Auf dem Weg von Trinidad nach Camagüey machen wir Mittagspause in Sancti Spiriti, ein touristisch eher unbedeutender Ort. Wir versorgen uns in einer Bank mit Bargeld und schlendern durch die kleine Stadt. Franlyt gibt einen aus: fritierte Plätzchen aus Maniok- Teig (schmecken ähnlich wie Reibekuchen) und Churros. Für Churros wird eine dünne Wurst aus Kartoffelbrei in heißem Fett fritiert, dann in kurze Stücke gebrochen, mit Zucker bestreut und in kleine Papiertüten abgefüllt. Schmeckt klasse!
In
einem Hinterhof der kleinen Einkaufsstraße ist ein ständiger
Bauernmarkt zu finden, ein Karree aus fest gemauerten, überdachten
Verkaufsständen, an denen Feldfrüchte, Obst und Schweinefleisch
verkauft werden. Das Warenangebot ist natürlich nicht mit dem
südeuropäischer Markthallen vergleichbar.
In dem hübschen
Patio der
Taberna Don Pepe kehren wir zu Nudeln und Salat ein. Das Obst dazu
kommt vom Himmel oder besser: von einem Papaya- Baum, von dem eine
Frucht auf uns niederfällt. Der Patio liegt direkt neben
dem
Puente Yayabo, der einzigen erhaltenen steinernen Bogenbrücke
Cubas. Die unvermeidlichen Tischmusikanten stellen sich sofort ein,
als hätten sie uns gewittert. Wie üblich endet das Konzert
mit dem Anbieten ihrer Musikaufnahmen auf CD und umlaufendem (Sammel-)
Hut. Toni läßt sich noch schnell von einem Schuhputzer
seine Stiefel polieren.
Nach ziemlich langer
Fahrt erreichen wir unser heutiges Tagesziel Camagüey.
Die Überwindung von Entfernungen ist in Cuba nicht mit deutschen
Verhältnissen vergleichbar. Das liegt nicht daran, daß
man hier besonders langsam und bedächtig fährt - das Gegenteil ist der Fall
-, sondern an den schlechten Straßenzuständen. In Camagüey
checken wir im alt-ehrwürdige Gran Hotel ein. Das kürzlich
in freundlich- hellen Pastellfarben renovierte Hotel liegt
im historischen Zentrum Camagüeys. In dem sicher besten Hotel
am Platz liegen die Zimmer wie gewohnt entweder zum mit lärmenden
Kühlaggregaten vollgestopften Innenhof oder nach außen
zur ebenfalls lärmenden Straße. Man hat also die Wahl zwischen
"Regen und Traufe".
Wir Männer ziehen
noch etwas durch das abendliche Camagüey und kehren dann in einen
Mini- Paladar ein, dessen 5 qm großer "Gastraum" aus
einem Tisch, 4 Stühlen und 1 Barhocker besteht und der zur direkt
daneben liegenden Straße offen ist. Hier lassen wir uns für
wenig Geld mit frisch gerösteten Sandwiches und pollo frito (fritierten
Hähnchenbollen) verwöhnen und machen uns daran, die "Minibar",
d.h. den verglasten Kühlschrank um
sein lokales Bier zu plündern. Wir probieren alle 3 Sorten (Cristal,
Mayabe und Hatuey) durch und stapeln die leeren Blechdosen auf dem
Tisch. Als Digestif wünschen wir uns einen Mojito. Den gibts
hier aber nicht, jedoch - kein Problem, man telefoniert und wenige
Minuten später serviert uns der Kellner eines nahen Hotels 5
Mojitos! Das ist Cuba. Einmal auf den Geschmack gekommen lassen wir
dann den Abend auf der Dachterasse des Gran Hotels ausklingen, nachdem
Andreas den Barkeeper instruiert hat, daß wir Mojitos especiales
möchten: mit viel Geschmack oder wie wir sagen "auf bergische
Art", da Andreas aus Wuppertal kommt. Die Qualität cubanischen
Rums - für die Cocktails wird meist der 3- jährige Havana
Ron verwendet - ist wirklich gut, denn keiner von uns hat am nächsten
Morgen einen dicken Kopf.
Nach
dem Frühstück folgt die obligatorische Stadtbesichtigung:
Kirchen, Plätze, Gebäude, Statuen. Für mich sind hier
die scheinbaren Nebensächlichkeiten am Rande interessanter, z.B.
der Spanferkel- Stand. Cubaner lieben Schweinefleisch. In einer Nebenstraße
ist der Vorraum einer kleinen Bar über und über mit Filmplakaten
tapeziert, dazu Bilder von Camillo Cienfuegos,
Che Guevara und Fidel, die neben Frank Pais, Raul Castro, Jose Antonio
Echevaria, Celia Sanchez und Haydee Santamaria die Hauptköpfe
der Revolution waren. Auf dem Platz vor der Iglesia de Nuestra Senóra
de la
Merced
höre ich aus einem offenen Fenster Klaviermusik. Ich frage Franlyt,
wer da spiele. Er sagt, es sei Chucho Valdés, weltberühmter
Pianist des klassischen Latino- Jazz. Franlyt hilft mir, eine CD von
Chucho Valdés zu kaufen. Kurz danach läuft uns auch noch
der berühmteste Pianist von Camagüey in die Arme, den Franlyt
persönlich kennt.
Toni
wartet schon mit dem Bus. Wir verproviantieren uns an einer Tankstelle
wieder mal mit Mineralwasser. Heute hat
Dirk
Geburtstag. Andreas hat im Laden neben der Tankstelle als Überraschung
für ihn einen typischen cubanischen Kuchen gekauft, gefüllter
Bisquitboden, außen reichlich mit rosarotem Zuckerbaiser verziert.
Während der Fahrt im Bus serviert Dirk - mangels Kuchenteller - jedem ein Stück auf den Seiten
des Merianheftes "Cuba". Lecker! Aber das ist noch nicht
alles. Dirk hat sich am Vorabend vom Barkeeper des Hotels einige Zweige
Minze, Plastikbecher, Cocktailrührer und Strohhalme besorgt und
eine Flasche Rum gekauft. Nun gibt es an Bord des Busses auf sein
Wohl Mojitos für alle. Riesengaudi! Sowas haben Franlyt und Toni
noch mit keiner Reisegruppe erlebt, sie sind sprachlos.
Wir
fahren weiter Richtung Oriente, nach Süden, und erreichen Bayamo,
die zweitälteste Stadt Cubas. An dem eindrucksvollen Stadtplatz,
dem Parque Céspedes, halten wir. Toni hat jedem von uns unterwegs
eine Zigarre geschenkt. Das ist ausreichend Anlaß für ein
Gruppenbild mit Damen und Zigarren vor dem Céspedes- Denkmal.
Ein junger Mann bedient hilfsbereit die zugereichten Kameras.
Es ist heiß
in Bayamo, das richtige Wetter für ein leckeres Eis (helados).
Zu viert beschließen wir, die kalte Köstlichkeit in einer
nahen Eisdiele zu kaufen. Am Straßenverkauf stehen die Leute
Schlange. Das dauert uns zu lange. Zudem sind im angegliederten Gartencafe
offensichtlich Plätze frei. Wir zwängen uns durch eine schmale
Maueröffnung und setzen uns an einen gerade frei werdenden Tisch.
Die anderen Gäste starren uns an wie Außerirdische. Erst
jetzt merken wir, daß man sich auch hier draußen auf der
Straße anstellen muß und an einem Häuschen vor dem
Garten seine Bestellung aufgeben kann - sobald ein Tisch frei wird!
Also stehen wir wieder auf und - brav an. Ein wild gestikulierender
Mann bedeutet uns, an der Schlange vorbeizugehen und direkt auf die
Dachterasse der Eisdiele zu gehen. Wir folgen seiner Aufforderung,
werden aber sofort von einer Kellnerin zurückgehalten. Jetzt
ist uns der Appetit auf Eis vergangen, wir haben einfach
die "Spielregeln" nicht verstanden. Touristen, die immer mit Dollar bezahlen müssen, werden normalerweise
"bevorzugt" bedient und behandelt... In Havanna gibt es
für sie sogar einen zusätzlichen separaten Verkauf in dem
berühmten Eissalon El Coppelia. Auf der Suche nach einer anderen
Eisdiele finden wir aber nur Softeis- Stände - und das wäre
für meinen europäischen Magen dann doch zu wagemutig. "Cubaner sind Eis- Fresser!" sagt Franlyt. So
soll sich die Bevölkerung in den Zeiten des Mangels für
die Rationierung von Käse statt Speiseeis entschieden haben...
Auf dem Céspedes- Platz bereiten sich kleine Mädchen mit
ihrer Lehrerin auf eine Tanz- oder Gymnastik- Aufführung vor,
die wir leider nicht mehr miterleben können.
Toni hats wieder eilig. Er will rechtzeitig unser Tagesziel in den Bergen der Sierra Maestra erreichen.