Teil 1: Der Süden

Diesmal soll es eine Wildlife- Fotosafari sein. Natur statt Kultur! Die neue Bridgekamera muss jetzt beweisen, was sie in Verbindung mit meinen bescheidenen Fotografierkünsten leisten kann. Mit meinem bewährten Reisebegleiter und Freund Rüdiger habe ich mich für das Zielland Tansania entschieden und eine Safari bei Take Off Reisen aus Hamburg gebucht.

"Me and a Gnu and a Hog named Boo" so ähnlich hieß ein Ohrwurm von Hobo aus den 70er Jahren. (Ich hab den Titel mal etwas tansaniert...) Die Tierwelt Ostafrikas wartet auf uns - und dazu herrliche Landschaften.

Tansania hat mehr Landfläche als Deutschland und Frankreich zusammen, aber nur 45 Mio Einwohner. Die Staatsgrenzen sind ein Erbe der Kolonialzeit und damit ein willkürlicher Ausschnitt aus der Landkarte Afrikas. Tanzania wurde 1961 unabhängig und gehört heute - traurig aber wahr - zu den ärmsten Ländern der Welt.

Mo, 05.09.2011

Unsere kleine Reisegruppe besteht aus elf Personen. Wir fliegen mit KLM über Amsterdam nach Dar Es Salaam, wo wir 8000 Flugkilometer weiter am späten Abend ankommen - in Ostafrika, nur wenige Kilometer südlich des Äquators. Zunächst brauchen wir ein Visum für die Einreise. Das stempelt man uns nach Ausfüllen des üblichen Fragebogens und Zahlung einer Bearbeitungsgebühr von 50 USD in unseren Pass.

Dar Es Salaam
ist die größte Stadt Tansanias und Regierungssitz, die Hauptstadt hingegen ist das bei uns wenig bekannte Dodoma, 400 km weiter westlich gelegen.

Am Flughafen werden wir von Nassaro, einem jungen Tansanier begrüßt, der mit seinen bescheidenen Deutschkenntnissen für die nächsten 2 1/2 Wochen unseren Guide abgeben will. Es folgt der Transfer zum zentral gelegenen von uns gebuchten Harbor View Hotel, wo sich herausstellt, dass nur Zimmer für die Hälfte der Gruppe bereitsstehen. Fünf von uns, ich auch, werden kurzerhand in das weitaus schlechtere Rainbow Hotel verlegt, das mit schmuddeliger Bettwäsche und unsauberen Zimmern nicht gerade für einen guten Reiseauftakt sorgt. Aber es ist fast Mitternacht und wir haben keine andere Wahl. Also Augen zu und durch...

Der Virus Africanus hat mich schon seit langem infiziert - gegen den Rest muss man sich schützen. Mein Hausarzt und Reisemediziner: "In Ostafrika wartet alles darauf, Sie zu töten oder als Wirt zu benutzen!" Also habe ich mir das volle Impf- und Malariaprophylaxe- Programm angetan. Glücklicherweise vertrage ich alles ohne Nebenwirkungen.

Di, 06.09.2011

Safari ist das Swahili- Wort für "Reise" - und die beginnt für uns hier in Dar Es Salaam.


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Auf zwei Toyota Landcruiser verteilt wird unsere kleine Gruppe die nächsten 17 Tage durch Tansania cruisen. Die Abfahrt ist für 8:00 angekündigt aber weit und breit sind keine Safarifahrzeuge vor dem Hotel zu sehen. Sie treffen erst gegen 8:30 ein.

Wir müssen uns noch an den afrikanischen Pünktlichkeitsbegriff gewöhnen... "Pole, Pole!" - Swahili für "Langsam! Langsam!" soll noch zum Running Gag werden. Unsere Fahrer, Hosea und Paul, werden sich ansonsten als zuverlässig und geländeerfahren bewähren.

Heute werden wir ca. 320 km durch offenes Grasland und vorbei an zahlreichen Sisal- Agaven Plantagen zum Mikumi Nationalpark fahren. Die landwirtschaftliche Produktion von Sisal gehört neben Kaffee und Tee zu den Hauptexportartikeln von Tansania.

Der Mikumi NP wird begrenzt von den Uluguru Bergen im Osten und den Rubeho Bergen im Westen. Nach sechsstündiger Fahrt treffen wir am Nachmittag im Stanleys Kopje Tented Camp ein und beziehen unsere Safari- Zelte. Das Camp liegt auf einem Kopje, einer alleinstehenden Felsformation wie man sie überall im Land antrifft. Jetzt sind wir "in the thick of it", also mittendrin in der Tierwelt Afrikas.

Bei den Unterkünften in Tented Camps handelt es sich durchgehend um aufgeständerte Plattformen, auf denen große Wohnzelte errichtet wurden, die wiederum von einem Riedgrasdach beschirmt werden. Im vorderen Teil eines solchen Zeltes befindet sich ein großes Bett mit Moskitonetz- Baldachin, im hinteren das bescheidene Sanitärabteil. Vor dem Zelt liegt eine kleine Terrasse, von der aus man oftmals Tiere beobachten können soll. Wenn wir eintreffen, ist es meist sofort dunkel, so dass wir nur den sternenklaren afrikanischen Nachthimmel bewundern können. Aber auch dieser Anblick ist sehr sehenswert.

Strom ist nur in einem bestimmten Zeitfenster, z.B. von 18:30 bis 22:30, verfügbar, da er durch Generatoren erzeugt werden muss. Warmwasser gibt es hingegen rund um die Uhr. Es wird durch Solarzellen erwärmt und in großen schwarzen Plastiktanks gelagert. Zu jedem Camp gehört ein Hauptgebäude mit großer Terrasse, wo Rezeption und Restaurant/Bar zu finden sind.

Natürlich gibt es Qualitätsunterschiede bei den Tented Camps. Hier im Stanleys Kopje, das zur Fox- Gruppe gehört und von einer sympathischen Australierin gemanagt wird, sind die Zelte eher Bungalows aus Zeltbahnen.

Am Nachmittag unternehmen wir eine erste kurze Pirschfahrt. Die bewährten Toyotas sind mit 5 bzw. 6 Reisenden besetzt, von denen alle einen Fensterplatz haben. Zwischen den Sitzen kann man sich aufrecht hinstellen und durch das hochzustellende Wagendach Tiere beobachten und fotografieren.

Schon bei der Anfahrt zum Camp waren mir die blauen Tücher aufgefallen, die am Wegesrand in einige Sträucher gebunden waren. Blau ist die Lieblingsfarbe der Tsetse- Fliege und diese Tücher sind mit Gift imprägniert. Die Tsetse ist die Überträgerin der Schlafkrankheit, einer Krankheit mit möglichem tödlichen Ausgang, gegen die es bisher keine Impfung gibt. Der Stich der Fliege ist schmerzhaft. Einige von uns sollen trotz äußerster Vorsicht damit Bekanntschaft machen. Aber nur ein geringer Teil der Stechfliegen ist Krankheitsüberträger.

Und dann ist es soweit, ich kann es kaum fassen: Mein erster Löwe! In Südafrika und Namibia habe ich vergeblich nach den Großkatzen Ausschau gehalten - und hier sehe ich direkt eine auf der ersten Pirschfahrt. Der Löwe wartet versteckt im hohen Gras auf Beute (Zebras, Gnus, Impalas, Büffel...), die sich über kurz oder lang am Wasserloch einfinden wird. Die bereits anwesenden Elefanten scheinen ihn ebenso wenig zu interessieren wie umgekehrt. Leider werden wir nicht Zeugen seines Erfolgs oder Misserfolgs in der anbrechenden Nacht.

Unser "Driver Guide" Hosea ist sehr bemüht, uns anhand mitgeführter Tier- und Pflanzenbestimmungsbücher die hiesigen Spezien näherzubringen.

Am Abend werden wir mit einem ausgezeichneten Dinner verwöhnt, das Ambiente hat einen Hauch postkolonialer Dekadenz. Man kennt es aus Filmen wie "Jenseits von Afrika". Die Nacht im Zelt wird kühl. Die Temperatur sinkt auf gefühlte 10° C und nur mit dem Bettlaken bedeckt wird es unangenehm zugig, da ständig ein leichter Wind durch die offenen Fenster weht. Es gibt aber Wolldecken. Denen begegne ich mit Skepsis, denn gelegentlich wird man hier von Bettwanzen gebissen, deren Heimstatt wohl diese Decken sind.


Mi, 07.09.2011

Den ganzen Tag verbringen wir heute auf Pirschfahrt durch den Mikumi Nationalpark. Dabei kommt es zu spannenden Begegnungen mit Giraffen, Zebras, Pavianen, verschiedenen Antilopen- und Gazellenarten, Gnus und Kaffernbüffel. Fast hätte ich vergessen, die Elefanten zu erwähnen, von denen es hier sehr viele gibt. So passiert es dann auch, dass Hosea erst unmittelbar vor einer Elefantenfamilie den Wagen zum Halten bringen kann, weil diese urplötzlich aus dem Dickicht auf die Schotterstrasse heraustreten. Wir stehen dem Leittier Auge in Auge gegenüber. Aber bis auf Muttertiere, die ihren Nachwuchs beschützen wollen, und einige "crazy elefants" sind die großen Säuger friedlich.

"Giraffen auf 2 Uhr!" So teilen wir uns untereinander die Sichtung von Tieren mit. Dabei liegt bezogen auf die Längsachse des Fahrzeuges "12 Uhr" vorne und "6 Uhr" hinten.

Heute mittag gibt es das erste Lunchpaket, von denen wir in den Folgetagen noch so viele bekommen werden, dass deren fast immer gleicher Inhalt uns zum Halse heraushängen wird. Ein solches Lunchpaket besteht üblicherweise aus 1 Banane oder 1 Stück Melone, 1 hartgekochten Ei, 1 Sandwich oder Samoa und einem gebratenen kalten Hühnchenteil. Als Getränk wird Mineralwasser gereicht, das wir übrigens während der täglichen Fahrten immer ohne weiteren Aufpreis aus der im Wagen mitgeführten Kühlbox bekommen.

Der Mikumi NP bildet den nördlichen Teil des größten Wildreservats Afrikas, des Selous Game Reserve. Dieser Park erinnert sehr an die Steppen der Serengeti, die wir später noch sehen werden.

Neben den bereits aufgezählten Tierarten sind hier mehr als 400 Vogelarten, darunter sehr farbige Vertreter, zu finden. Eine weitere Attraktion sind die Flusspferde, die an zwei Wasserstellen, in ständiger Gesellschaft mit den Wasservögeln leben.


Do, 08.09.2011

Nach einer Fahrt von ca. 380 km erreichen wir den inzwischen größten Park Tansanias, den Ruaha Nationalpark. Er ist gleichzeitig der am wenigsten besuchte Park und liegt wirklich abseits der Touristenpfade. Neben den Elefanten, 12.000 an der Zahl, trifft man hier auf zahlreiche Giraffen, große Büffelherden, Zebras, Impalas, Hyänen und auf Schabrackenschakale. Auch alle afrikanischen Großkatzen sind hier zu Hause.

Im Great Ruaha River leben Hippos und Krokodile in wirklich großer Anzahl. Nur hier überschneiden sich Tier- und Pflanzenwelt des östlichen und südlichen Afrikas. Die wilde und unwegsame Landschaft mit Affenbrotbäumen (Baobabs) und Akazien, Sümpfen, Wäldern und offenem Grasland ist in der Verbindung mit dem einzigartigen Tierreichtum einfach wunderschön.

Wir empfinden es als sehr angenehm, dass hier kaum Touristen unterwegs sind. Weniger angenehm ist der Straßenzustand, der unseren Bandscheiben Höchstleistungen abverlangt. Das letzte Stück Wegstrecke bis zur Ruaha Hilltop Lodge ist von den Fahrzeugen nur mit eingelegtem Sperrdifferential zu schaffen. Off Road pur!

Hujambo! (kurz auch Jambo!), das heisst "Hallo, wie gehts?" auf Swahili. Die Antwort lautet Sijambo! oder ebenfalls Jambo! Das Personal der Lodge heißt uns mit einem herzlichen Karibu! willkommen.

Die Leute warten bei jeder Ankunft darauf, das Gepäck der Gäste tragen zu dürfen, und freuen sich über jede Dollarnote als kleines Dankeschön. Auch hier in der Ruaha Hilltop Lodge werden wir freundlich und warmherzig, ja geradezu familiär begrüßt. Man fühlt sich sofort zuhause und sieht über kleine Unzulänglichkeiten gerne hinweg.

Nach einem späten Lunch brechen wir noch zu einer Sundowner- Fahrt auf, die uns zu einem der "Hippo Pools" führt, wo sich Flusspferde und Krokodile das Bad im Ruaha River teilen.

Die Dunkelheit bricht hier wegen der Äquatornähe sehr schnell an. Genauso schnell wird es morgens auch wieder hell. Unsere Fahrer bemühen sich, am Abend immer im Hellen die Unterkünfte zu erreichen. Das gelingt ihnen auch. Ansonsten könnte es z.B. bei Pannen gefährlich werden. Die Dunkelheit ist bekanntlich die Jagdzeit vieler Fleischliebhaber.

Abends werden in der Gruppe die Probleme der Welt beim Bier diskutiert - aber nicht gelöst.


Fr, 09.09.2011

Da die Gruppe zu 90% aus 50 plus-lern besteht, haben wir wegen zunehmender seniler Bettflucht kein Problem mit dem Frühaufstehen. Außerdem hat keiner von uns einen Wellness- Urlaub gebucht.

Ein guter Kunde hat mir einen Rat mit auf die Reise gegeben: Halten Sie sich von Hecken fern, dort hält sich die Schwarze Mamba auf, die als eine der gefährlichsten Schlangen der Welt eingestuft wird. Sie ist sehr schnell, ihr Gift ist oft tödlich und sie ist von Grund auf nervös – und wenn sie sich bedroht fühlt, sehr aggressiv. Auch Skorpione und Vogelspinnen sind in Tansania zuhause. Also, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!

Heute wirds spannend. Wir fahren zum Headquarter des Parks, wo uns vier bewaffnete Park- Ranger erwarten. Mit ihnen zusammen brechen wir zu einem Fußmarsch entlang des Ruaha Rivers auf. Die Ranger geben uns einige interessante Informationen zur Fauna und Flora des Parks und verschaffen uns trotz ihrer alten Karabiner mit der Aufschrift "Mauser 1912" ein gewisses Sicherheitsgefühl. Das ist auch nötig, denn wir laufen hier nicht durch einen Zoo, sondern durch die freie Wildbahn. Krokodile, Flusspferde, Zebras, Affen und Wasserböcke bekommen wir zu sehen, und einige Elefanten müssen erst von den Rangern vertrieben werden bevor wir weiter gehen dürfen. Der Weg ist in der Mittagshitze sehr beschwerlich und ich bin heilfroh, dass wir nach 2 1/2 Stunden wieder auf unsere Safari- Fahrzeuge treffen und ich mich mit Mineralwasser übergießen kann.

Nach dem Verzehr der mitgebrachten Lunchbox geht es mit den Fahrzeugen weiter. Die Hippo Pools haben auf uns eine anziehende Wirkung. Die imposanten, bulligen Tiere wirken sehr gemütlich, wenn sie so träge und faul im Wasser liegen. Aber wehe, sie verlassen das Wasser. Ein Mensch, der zwischen einem Hippo und dem Wasserloch steht, das das Tier aufsuchen will, hat verdammt schlechte Karten! Man glaubt es nicht, aber die meisten tödlichen Unfälle, bei denen Menschen auf afrikanische Wildtiere stossen, werden durch Flusspferde verursacht. Hippos sind reine Pflanzenfresser, haben aber trotz ihrer bis zu zwei Tonnen Gewicht eine unglaubliche Antrittsgeschwindigkeit und messerscharfe Eckzähne.

Zurück in der Lodge nehme ich erst einmal eine erfrischende Dusche. Über die Duschkabine wollen wir hier mal den Mantel des Schweigens ausbreiten. Sie erfüllt ihren Zweck. Die Hütten sind einfach eingerichtet, das große Bett ist viel zu kurz, so dass ich quer darin schlafen muss. Aber das Moskitonetz hält, was es verspricht. Ist aber auch kein Kunststück, ich habe keine einzige Mücke im Zimmer gesichtet.

In der kleinen Bar dudelt die Titanic- Melodie. Hier gibt es Kilimanjaro- und Safari- Bier, englische Lagerbiere. Barkeeper Amani hat einen Vorrat für uns besorgt. Die Ansprache Giorgio hat er wohl schon öfters gehört, dennoch lächelt er dazu. Das "Kili" und später das Serengeti werden unsere Favoriten. Einige Dienstmädchen spielen am einzigen Tisch hier Poolbillard - während die Gäste zuschauen. Auch das ist Afrika. Hakuma matata! - no problem!


Sa, 10.09.2011

Das typisches Frühstück sieht auf einer Safari so aus:
- Nescafe oder Tee, Fruchtsaft
- portioniertes Obst (Melone, Banane, Papaya)
- Toast mit Bohnen und Ei, manchmal Speck oder Würstchen dazu
Die Engländer haben die Esskultur auch hier versaut!

Die Dialoge zwischen Freund Rüdiger und mir erinnern Christine an den Film "Ein seltsames Paar" mit Jack Lemmon und Walter Matthau, sagt sie. Da können wir ja froh sein, dass wir sie nicht an Waldorf und Stadtler aus der Muppet- Show erinnern.

Am östlichen Rand des Parks wird das unwegsame, halbtrockene Buschland vom Ruaha River durchzogen. Das Leben der Tiere spielt sich großteils nahe dieser Lebensader ab und bietet dem Beobachter immer imposante Tierschauspiele. So tummeln sich Flusspferde und Krokodile im kühlen Nass, während Wasserböcke, Impalas und andere Antilopen ihr Leben für einen Schluck Wasser riskieren. Die Bedrohung kommt jedoch nicht nur aus dem Wasser – in den dichten Büschen lauern auch Löwen, Geparden, Wildhunde sowie Streifen- und Tüpfelhyänen.

Viele Antilopenarten sind hier beheimatet. Neben den überall vertretenen Impalas finden sich hier die Topi- Antilope, die Grantgazelle ebenso wie der große Kudu mit seinen auffallenden korkenzieherförmigen Hörnern.

Hosea bringt uns die Kisuaheli- Namen für die heimischen Tiere bei: Simba - Löwe, Tembo - Elefant, Twiga - Giraffe, Nyumbu - Gnu, Mamba - Krokodil, Chui - Leopard, usw....

Neu für mich: Hatari bedeutet Gefahr.


So, 11.09.2011

Die Essensportionen werden in der Ruaha Hilltop Lodge immer kleiner. Das war uns schon gestern abend aufgefallen. Das bestellte Rührei hat heute nur noch die Größe eines halben Wachtelei- Rühreis. Merkwürdig! Wir verhungern nicht, aber offensichtlich kontingentiert das Küchenpersonal hier zu Lasten der Gäste. Aber wie gesagt, hakuma matata!

Heute führt uns eine lange Fahrt in die Udzungwa Berge, eines der verbliebenen großen Waldgebiete in Ostafrika. Am Wegesrand werden rote Zwiebeln verkauft, die man kunstvoll zu kleinen Pyramiden in 5 l Eimern aufgetürmt hat. Auch Paprika, Tomaten, Okra und die afrikanischen Auberginen, die wie weiße Tomaten aussehen, sowie Guaven werden hier den Reisenden angeboten.

Die Strecke durch die Berge hat es in sich. An den Gefälleabschnitten werden wir Zeugen von schweren Lkw- Unfällen. Die Fahrer haben bei versagenden Bremsen im abschüssigem Gelände nur eine Chance zu überleben. Sie müssen ihre tonnenschweren Lastzüge gegen die Felswand lenken. Das geht oft ins Auge und die Laster überschlagen sich und stürzen mit den Fahrern in die Tiefe. Die Anzahl tödlicher Unfälle in Tansania ist erschreckend hoch. Man sagt, dass in Europa ausgemusterte Lkws erst in den Osten verkauft werden um dann, wenn sie auch dort nicht mehr den Mindestanforderungen genügen, in Afrika zu landen. Jede Fahrt mit diesen Schrottkisten ist für die afrikanischen Fahrer ein Himmelfahrtskommando.

Zufahrten zu den meisten Lodges und Camps auf unserer Reise können oftmals weder als Straße noch als Feldweg bezeichnet werden. Sie sind entweder Geländewagenstrecke der schwierigsten Kategorie oder schlichtweg gar nicht vorhanden. Auch hier in den Udzungwa Bergen fahren wir vorbei an einigen ärmlichen Hütten und Gärten, dichter Regenwaldvegetation und über Stock und Stein - bis plötzlich wie aus dem Nichts das Empfangsgebäude der Lodge vor uns auftaucht. Und zu unserem großen Erstaunen handelt es sich um eine Lodge der gehobenen Klasse mit liebevoll gepflegter Gartenanlage und Swimmingpool. Die Udzungwa Falls Lodge bietet vom Laundry- Service bis zum Internetzugang so ziemlich alles, was man sich als Luxus in Ostafrika vorstellen kann.

Barkeeper Frank präsentiert uns ein kühles Premium Serengeti Lager- Bier, das in der Folge unser Favorit werden soll und das Kili in unserer Gunst ablöst. Frank bringt uns auch einen anderen Begriff für Serengeti bei: shambala bibi. Das soll in den nächsten Tagen das Zauberwort bei der Bierbestellung werden und für viel Spaß bei den Kellnern sorgen. Bier wird von Tansaniern übrigens vorzugsweise warm getrunken. Wenns schmeckt... Auch mit Spirituosen ist Franks Arbeitsplatz gut bestückt. Deshalb kosten wir hier den beliebten heimischen Zuckerrohrschnaps Konyagi (34% Vol.) - für uns nicht gerade der Geheimtipp der Saison!

Zur Abwechslung genießen wir es mal wieder beim Dinner bedient zu werden - wenn auch nach afrikanischer Manier sehr, sehr langsam. Die servierten Speisen schmecken uns aber ausgezeichnet. Das Dinner wird folkloristisch untermalt durch eine Gruppe Musiker und Sänger aus der Umgebung. Ehrlich gesagt wirkt deren Musik aber auf mich eher nervtötend. Totmüde fallen wir anschließend in die Betten und schlafen den Schlaf der Gerechten. Die Abende werden während unserer Safari nie besonders lang.


Mo, 12.09.2011

Die Udzungwa Berge haben eine einzigartige Flora und Fauna. Restlos erforscht sind diese Berge noch lange nicht. Vor Zeiten hingen sie mit Madagaskar zusammen, Wälder und Sümpfe haben eine ähnliche Flora.

Nach dem Frühstück wird eine Wanderung zu den insgesamt 310 m hohen Sanje Wasserfällen angeboten, die ich dankend ablehne. Ich nutze den heutigen Tag für eine Auszeit und lege mich in und an den Pool. Ein Paradies mitten in der Wildnis! Ich bin der einzige Gast tagsüber in der Lodge - neben dem einen oder anderen Affen...

Der Rest der Gruppe kommt erst am Nachmittag zurück und berichtet von einem anstrengenden Marsch durch den Urwald und die Überwindung etlicher Höhenmeter. Einige sind sehr erschöpft. Ich stelle heimlich fest, dass meine Entscheidung richtig war. Ich hätte ja was verpassen können, aber meine Mitreisenden beruhigen mich diesbezüglich. Leider haben Sie unterwegs nicht die nur hier vorkommenden Affen gesichtet, die im Reiseführer erwähnt wurden. Dafür gab es jede Menge Vegetation, Vögel und Insekten zu bewundern. Oben an den Wasserfällen hatte sich für sie ein überwältigender Blick eröffnet.

Der 1992 durch die Unterstützung des World Wildlife Fund (WWF) eröffnete Udzungwa Nationalpark ist kein typisches Ziel für Tiersafaris, dafür aber ein magischer Anziehungspunkt für Wanderer und Naturfreunde. Wegen seines Schatzes an endemisch vorkommenden Pflanzen und Tieren, wird dieses Gebiet landläufig auch als das „Galapagos Afrikas“ bezeichnet.

Jede Lodge hat ihren eigenen Curio Shop, einen Andenken- und Souvenirladen, wie man sie auch überall unterwegs an den Straßen der Ortschaften findet. Ich frage mich allen Ernstes, ob die Händler auch nur 1 % ihres Angebotes verkaufen. Wenn ja - was eher unwahrscheinlich ist -, muss der Verkaufspreis gegenüber dem EK astronomisch hoch kalkuliert sein - und immer noch billig für die Touris. Was es hier so zu kaufen gibt, spricht mich nicht im geringsten an: naive Tier- und Landschaftsmalerei, Schnitzwerk, Ketten und die unvermeidlichen T-Shirts mit Afrikamotiven, die vermutlich aus Bangladesh importiert wurden.


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Tansania - Teil 2: Der Norden

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*Maps courtesy of www.theodora.com/maps used with permission.

Hier gibt es den Reisebericht als PDF zum Ausdrucken.

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