). Gegen 8:15 sind wir dann endlich fertig mit dem bescheidenen Frühstück. "8:00 Abfahrt" bedeutet sowieso, dass es frühestens um 8:30 losgeht.

Dieter hat es als ersten von uns erwischt. Ihm gehts nicht gut. Magen- und Darmbeschwerden werden in den Tropen Afrikas oftmals gar nicht durch den vielbeschworenen ungewaschenen Salat ausgelöst, sondern durch das für uns Europäer ungewohnte Bakterienbild. Das gilt übrigens umgekehrt auch für Afrikaner, die Europa besuchen.

Heute fahren wir in die ehemalige Hauptstadt von Deutsch-Ostafrika, Bagamoyo. Die Tagesetappe ist wieder mal 8 Stunden lang. Wir kommen am späten Nachmittag kurz vor Einbrechen der Dunkelheit an im Millenium Sea Breeze Hotel. Das liegt direkt an der Westküste des Indischen Ozean gegenüber der Insel Sansibar. Es gibt unterschiedlich große Zimmer, in meins passt gerade mal das Bett und es ist schlecht belüftet. Da hab ich in Tansania schon besser genächtigt.


Mi, 14.09.2011

Das Besichtigungsprogramm im historischen Ort Bagamoyo ist gestern wg. leichten Regens ausgefallen. Also holen wir es heute morgen nach. Allerdings haben wir darum gebeten, das Sightseeing auf ein Minimum zu beschränken. Schließlich haben wir gestern nachmittag schon fast alles aus dem Auto heraus gesehen - glauben wir zumindest. Die Bausubstanz des Ortes ist in einem erbärmlichen Zustand. Der Monsun hat die historischen Gebäude des Sultans von Sansibar und die der späteren Kolonialherren in verrottende, vom Schimmel überzogene Bauten verwandelt, die eigentlich abrißreif sind.

Der Chef der alten Caravan Serai, der ehemaligen Herberge der Karawanenführer, die heute als sehr bescheidenes "Sklaverei- Museum" präsentiert wird, gibt uns den Reiseleiter. Unsere Jungs sind damit überfordert. "Leg dein Herz (moyo) nieder" soll der Ortsname bedeuten, denn von hier wurden viele Afrikaner als Sklaven nach Sansibar und weiter in den Osten verschifft. Hier ließen sie ihr Herz in Afrika zurück und überließen zwangsweise ihren Körper dem Schicksal der Sklaverei. Keiner sollte jemals zurückkehren.

Tansania versucht seit einiger Zeit, Bagamoyo wegen seiner historischen Bedeutung für den Sklavenhandel von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklären zu lassen. 2009 hat in Dar Es Salaam die Diaspora Heritage Trail Conference, die Tagung der vertriebenen afrikanischen Sklaven stattgefunden. In Bagamoyo wurde ein Gedenkstein an die Konferenz errichtet.

Nach einer kurzen Stippvisite im Alten Fort geht es heute weiter nach Lushoto im Herzen der Usambara- Berge. Die Usambara Berge beherbergen über 2800 verschiedene Pflanzenarten, viele davon sind hier endemisch, u.a. natürlich das bekannte Usambara- Veilchen. Allerdings bekommen wir kein einziges zu Gesicht. Kein Problem, man kann es zuhause in jedem Gartencenter kaufen.

Die Irente View Cliff Lodge liegt wie ein Adlerhorst traumhaft in den Bergen mit einer Superaussicht auf die umliegenden Täler. Dies gilt besonders für den abseits der Lodge liegenden Irente View Point. Auf der Hinfahrt hat es einen kleinen Schauer gegeben, ein erster Vorbote der nahenden Regenzeit, die im November beginnt. Auf fast 2000 m Höhe wird es kühl am Abend, so dass wir die mitgenommenen Fleecejacken überziehen.


Do, 15.09.2011

Vor der Weiterfahrt führt uns ein Gärtner der Lodge ein kleines Chamäleon vor, das er den Reisenden auf die Hand, die Schulter oder den Kopf setzt. Es bleibt jeweils bewegungslos sitzen. Das Chamäleon ist eine geniale Geldmaschine für den jungen Mann, der natürlich gerne Trinkgelder für dessen Präsentation kassiert. Ich gönne es ihm gerne!

Ein junges holländisches Paar hat diese Nacht seinen Expeditions- Jeep dicht am Lodgeeingang geparkt und im Dachzelt des Fahrzeugs übernachtet. Nach dem nächtlichen Bergnebel müssen sie klammfeuchte Sachen anziehen. Sie sind für 1 Jahr im südlichen Afrika unterwegs und haben dafür ihre Jobs gekündigt. Das ist wirkliche Abenteuerlust.

Die Fahrt geht heute nach Marangu am Fuße des Kilimanjaro, des schneebedeckten Riesen, der mit seinen 5.896 m nicht nur der höchste Berg Afrikas, sondern auch der höchste freistehende Berg der Erde ist. Bei unserer Ankunft liegt der Berg im Nebel. Nach dem Verzehr unserer Lunchpakete gibt es noch "Informationen" - wie Nassaro bekanntgibt. Die bestehen daraus, dass die Gruppe zu Warn- und Informationsschildern geführt wird, wo sie sich selbst informieren kann. Der Berg kann über die Marangu- Route in 6 Tagen mit Übernachtungen in Hütten erwandert werden. Man sollte dafür kerngesund sein und etwaige Symptome der Bergkrankheit ernst nehmen. Ansonsten gilt: "If you can't climb it, drink it!" - der Werbeslogan für Kilimanjaro Lager Bier.

Wir checken ein im Kilimanjaro Mountain Resort, einem hübschen Hotel in den Bergen mit schönen großen Zimmern.

Heute Nachmittag besuchen wir zunächst ein kleines Museum, dessen Besitzer uns das traditionelle Leben der Menschen vom Stamm der Chagga erklärt. So betreten wir eine Chagga- Hütte, in der auf engstem Raum Mensch und Vieh zusammenleben. In der Mitte kokelt ein Feuer und füllt den Innenraum mit beißendem Rauch. Der "Museumsführer" zeigt uns in einem Ausstellungsraum noch angebaute Produkte sowie Waffen und Werkzeuge seiner Stammesbrüder, dann brechen wir zu einer Kurzwanderung vorbei an Bananen- und Kaffeepflanzungen und durch ein kleines Tal zu einem Wasserfall auf. Die Kletterei zum Wasserfall hinunter und wieder hinauf ist halsbrecherisch und sehr beschwerlich. Ich bin stinksauer über unsere Guides, die die Strecke als "ganz einfach" beschrieben hatten. Aber ich lasse mich schnell wieder besänftigen.


Fr, 16.09.2011

Am frühen Morgen ist die „schüchterne Lady", wie die Einheimischen den Kilimanjaro bezeichnen, ohne ihren Wolkenschleier zu sehen. Von der Dachterrasse des Hotels aus bietet sich direkt nach Sonnenaufgang ein einmaliger direkter Blick auf das schneebedeckte Massiv.

Nach dem Frühstück fahren wir von Marangu über Arusha zum Lake Manyara. Bei einem Tankstopp in Arusha fällt uns ein Albino auf, der die Straße überquert. Erst als wir wieder zuhause sind, hören ich davon, dass Albinos in Tansania verfolgt werden. Der Aberglaube, dass tote Albinos Glück bringen, führt insbesondere auf dem Land immer wieder dazu, dass man sie ermordet und ihre abgehackten Gliedmaßen als Glücksbringer verkauft. Entsetzlich. Allerdings werden diese Taten offiziell mit der Todesstrafe verfolgt.

Der Lake Manyara N.P. liegt direkt am Großen Ostafrikanischen Grabenbruch. Der See wurde nach der dort vorkommenden Pflanze Manyara, einem Wolfsmilchgewächs, benannt, das die Massai als Mittel gegen Malaria verwenden. Auf dem Weg dorthin kommen wir an Lehmhäusern vorbei, die wie von Kugeln durchsiebt aussehen. Doch handelt es sich keineswegs um Einschusslöcher, sondern um das Werk einer hiesigen Spechtart. Am Wegrand verkaufen Frauen rote Bananen, die wesentlich schmackhafter als ihre gelben Verwandten sind. Sie kosten auch mehr als doppelt so viel.

Nachmittags erreichen wir das Migunga Tented Camp und checken in die Wohnzelte ein. Das Camp liegt in einem kleinen Wäldchen. Auf den Bäumen sind bunte Vögel zu beobachten und zu hören. Die Atmosphäre hier erinnert mich an ein Pfadfinderlager - Holzhütten, rustikales Ambiente, Lagerfeuerromantik.

Kurze Zeit später beginnen wir eine Pirschfahrt durch den Nationalpark, der neben dem See aus Wald und grasbewachsener Ebene besteht. Zu den absoluten Besonderheiten des Parks zählen vor allem die über 400 Vogelarten, die hier beheimatet sind. Vor allem die rosafarbenen Flamingos, die auf ihrer Wanderschaft neben den Pelikanen, Kormoranen und Störchen zu Tausenden am See halt machen, bieten ein atemberaubendes Farbenspiel. Wir können jedoch nur ein rosa flimmerndes Band in der Ferne erkennen. Leider gibt es keine Zufahrt zum Seeufer.

Auch die für den Park bekannten Baumlöwen bekommen wir leider nicht zu sehen. Dagegen sehen wir neben den üblichen Verdächtigen (Elefanten, Büffel, Gnus, Zebras, Giraffen, Paviane) die scheuen Dikdiks, eine sehr kleine Antilopenart, sowie Klippspringer und Zebramangusten, die zwischen den Akazien hin und her flitzen.

Der Zugang zu allen Nationalparks wird an den Gates kontrolliert. Hier wird für jedes Fahrzeug und jede Person an Bord ordentlich abkassiert und ein schriftliches Permit erteilt, das bei Verlassen des Parks wieder vorzuzeigen ist. Die Preise sind sehr hoch, aber nur so lässt sich in einem der ärmsten Länder der Welt der Erhalt der großen Naturschutzzonen finanzieren. Meist sind die Gebühren ja schon im Reisepreis für die Safari enthalten, was dessen Höhe erklärt.

Im Lake Manyara N.P. wurden übrigens die meisten Szenen des Hollywood- Klassikers "Hatari" mit John Wayne und Hardy Krüger gedreht. Ernest Hemingway hat die Landschaft hier als das Schönste bezeichnet, was er je in Afrika gesehen hatte. Ich habe oftmals den Eindruck, als sei die Landschaft in Pastellfarben gemalt.


Sa, 17.09.2011

Mir gehts nicht gut - der Magen. "Heute ich und morgen Gnu..."

In der Frühe starten wir zum Ngorongoro- Krater. Am Gate sind 200 $ pro Fahrzeug und 50 $ pro Person zu zahlen. Die Fahrt vom Kraterrand, ca. 2.300 m hoch gelegen, hinunter in die Caldera ist atemberaubend. Der Boden des Kraters liegt 600 m tiefer und hat einen Durchmesser ca. 20 km. Es ist spürbar kühl hier. Die Guides haben sich Pullover übergezogen, uns aber nicht vorgewarnt. So befinden sich unsere wärmenden Sachen in den verpackten Koffern und wir frösteln.

Giraffen, Impalas und Elefanten kommen meist nicht in die Caldera, den eingestürzten Vulkankrater. Wir treffen jedoch auf einen einsamen Elefantenbullen, der auf Nahrungssuche ist. Elefanten nehmen jeden Tag etwa 200 kg Nahrung zu sich, verwerten aber nur 40 % davon. Sie benötigen täglich 250.000 Kilokalorien!

Nirgends in Afrika leben so viele Groß- Tiere so dicht zusammen wie hier auf dieser relativ kleinen Fläche. Zur Zeit unseres Besuches sind Sie aber wohl auf einen Betriebsausflug, denn außer einem ruhenden Löwenrudel sehen wir nur vereinzelte andere Tiere. Die Ebene ist ausgetrocknet, die großen Herden sind auf ihrem ständigen Zug jetzt im Norden, wo noch Grünzeug zu finden ist. Sie werden erst in zwei Monaten wieder hier erwartet.

Andererseits haben wir Glück, denn in der Hochsaison gibt es hier Geländewagen- Karawanen. Bis zu einer halben Million Touristen besuchen pro Jahr den Krater, die meisten davon zwischen Dezember und März.

Wir fahren am Nachmittag weiter in die südliche Serengeti. Der letzte Abschnitt unserer heutigen Etappe geht durch eine scheinbar leblose Mondlandschaft. Hier gibt es nicht einmal eine Straße. Unsere Fahrer orientieren sich in der Dämmerung an Reifenspuren von Fahrzeugen, die vor ihnen hier durchgefahren sind. In dieser Einöde hätten wir kein menschliches Leben, vielweniger eine Lodge erwartet. Und doch taucht zu unserer großen Überraschung dann ein kleines mit wenigen Akazien bestandenes Fleckchen Landschaft auf, mitten drin die Ndutu Safari Lodge. Und der Hammer ist, es handelt sich sogar um eine der besten Unterkünfte auf unserer Safari.

Eine Besonderheit ist das bereitgestellte Waschwasser, es enthält große Mengen Soda und fühlt sich auf der Haut wie Seife an. Es wird aus einem nahen See hierher gepumpt. Das Trinkwasser gewinnt man hingegen durch Auffangen des Regenwassers in der Regenzeit. Alles sehr mühselig, weshalb zu Recht auch die Gäste um sparsamen Umgang mit dem kostbaren Nass gebeten werden.

So, 18.09.2011

Ein ganzer Schwarm Fischer's Lovebirds, eine Kleinpapageienart, nimmt gemeinsam mit einer Taube ein morgendliches Bad in der Vogeltränke vor dem Restaurant.

Wir befinden uns mitten in den südlichen Ebenen der legendären Serengeti, des bekanntesten Nationalpark Tansanias. Die Region um den Lake Ndutu liegt mitten auf der Route der großen Wanderung der Tierherden, eines der beeindruckendsten Naturschauspiele der Welt.

Serengeti ist das Massaiwort für "große Weite". Der erst vor kurzem in die Kinos gekommene Dokumentarfilm "Serengeti" (auch auf DVD/ Blue Ray) von Reinhard Radke zeigt in absolut einmaligen Filmsequenzen die Tierwelt dieser Region.

Zu Beginn des Jahres im Januar und Februar bringen alljährlich unzählige Gnus und Zebras in den südlichen Ebenen der Serengeti ihre Jungtiere zur Welt. Nach der großen Regenzeit ab Anfang Juni vereinigen sich mit dem Einsetzen der Trockenzeit rund 1,5 Millionen Gnus und Hunderttausende von Zebras zu einer riesigen Herde und brechen auf, zuerst durch das Seronera Gebiet in den westlichen Korridor der Serengeti, dann etwa ab Anfang August gen Norden in Richtung Masai Mara. Berühmt sind die großen Spektakel des River-Crossings über den Grumeti Fluss in Tansania und den Mara Fluss in Kenia, ein Festtag für die Krokodile, die auf die Gnus schon warten.

"It's rough, it's dusty, but it's an adventure!" So steht es auf den Safari- Jeeps eines lokalen Veranstalters. Das trifft des Pudels Kern!

Während unserer heutigen Pirschfahrt erwarten uns unvergessliche Tierbegegnungen. Wir treffen auf ein Löwenrudel, das sich von der Mahlzeit ausruht. Sie haben einen Büffel gerissen, dessen Kadaver sie schon weitgehend ausgeweidet haben. Hyänen warten vorsichtig darauf, auch an die Reihe zu kommen. Dazu müssen aber erst die Löwen weiterziehen.

Dann sichten wir eine Servalkatze und erstmals zwei Leoparden, die auf einer Schirmakazie Siesta halten. Lustige Gesellen sind die vielen Warzenschweine mit ihren dünnen Schwänzen, die uns an aufrecht gestellte Antennen erinnern. Hier gibt es zudem viele Thompson- Gazellen und Topi- Antilopen zu sehen.

Heute und morgen beziehen wir Quartier in einem Buschcamp, dem Ikoma Serengeti Tented Camp. Das Camp ist wenig komfortabel. Unsere Zelte liegen sehr weit entfernt von Rezeption und Restaurant und sind im Dunkeln nur mühsam mit den mitgeführten Taschenlampen oder mit Hilfe der Wächter zu finden. Das ist nicht ungefährlich, denn wie immer liegt auch dieses Camp ohne Umzäunung mitten in der Wildnis. Jemand berichtet von Löwen, die er angeblich brüllen gehört haben will. Ein anderer berichtet von gesichteten Schlangen und großen Spinnen.

Das Camp ist dennoch ausgebucht, der Andrang am abendlichen Buffet ist groß. Wir werden von einer singenden und lachenden Kellnerin bedient, die uns nach der ersten Bestellung shambala bibi sofort in ihr Herz geschlossen hat. Und als ich dann noch eine Runde Amarula für die Gruppe bestelle ist sie völlig aus dem Häuschen. Sie erinnert mich irgendwie an die junge Whoopi Goldberg.

Christine hat beim Einchecken den einzigen Zeltschlüssel ohne Trillerpfeife bekommen. Jetzt hat sie Angst. Todesmutig stelle ich ihr meine Trillerpfeife zur Verfügung, mit der sie bei Gefahr auf sich aufmerksam machen kann. Den nächtlichen Rückweg vom Restaurant zu den Zelten treten wir sicherheitshalber alle zusammen an - begleitet von mit Pfeil und Bogen bewaffneten Massais. Was davon Show und was Ernst ist, bleibt im afrikanischen Dunkel.


Mo, 19.09.2011

Prof. Bernhard Grzimek und seinem Sohn Michael haben wir es zu verdanken, dass die Serengeti noch lebt. Ihre Forschungsstation der Frankfurt Zoological Society in der Mitte der Serengeti arbeitet bis heute. Den beiden Grzimeks zu Ehren hat man ein bescheidenes Grabmal mit ihren Urnen am Rand des Ngorongoro- Kraters errichtet.

Heute machen wir erneut eine ganztägige Pirschfahrt und entdecken – eine wirkliche Sensation - einen Leoparden, der vor einer Akazie an der Straße liegt. Erst beim zweiten Hinsehen bemerke ich seine Beute. Die gerissene Antilope hat er den Baum hoch gezerrt und über eine Astgabel gelegt. Unglaublich, aber effektiv. So entzieht er seine Mahlzeit dem Zugriff von Hyänen und anderen Aasfressern.

Eine Mittagspause machen wir nahe der Grzimek- Forschungsstation und nehmen unter den Rieddächern eines Rastplatzes unsere bescheidene Mahlzeit ein. Klippschliefer und Zwergmangusten betteln unter den Tischen um Essensreste. Es ist sehr heiß heute mittag. Ich erspare mir den gemeinsamen Rundgang durch den Naturlehrpfad in der prallen Mittagsglut.

Hier ist das Stammesgebiet der bekanntesten Volksgruppe Ostafrikas, der Massai. Sie halten einerseits an ihren Traditionen fest, verstehen es aber andererseits, ihre Kultur gewinnbringend zu vermarkten. Wir besuchen ein Massai- Dorf, eine Boma. Ich frage Hosea, was der Suaheli- Begrüßung Jambo in der Massaisprache entspricht. Ero supa! begrüße ich den ersten Massai, der uns beim Aussteigen entgegen kommt. Damit hat er nicht gerechnet, schaut erstaunt seine Kollegen an und antwortet mir dann irgendetwas in seiner Stammessprache Maa. Doch kann ich das Gespräch natürlich nicht auf Maa fortsetzen. "Big White Massai" nennt er mich daraufhin unter allgemeinem Gelächter.

Das Massaidorf steht offensichtlich zum Besuch durch Touristen bereit, denn hier erwartet uns eine folkloristischen Aufführung eines Massai- Tanzes, bei der Männer und Frauen aus dem Stand in die Höhe springen. An die Umzäunung des in der Dorfmitte liegenden Kraals haben sie angeblich selbst gebastelte Souvenirs gehängt, die wir nicht unbedingt kaufen wollen: Perlenschmuck, Tierzähne, Speere, Messer und Keulen, Gürtel und Armreife. Man hat den Eindruck, als wolle Afrika den ganzen Müll, den damals die Kolonialherren als Geschenke mitbrachten, wieder an uns Europäer zurückverkaufen.

Früher haben sich die Massai nur von Tierprodukten ernährt, vornehmlich einem Gemisch aus Blut und Milch. Heute sind sie zu Allesessern geworden und selbst das Wasser lassen sie sich von Tankwagen bis ins Dorf bringen. Aus einem archaischen Hirtenvolk sind fast schon "Warmduscher" wie wir geworden. Man kann ihnen keinen Vorwurf machen, zumindest teilweise ebenfalls die Vorteile unserer Zeit zu beanspruchen. Moderne Massai sprechen heute neben Maa auch Swahili und Englisch. Ihre traditionellen Riten und Zeremonien haben sie aber bis in die Gegenwart gerettet. Massai glauben, ihr Schöpfergott Enkai habe ihnen die Verantwortung für alle Rinder auf unsere Erde übertragen - eine wirklich schwere Bürde, wie ich meine.


Di, 20.09.2011

Unsere Route führt uns zur Olduvai-Schlucht. Sie gilt als Wiege der Menschheit, da hier bedeutende steinzeitliche Funde von Hominiden- Fossilien gemacht wurden. Es gibt eine überdachte Aussichtsplattform und ein kleines Museum mit Fotos von den Ausgrabungen und Versuche der bildlichen Darstellung unserer Vorfahren.

Dann gehts weiter in die Ngorongoro- Berge, wo wir am späten Nachmittag in der gemütlichen Rhotia Valley Tented Lodge eintreffen. Die Lodge wird von einem sympathischen holländischen Ärzteehepaar betrieben. 20 % der hier erzielten Überschüsse werden für die Finanzierung eines angegliederten Waisenhauses verwendet, das die beiden gegründet haben.

HIV- Waisen und Kinder von verunfallten Eltern werden hier aufgenommen und von Leihmüttern in ihren angestammten Traditionen erzogen. Man will nicht das System der SOS-Kinderdörfer übernehmen, das man als traditionsfremde Luxusversion eines Waisenhauses ablehnt. Das hat mich nachdenklich gestimmt.

Auf 1.800 m Höhe wird es auch hier nachts ziemlich kühl. Wie an allen vorherigen Tagen schlafen wir wie die Murmeltiere. Einzelne Mitreisende wollen in der Nacht Holzfällergeräusche gehört haben...


Mi, 21.09.2011

Nach etwa 100 km Fahrt erleben wir heute einen der landschaftlich schönsten Parks Tansanias, den Tarangire Nationalpark. Mächtige Affenbrotbäume (Baobabs), weite Savanne und rote Erde – eine herrliche Kulisse für Tieraufnahmen. Auf unserer ausgedehnten Pirschfahrt treffen wir nicht nur auf eine der hier besonders zahlreich vorkommenden riesigen Elefantenherden. Auch große Gnu- und Zebraherden, viele Giraffen, Antilopen und Raubtiere sind hier zu Hause.

Dann bekommen wir einen Gepard zu sehen. Er läuft zunächst neben unserem Fahrzeug her, passiert dann vor uns die Strasse und legt sich im hohen Gras zur Mittagsruhe.

Am Abend gibt es ein Problem. Wir wollen in die Osupuko Lodge einchecken. Aber die örtliche Agentur hat ein Einzelzimmer zuwenig gebucht. Das Malheur löst man vermeintlich, indem man ein EZ einfach auf eine andere Unterkunft umbucht. Doch damit hat man die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wir akzeptieren nicht, dass die Gruppe am letzten Abend der Rundreise getrennt wird. Das heißt, nicht alle, denn ein Mitreisender hat schon mal vollendete Tatsachen geschaffen und sich sicherheitshalber ein EZ durch sofortiges Einchecken gesichert. Er meint allen Ernstes, ein vermeintliches "Recht des geringfügig Älteren" zu haben! Schließlich lösen wir das Problem, indem Rüdiger und ich uns bereit erklären, in ein benachbartes Tented Camp verlegt zu werden. Es ist immer wieder erstaunlich, welche gruppendynamischen Prozesse in solchen Situationen ablaufen, bei denen Einzelne ihren Egoismus dreist durchsetzen.


Do, 22.09.2011
Morgens begeben wir uns auf eine letzte Pirschfahrt durch den Tarangire Nationalpark und genießen weitere spannenden Tierbegegnungen - ein schöner Abschluss dieser unvergesslichen Reise! So sehen wir u.a. einen Rivalenkampf zwischen zwei jungen Elefantenbullen, der wie ein vertrauliches Tête-à-tête beginnt und mit wuchtigen Schlägen der Stoßzähne und dem Abzug des Unterlegenen endet.

Nach einem gemeinsamen Lunch in der Osupoko Lodge brechen wir langsam auf zu dem zwischen Arusha und Moshi gelegenen Kilimanjaro International Airport. Auf dem Kili Airport landen und starten KLM, Ethiopian Airlines und eine Inlandsfluggesellschaft, insgesamt ca 3-5 Flüge pro Tag, ganz schön international, oder? Unser Flug geht am Abend via Dar Es Salaam nach Amsterdam.

Fast 4.000 km Fahrstrecke durch die Wildnis Afrikas liegen hinter uns.


Fr, 23.09.2011

Gegen Mittag treffen wir in Düsseldorf ein. Die Safari war "hard and heavy" und sie wird unvergesslich bleiben. Ich kann nur jedem Naturliebhaber zu diesem Reiseziel raten.

"Wir hatten Afrika noch nicht verlassen", berichtete Hemingway damals, "aber wenn ich nachts aufwachte, lag ich lauschend da, bereits voller Heimweh danach."

Nochmal in den Süden? Bitte sehr:

Tansania - Teil 1: Der Süden

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*Maps courtesy of www.theodora.com/maps used with permission.

Unterstützen Sie die Flying Doctors`Society of Africa, AMREF mit einer "Touristen-Mitgliedschaft". Damit sorgen Sie nicht nur für Ihre eigene Sicherheit in Ostafrika (Evakuierung im medizinischen Notfall). Durch Ihre Unterstützung kann der Notdienst auch in Not geratene, bedürftige Afrikaner befördern. Ich meine, das ist ein besserer "Versicherungsvertrag", als ansonsten üblicherweise die Versicherungsgesellschaften zu bereichern.

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Meine Literatur Empfehlungen: (ein Klick auf den Buchtitel führt Euch zu weiteren Infos und zur Direktbestellung bei amazon.de):

Der beste, weil umfassendste Reiseführer zu Tansania kommt aus dem Reise Know-How Verlag. Mit seinen fast 1.000 Seiten Inhalt wiegt er aber auch etwas mehr als andere Reiseführer. Man muss also abwägen, ob man ihn mit auf die Reise nimmt.

Unbedingt mitnehmen sollte man aber die im gleichen Verlag erschienene Landkarte (World mapping project). Sie ist reiß- und wasserfest und beschreibbar wie Papier.

Für alle Hobbyfotografen und Semiprofessionellen noch ein ganz besonderer Tipp: "Wildlife-Fotografie", Mit der Digitalkamera unterwegs in der Serengeti, von Uwe Skrzypczak, Dpunkt.Verlag. Dieses reich bebilderte Fachbuch ist ein Lehr- und Lernbuch im besten Sinne. Wer richtig gute Tierfotos machen will, sollte sich dieses Buch zulegen. Es lohnt sich.

Bei meinen Empfehlungen darf der DVD- Tipp "Serengeti", ein Film von Reinhard Radke, nicht fehlen.

In atemberaubenden Filmsequenzen wird das Leben in der Serengeti und die Geschichte der großen Tierwanderungen erzählt - ein Meisterwerk! (auch als Blu-ray oder 3D Blu-ray verfügbar)

"Hummeldumm", ein Comedy- Roman von Tommy Jaud schildert die Erlebnisse von "9 Idioten in Wanderkleidung" auf einer organisierten Gruppenreise in einem Kleinbus durch Namibia. Das Reiseziel ist beliebig austauschbar, die Personen auch. Es gibt unglaublich viele Parallelen zu unserer Reise durch Tansania... Keine Literatur am Hochreck, aber ein herrlich leichtes Lesevergnügen!

 

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Hier gibt es den Reisebericht als PDF zum Ausdrucken.

Und hier gehts zurück zur Startseite: www.travelhomepage.de (falls es mit dem Slide-In-Menü am linken Rand nicht klappen sollte...)