Das Haschemitische Königreich Jordanien - so der offizielle Staatsname - ist Ziel einer einwöchigen Studienreise, die ich zusammen mit Rüdiger aus Hagen gebucht habe. Wir kennen uns von der Südafrika- Tour und wollen Anfang Mai 2008 Petra und mehr von Jordanien kennenlernen. Eigentlich wäre auch Karin aus Leipzig dabeigewesen, aber, quel malheur, unsere gemeinsame Freundin hatte kurz vor der Abreise einen Fahrradunfall und musste die Reise stornieren.

Seit dem Tod von König Hussein wird Jordanien von seinem Sohn Abdullah II. und dessen Gattin, Königin Rania, regiert. Die königliche Familie berühmt sich der direkten Abstammung vom Propheten Mohammed. Jordaniens historisches Erbe reicht sogar bis in prähistorische Zeiten zurück. Das heutige Staatsgebiet wurde nacheinander von allen Großmächten der Antike und des Mittelalters besetzt. Erst seit 1946 gibt es das junge Königreich.

Mittwoch, 30.04.2008

Yalla! Auf gehts! Mit Royal Jordanian, der staatlichen Fluggesellschaft, fliegen wir nachmittags von Frankfurt nach Amman. Noch gerade rechtzeitig habe ich mir den neuen biometrischen Reisepass besorgt, der alte Pass hatte nur noch ein paar Tage Gültigkeit, zu wenig fürs Visum. Bei der abendlichen Ankunft auf dem Queen Alia International Airport empfängt Reiseleiter Dr. Friedhelm Hartwig unsere kleine Reisegruppe. Er wird uns ab sofort begleiten und als lebendes Lexikon der Orientalistik glänzen.

Amman, ursprgl. "Ammon", wurde vor ca. 3.500 Jahren von den Ammonitern gegründet und hat heute ca. 2 Mio. Einwohner. Nach der Eroberung durch die Ägypter im 3. Jh. v.Chr. erhielt die Stadt vorübergehend den Namen "Philadelphia". Diesen Namen trägt heute die Hauptstadt von Pennsylvania, USA, er ist aber auch vielfach im Straßenbild Ammans z.B. in Firmennamen zu sehen. Amman ist heute die Boomtown im Nahen Osten. Nicht zuletzt durch den Zuzug vieler reicher Iraker und Libanesen und deren Geld erlebt die Stadt derzeit einen enormen Aufschwung.

Das Regency Palace Hotel wird unser Quartier für die nächsten drei Tage sein - und uns teils schlaflose Nächte bescheren. Die Zimmer liegen entweder auf der belebten Straßenseite oder nach hinten mit Sicht auf eine lärmende Nachtbaustelle. Dafür ist das abendliche Büffet reichhaltig und von guter Qualität. Wie wärs mit einem Bier oder Wein dazu? Es gibt zwar Alkohol im muslimischen Jordanien - aber zu satten Preisen, was soll´s, der Sultan hat Durst... In der Hotelbar bedienen junge Russinen, die hier im Nahen Osten bessere Jobs finden als in ihrem Heimatland. Auch für die klassische Bar- Musik sorgen zwei Mädels aus dem Sowjetreich, am Flügel und mit der Geige. Einheimische Frauen findet man fast nie im Service, da die Frauen in der jordanischen Gesellschaft nur ihrem eigenen Mann bzw. der Familie dienen sollen. In den Restaurants habe ich nur Männer im Service gesehen. Schade, es gibt so hübsche Frauen hier.

Donnerstag, 01.05.2008

Unsere erste Exkursion steht bevor. Dr. Hartwig stellt uns den Local Guide Adnan vor, einen jungen Jordanier, der in kurzer Zeit ein respektables Deutsch gelernt hat und uns mit viel Charme und Sachkunde das Leben seiner Landsleute, tagesaktuelle und politische Zusammenhänge und die Region näherbringen wird. Adnan wird Dr. Hartwig ab sofort "Doktor Friedhelm" nennen, was wir sehr sympathisch finden und direkt übernehmen.

Das heutige Tagesziel ist eine der besterhaltenen römischen Provinzstädte der Welt: Gerasa, das heutige Jerash. Ihre Blütezeit hatte Gerasa unter dem römischen Kaiser Hadrian. Sie besitzt, so lernen wir von Doc Friedhelm, einen hippodamischen Stadtplan, also eine Straßenführung im Schachbrettmuster. Jerash ist ein gutes Beispiel für die römischen Provinzsiedlungen, die im gesamten Nahen Osten verteilt sind. Bereits zu damaligen Zeit entstanden hier gepflasterte und von Kolonnaden gesäumte Straßen. Es wurden großflächige öffentliche Plätze angelegt, Badehäuser und Brunnen errichtet und mit Türmen und Toren versehene Stadtmauern erbaut. Jerash ist berühmt für den Triumphbogen Kaiser Hadrians, das Hippodrom, den großartigen römischen Marktplatz in elliptischer Form, die Theater, Bäder und Torbögen, die römische Brücke und den weitläufigen Säulengang, der zum Artemistempel hinauf führt.

Doc Friedhelm konfrontiert uns mit vielen historischen Details, Jahreszahlen, Namen und Zeitsprüngen, die einer wissenschaftlichen Exkursion alle Ehre machen würden. Da schaltet Otto Normalinteressierter schon mal zwischendurch ab. Zu dieser Species gehöre zugegebenermaßen auch ich. Auch habe ich bereits auf anderen Reisen zahlreiche gut erhaltene Römersiedlungen gesehen. Meine Aufmerksamkeit findet stattdessen das Unternehmen "Römerspiele", das Bewohner der Stadt in den Ruinen gestartet haben. Als römische Soldaten und Gladiatoren gekleidete junge Jordanier führen im Hippodrom Kampfszenen aller Art vor, bis hin zur Verwendung sogenannter Kampftürme - natürlich gegen Extrabezahlung bzw. Eintritt.

Im Amphitheater spielen traditionell gekleidete Männer mit Dudelsack (!) und Trommel "Freude schöner Götterfunke". Wahrscheinlich haben sie uns als Deutsche identifiziert. Wenn das nicht originell ist! Unseren Besuch in der Römerstadt beschließen wir an einem Buffet mit jordanischer Speisen im Restaurant der Anlage. Man isst ausgiebig in Jordanien. Eine Schüssel Homus, „houmus“, Kichererbsenmus mit Sesamöl und Zitrone und ein gerade frisch gebackenes Fladenbrot „raigìf“, ein paar Oliven, ein Glas süßer Tee und hinterher verschiedene Gebäcke „baqlava“ und man ist satt und benötigt für den Rest des Tages, für die vielen Kilometer Besichtigungstour nur noch eine große Flasche Wasser.

Unsere Tour führt uns weiter durch das grüne Jordantal zum Toten Meer. Wir wollen natürlich nicht "über den Jordan gehen". Warum diese Redensart umgangssprachlich fürs Sterben benützt wird? Die alten Israeliten sind aus der Wüste über den Jordan in das Gelobte Land eingezogen. Die christliche Literatur hat diesen Übergang später symbolisch gedeutet - als Eintritt in das Himmelreich. Dieses Himmelreich ist ein altes Bild für das Leben nach dem Tod, das sich die Christen erhoffen. Und der Weg dahin führt - jedenfalls symbolisch gesehen - über den Jordan. Aber wie schon gesagt: "Heaven can wait!". Das Jordantal ist geprägt durch seine intensive landwirtschaftliche Nutzung. Zahlreiche Plantagen, mit großflächigen Plastikfolien abgedeckte Gewächshäuser und Gartenbaubetriebe kennzeichnen die Landschaft entlang der Straße. Am Straßenrand werden frisch geerntete Tomaten, Kürbisse und Paprika angeboten.

Den Jordan selbst werden wir nicht zu sehen bekommen. Es ist der Grenzfluß zu Israel, mit dem 1994 ein Friedensvertrag geschlossen wurde. Seitdem gilt die Aufmerksamkeit der Sicherheitsexperten den Extremisten von Al Kaida, die vornehmlich über Irak und Jemen versuchen ins Land zu kommen und ihren todbringenden Hass auszuleben. Die Jordanier bewachen alle öffentlichen Gebäude sowie die Hotels, in denen Touristen logieren, sie durchleuchten das Gepäck der Passanten und lassen sie durch Sicherheitsschleusen passieren. Das geschieht mal mehr, mal weniger sorgfältig. Auf den Überlandstraßen gibt es zahlreiche feste Checkpoints, an denen Militär und Polizei kontrollieren. An jedem Checkpoint steht ein ständig besetztes Fahrzeug mit schussbereitem, fest auf dem Dach montierten Maschinengewehr. So will man eine sofortige Verfolgung von bewaffneten Extremisten sicherstellen. Insgesamt fühlen wir uns auf der Reise durch Jordanien sicher.

Das Tote Meer, im arabischen auch "Meer des Lot" genannt, wird vom Jordan gespeist und hat keinen Abfluss. Das Wasser verdunstet in der Hitze. Anders als der Name vermuten lässt, ist ein Bad im Toten Meer sehr belebend. In einer Hotelanlage gibt es für Bustouristen die Möglichkeit, die Pool- und Strandanlage nebst sanitären Einrichtungen, Duschen und Umkleideräume zu nutzen. Auch Handtücher können ausgeliehen werden. Hier machen wir einen Badestop. Das Wasser hat eine unglaublich hohe Salzkonzentration von 33% und fühlt sich zwischen den Fingern eher wie Gel an. Mit einer offenen Wunde sollte man tunlichst auf ein Bad verzichten. Weitere Grundregeln: Nur ein kurzes Bad nehmen, möglichst auf dem Rücken schwimmen, einen Augenkontakt mit dem Wasser strikt vermeiden und nie weit hinausschwimmen. Das Wasser ist brühwarm und riecht modrig und stark salzig. Es hat nachweislich eine heilende Wirkung auf Hauterkrankungen wie Akne und Psoriasis. Sie kann unterstützt werden durch das Einreiben des Körpers mit dem schwarzen Bodenschlamm des Toten Meeres. Das Einreiben übernimmt ein Angestellter des Hotels direkt am Strand.

An manchem Ufer wird Asphalt angeschwemmt, der aus Erdspalten am Grunde des Sees stammt. Diesen Asphalt nutzten die alten Ägypter übrigens zur Einbalsamierung Ihrer Toten. Die Araber bezeichneten den Asphalt als »mumiyah« und daraus entstand dann das Wort Mumie.

Wir sind hier am tiefsten Landpunkt der Erdoberfläche, 400 m unter Normal- Null. Jetzt kann es nur noch bergauf gehen!

Die Reisegruppe besteht aus einigen Paaren und wenigen Alleinreisenden. Rüdiger und ich vereinbaren das DU mit Astrid aus dem Allgäu und mit Liema, die aus Afganistan stammt und mit ihren Eltern im zarten Kindesalter nach Gelsenkirchen migrierte. So lassen sich die weiteren Tage doch lockerer an. Als Kinder des Ruhrgebietes mögen wir dieses distanzierte "Sie" sowieso nicht sonderlich auf Reisen.

Doc Friedhelm und Adnan schwärmen von der heute vorherrschenden Super- Aussicht auf das gegenüberliegende Ufer und meinen, sowohl Jericho als auch Jerusalem klar erkennen zu können. Mir gelingt das nur ansatzweise, was wohl an meiner Sehschwäche liegt.

Freitag, 02.05.2008

Der heutige Tag beginnt mit einem Besuch der modernen König- Abdullah- Moschee, die zwar großzügig, aber längst nicht so prächtig wie die großen Moscheen von Kairo und Istanbul ist. Zudem ist sie in moderner Bautechnik mit Fertigbetonteilen errichtet worden. Insofern wirkt diese Moschee auf mich architektonisch eher weniger interessant, da ich den Vergleich zur alten Baukunst habe. Bemerkenswert finde ich allerdings, dass unmittelbar neben der Moschee eine christliche Kirche mit Glockenturm steht. Beide Gotteshäuser sind nur durch eine Straße voneinander getrennt. Diese Nähe symbolisiere sehr schön die in Jordanien praktizierte Toleranz der Religionen - so Adnan. Allerdings sind 97 % aller Einwohner Muslims.

Weibliche Moscheebesucher müssen wie in jeder Moschee ihr Haar mit Tüchern verhüllen und ihre Arme und Beine bedecken. Dafür können hier schwarze Gewänder mit Kapuzen ausgeliehen werden, was zu einem seltsamen Mummenschanz führt. Die Frauen unserer Gruppe haben jedoch vorgesorgt und eigene Kopftücher mitgebracht. In der Öffentlichkeit bewegen sich jordanische Frauen fast ausschließlich mit Kopfbedeckung, angefangen vom modernen Kopftuch bis hin zur Vollverschleierung mit überwiegend schwarzen Gewändern. Im Gegensatz dazu stehen die allerorten gegenwärtigen Fotos und Abbildungen der Königsfamilie, deren Frauen ihr Haar und Gesicht immer offen zeigen, so wie es im Westen üblich ist. Ein gewisser Widerspruch ist da nicht zu leugnen.

Weiter geht es zum Zitadellenhügel von Amman. Von dort hat man einen hervorragenden Blick auf das römische Amphitheater und die alten Stadtteile. Amman wurde übrigens wie Rom und Lissabon auf zahlreichen Hügeln gebaut. Man spricht von 9 Hügeln, es werden aber inzwischen wohl mehr sein.

Wir besuchen das kleine Archäologische Museum, worin Originalfragmente der Qumranrollen ausgestellt sind sowie die Mesha Stele, auf der von den Kriegen König Meshas gegen die Israeliten, Judäer und Edomiten berichtet wird. Hierbei handelt es sich aber nur um eine Kopie, das Original steht im Louvre. Aus Versehen löst mein Blitzlicht beim Fotografieren aus. "No flash!" ermahnt mich sofort ein Museumswächter.

Bei dem folgenden Besuch der örtlichen Theodor- Schneller- Schule haben wir Pech. Heute ist Freitag und somit haben alle Schüler und Lehrkräfte frei. Wir können also nicht mit ihnen über das jordanische Bildungssystem reden. Ersatzweise erklärt uns ein Angestellter der Schule in der christlich- anglikanischen Kirche etwas über den Hintergrund der Schulgründung und die hier praktizierte religionsübergreifende Versöhnungsarbeit mit den aus ärmsten Verhältnissen stammenden Schülern. Einige von ihnen leben hier im Internat, die Mehrheit wohnt jedoch bei ihren Familien in der Umgebung. Bei den Internatskindern handelt es sich zum Teil um traumatisierte Kinder aus Kriegsgebieten. Die Jugendlichen erhalten nach ihrer Schulzeit hier auch eine qualifizierte Berufsausbildung. Insgesamt eine sehr sinnvolle Einrichtung, die wir mit Einzelspenden unterstützen.

Ostwärts führt uns unsere Tagestour Richtung Irak. In der Gegend um Asraq machen wir Rast an einem Touristen- Restaurant mitten in der Wüste. Es gibt das übliche Buffet zu den üblichen Preisen: 9 Dinar für das ganze Buffet, 7 Dinar für die kalten Vorspeisen. Zur Zeit meiner Reise beträgt der Umrechnungskurs zum Euro ca. 1:1, also schon ein stattlicher Preis fürs Futter bei einem Durchschnittseinkommen von 300 Dinar pro Monat in Jordanien...

Unser Nachmittagsziel sind die Wüstenschlösser der Omaijaden in Amra (UNESCO-Kulturdenkmal) und Kharane. Wir fahren durch eine schier endlose Geröll- und Sandwüste, in der es früher einmal grüne Vegetation, ja sogar Sumpfland gegeben haben soll. Deshalb bauten in diesem Gebiet die Omaijaden - übrigens Erzfeinde von Mohammed und seiner Bewegung - hier ihre Jagdschlösser. Jasid III. (744) hat laut Doc Friedhelm das kleine Jagdschlösschen Amra Qasr errichten lassen und die Innenräume für die damaligen wie auch heutigen Moralvorstellungen der Region mit sehr freizügigen Darstellungen badender und tanzender Frauen ausmalen lassen. Erstaunlicherweise sind einige von diesen Fresken bis heute erhalten geblieben.

Danach besichtigen wir Qasr Kharana, von dem man nicht ganz sicher ist, ob es einmal eine Karawanserei oder ein Jagdschloß gewesen ist. Vieles spricht für eine Karawanserei, vor allem der Innenhof mit seinen Nebenräumen. Das zweigeschossige, burgähnliche Gebäude ist bis heute sehr gut erhalten geblieben.

Im Anschluß an die Besichtigung gibt es Tee oder Kaffee im Beduinenzelt nebenan. Der mokka- ähnliche Kaffee (Qah-wa) wird traditionell mit Kardamon geröstet, zerstossen und aufgekocht und schmeckt mir ausgesprochen gut. Beim Tee (Sh'ay) verwendet man zur geschmacklichen Abrundung Pfefferminzblätter, Salbei oder auch hier wieder Kardamon. Natürlich gehört zu einer Tasse Tee oder Kaffee auch ein Löffel Zucker ("Sukkar"). Und natürlich wird auch die orientalische Wasserpfeife, die Shisha, herumgereicht.

Die ausschenkenden Beduinen tragen die traditionelle Männerbekleidung, das "Dishdash" genannte Gewand sowie das "Kufiya" oder"Keffiyeh" genannte Kopftuch, gehalten von einer Art Kordel, der schwarzen "Agal" (oder "Ekal"). Im Sommer tragen die Männer meist leichte weiße Kopftücher, in den kälteren Monaten das rot- weiße (Jordanien) bzw. das schwarz- weiße (Palästina) Kopftuch, das fester gewebt und wärmer ist. In der Wüste schützt das Kopftuch gegen Hitze, Kälte und Sand und ist dort unverzichtbar. In den Städten tragen jordanische Männer dagegen die traditionelle Kleidung nur in der Freizeit. Wenn man dennoch tagsüber Männer mit arabischen Gewändern sieht, stammen diese fast immer aus den Golfstaaten.

Samstag, 03.05.2008

"Sabah el- khair", Guten Morgen!, und "Sabah el Noor", die Erwiderung, hat uns Adnan beigebracht und mit dieser Begrüßung beginnen wir unsere täglichen Busausflüge. Heute verlassen wir Amman und fahren auf der landschaftlich sehr schönen Königsstraße gen Süden. Unser Ziel ist die in der Nähe liegende 4.500 Jahre alte Stadt Madaba, die den Beinamen "Stadt der Mosaike" trägt.

Hauptattraktion von Madaba ist die Mosaik- Landkarte von Palästina in der griechisch- orthodoxen St. Georgs- Kirche. Ursprünglich zeigte das aus ca. 2,4 Millionen Steinchen zusammengesetzte Mosaik das gesamte Gebiet vom Nildelta im Süden bis hin zum Gebirge des Libanon im Norden, vom Mittelmeer bis zur Arabischen Wüste. Obwohl das Mosaik teilweise beschädigt ist, beeindruckt es den Besucher vor allem durch seine wirklichkeitsnahe Darstellung des Jordans, des Toten Meeres und der Mittelmeerküste. Die Stadt Jerusalem ist entsprechend ihrer Bedeutung sehr detailliert mit ihren Stadtmauern dargestellt. Zahlreiche weitere Mosaike zieren die Böden der Monumente aus der Zeit der Byzantiner, Römer und des frühen Islam.

Wir setzen die Reise fort zum 800 m hohen Berg Nebo. Die Bibel berichtet, dass der Prophet Moses nach langer Wanderung aus Ägypten von hier aus zum ersten Mal des Gelobte Land erblickte. Hier soll er auch gestorben und begraben sein. Sein Grab hat man aber nie gefunden. Neben der Aussichtsplattform liegt die alte Moseskirche, die sich im Besitz des Franziskanerordens befindet. Sie wird gerade rekonstruiert. Ihre Mosaike sind in ein Zelt verbracht worden, wo sie während der Zeit der Renovierung besichtigt werden können.


An bizarren Felsformationen vorbei führt unsere Fahrt auf der Königsstraße durch das Wadi Mujib, den "Grand Canyon Jordaniens“. Auf einer Anhöhe machen wir Rast in einem Restaurant, wo ein landestypisches Buffet angeboten wird.

Weiter gehts zur guterhaltene Kreuzritterburg von Kerak, die schon von weitem sichtbar ist. Diese Festung wurde 1142 errichtet und hielt 40 Jahre den Anstürmen mehrerer Heere stand. 1188 fiel sie dann jedoch Saladin in die Hände. Besonders beeindruckend sind die gewaltigen Gewölbe und Säle im Kellergeschoss und die Aussicht vom oberen Hof der Burg hinab zum Toten Meer. Für Busfahrer ist dieses touristische Ziel ein wahrer Horror. Es gibt keinen Parkplatz vor der Burg, so dass die Busse hintereinander in einer Sackgasse parken. Wenn der ganz vorne stehende Bus weiterfahren will, müssen alle anderen zurücksetzen...

"Warum sind die jordanischen Frauen die glücklichsten Frauen der Welt?" fragt uns Adnan. Seine Antwort: "Weil Sie nichts in die Ehe einbringen müssen!" Es gibt keine standardmäßige Mitgift der Braut, dafür ist eine "Morgengabe" des Bräutigams Pflicht. Zwischen den Familien des jungen Paares wird ausgehandelt und in einem Vertrag festgehalten, wieviel Schmuck der Bräutigam seiner künftigen Frau zu kaufen hat und dass er die Kosten für den gemeinsamen Hausrat übernehmen muss. Auch für den Fall einer möglichen, aber eher seltenen Scheidung von seiner Frau wird festgelegt, wieviel Geld der Mann ihr zu zahlen hat.

Zwangsehen seien in Jordanien verboten, die Entscheidung zur Eheschließung stehe Mann und Frau völlig frei. Natürlich könne man einen Vorschlag der Eltern ablehnen, wenn einem der jeweilige Partner nicht gefalle, erklärt Adnan. An den Universitäten des Landes suche man sich seinen künftigen Ehepartner zudem allein aus - und die Familie müsse die Entscheidung dann nur noch akzeptieren.

Durch weitere raue Wadis und über aussichtsreiche Höhen erreichen wir schließlich Petra und checken ein im Crowne Plaza Resort Hotel in der Nähe des Eingangs zur antiken Stadt. Die Zimmer sind besser als in Amman und vor allem ruhiger. Skandalös ist in diesem 5-Sterne-Hotel jedoch der "Abfütterungssaal" für die Touristengruppen, die hier Quartier beziehen. Als wolle man in das Guinness Buch der Rekorde, versucht das Hotel zu beweisen, wieviel Menschen man gleichzeitig in einem bescheiden großen Saal verköstigen kann. Das Ergebnis sind Schlangen und Menschenmassen vor dem Buffet und eine so enge Bestuhlung an den Tischen, dass ein Körperkontakt zum linken und rechten Nachbarn unvermeidbar ist. Es ist offensichtlich, dass der Mangel an vorhandenen Beherbergungsbetrieben in Petra hier schamlos ausgenutzt wird. Wir haben in diesem Hotel auch das teuerste Bier in Jordanien getrunken, für umgerechnet 6 Euro! Reine Abzocke!

Sonntag, 04.05.2008

Das legendäre antike Petra war jahrhundertelang in Vergessenheit geraten und wurde erst 1812 wieder entdeckt. Der weitläufige natürliche Talkessel versteckt sich in den Felsen, aus denen die Stadt mit ihren leicht rosa getönten Fassaden herausgeschlagen wurde. Hoch über einem Abgrund liegen die Tempel und Höhlen Petras, die bis vor kurzem noch von Beduinen bewohnt wurden. Der Großteil dieser einzigartigen Stadt wurde im 6. Jahrhundert v. Chr. von den Nabatäern, einem arabischen Wüstenvolk, als Stützpunkt auf den Karawanenstraßen erbaut.

Petra kann man per Pferd oder Esel, mit einer Kutsche und zu Fuß erreichen. Die Felsenstadt der Nabatäer ist UNESCO- Kulturdenkmal. Sie wurde schon in der Antike als 8. Weltwunder bezeichnet und ist seit 2007 eines der "Neuen 7 Weltwunder".

Die 1,2 km lange und nur 2-3 m breite "Siq" genannte Schlucht schlengelt sich durch das etwa 200 m hohe Felsmassiv bis zum Eingang zur Stadt. Der Siq ist der einzige direkte Zugang, alle anderen Wege führen über steile Felshänge oder durch engste Schluchten, die gute Kletterkünste erfordern. Allein diese Lage hat Petra lange Zeit vor Invasoren geschützt.

Nur vereinzelt fällt Sonnenlicht in die schmale Schlucht. An deren Wänden haben die Stadtgründer Rinnen herausgehauen, die Bestandteil eines ausgeklügelten Bewässerungssystems sind. Sie erinnern aber auch an die Gefahr, dass bei starken Regenfällen eine Sturzflut durch den Siq rauschen kann, die alles hinwegspült. Bei einer solchen Katastrophe sind noch vor 40 Jahren 28 Menschen ums Leben gekommen. Heute hat man - wie in der Antike - einen Damm gebaut, der eine solches Unglück verhindern soll.

Am Ende des Siq öffnet sich Petra plötzlich und unvermittelt mit der beeindruckenden Fassade des 40 m hohen "Schatzhauses" - Al Khazna. Diese Stadt aus Felsenstraßen, Felsentreppen und aus dem Fels gehauenen Bauwerken bietet als besondere Sehenswürdigkeiten neben dem Schatzhaus, das Theater, das Urnengrab, Seidengrab und Korinthische Grab, den Cardo Maximus, den Großen Tempel, das Forum, Bäder und Gräber sowie schließlich das Kloster, El Deir. Bei dieser Aufzählung bleiben zwangsläufig viele weitere sehenswerte Bauwerke unerwähnt. An diesem Ort kann man Tage - und wohl auch Wochen verbringen - und hat immer noch nicht alles gesehen.

Mir wird die Begegnung mit einer Beduinenfrau und ihren beiden Kindern in Erinnerung bleiben, die versuchen, den Touristen bunte Sandsteinbrocken zu verkaufen. Für einen Dinar kaufe ich dem kleinen Jungen einen solchen Stein ab. Er überreicht ihn mir strahlend mit seiner verkrüppelten Hand. Den Geldschein gebe ich natürlich der Mutter des Jungen.

Das reiche Spiel an Farben und Formen in dieser Schlucht lässt den Besucher mit jedem Schritt neue Perspektiven und faszinierende Motive erfahren. Nachmittags belohnt uns der Blick auf die gewaltige Fassade des Heiligtums von Ed-Deir und über das Wadi Araba für den mühsamen einstündigen Aufstieg bei 30° C. Die Mitnahme von Wasser ist dringend anzuraten. Nur 1 Woche vor unserem Besuch soll es hier Temperaturen von fast 40° C ohne jeden Windhauch gegeben haben - mörderisch, meint selbst Doc Friedhelm.

Man kann einen Esel für den Auf- und Abstieg mieten. Das kann aber zu einer gefährlichen Unternehmung werden. Mitreisende berichten von einem Unfall am gleichen Tag, bei dem ein Esel auf den unebenen, teils sandigen Stufen ausgerutscht und mitsamt dem Reiter in einen Graben gefallen sei. Glücklicherweise ist wohl beiden außer Schrammen und blauen Flecken nichts passiert. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn das Tier zur anderen Seite in die Schlucht gestürzt wäre. Deutsche Sicherheitsvorschriften sollte man in Petra besser völlig vergessen.

Montag, 05.05.2008

Von der Kraxelei des Vortages habe ich einen gehörigen Muskelkater, die Anstrengung steckt mir noch in den Knochen. Jetzt rächt sich, dass ich in den letzten Monaten zuwenig an meiner Kondition gearbeitet habe. Soll mir eine Lehre sein...

Ich schließe mich daher nicht der am frühen Morgen beginnenden 2. Exkursion auf die Höhen der Schlucht an. Die Gruppe berichtet später, dass der gewählte Weg diesmal weniger beschwerlich gewesen sei, allerdings hat die Tagestemperatur weiter zugenommen. Man sei den Spuren eines alten Prozessionsweges folgend auf Treppen zum Hohen Opferplatz hinaufgestiegen, wo die Nabatäer Tieropfer und vielleicht auch Menschenopfer dargebracht haben sollen.

Ich mache mich nach dem Ausschlafen und einem ruhigen Frühstück allein auf den Weg durch den Siq, der auch in einem erfolgreichen Spielfilm jüngster Zeit als Kulisse diente. In der Schlussszene des Films „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ wird der Siq von Petra zur geheimnisvollen „Schlucht des sichelförmigen Mondes“, und das Schatzhaus weist den Weg in die Welt des heiligen Grals – obwohl es sich in Wirklichkeit um eine nach hinten geschlossene Grabkammer handelt. Ich lasse noch einmal die Tempel, Gräber und sonstigen Bauwerke auf mich wirken, sauge diese Eindrücke auf. Meinen Alleingang bereue ich nicht, denn Petra ist auch ein magischer Ort, dessen Wirkung man nicht in einer Gruppe spüren kann. Ich genieße die relative Stille.

Ich muss dem berühmten englischen Orientalisten T. E. Lawrence ("Lawrence von Arabien") zustimmen - „man kann sich nicht vorstellen, wie schön etwas sein kann, solange man Petra nicht gesehen hat!“.

Am Nachmittag relaxen wir auf der Hotelterasse - ohne jegliche kulturhistorische Erläuterungen...

Dienstag, 06.05.2008

Wadi Rum, ca. 50 km östlich von Aqaba, der Hafenstadt am Roten Meer, gelegen, besteht aus weiten Sandflächen und leuchtend roten Granitbergen. Diese wunderschöne Landschaft wurde als Filmkulisse für „Lawrence von Arabien“ bekannt. Eine sehr markante Felsformation trägt den Namen "Die sieben Säulen der Weisheit"- wie der Roman von T.E. Lwarence. Wir sollen die Wüstenebene bei einer ca. zweistündigen Jeepfahrt näher kennen lernen. Dazu fahren wir mit geschlossenen Geländewagen über die staubigen Sandpisten. Die Beduinenfahrer liefern sich auf den nebeneinander verlaufenden Fahrspuren ein Rennen, was zu starker Bandscheibenbeanspruchung bei uns Fahrgästen führt. Ich habe den Eindruck, die Beduinen meinen, uns mit ihrem Powersliding einen großen Spaß zu bereiten. Außer dem beeindruckenden Panorama, das streckenweise ein wenig an das Monument Valley in den USA erinnert, gibt es hier Felsenzeichnungen zu bewundern, die zum Teil aus der Jungsteinzeit, aber auch von den Nabatäern stammen.

Die Bezeichnung Wüste sei für die karge Landschaft nicht ganz zutreffen, erläutert Doc Friedhelm. Vielmehr handele es sich um eine Halbwüste - "Al-Badia". Davon leite sich auch der Name "Beduine" ab. Diese sind heute Halbnomaden. Sie haben feste Häuser, sind aber mehrere Monate im Jahr noch mit ihren Viehherden unterwegs. Die Beduinen sind in Stämmen organisiert, deren Oberhaupt jeweils ein Scheich ist. Daneben gibt es einen Kadi, den Richter des Stammes, der bei Streitigkeiten Stammesrecht spricht. Neben dem Stammesrecht gibt es das Staatsrecht. Beide gelten nebeneinander, das Staatsrecht wird fast nur bemüht, wenn sich zwei Stämme streiten. Im Wadi Rum leben heute noch viele Beduinen in Zelten.

An der Jeepstation wechseln wir wieder in den Bus über. Ein Reisebus voller Russen ist gerade angekommen und bei den aussteigenden jungen Frauen kann man gut beobachten, mit welcher Unbekümmertheit und Ignoranz diese wohl eher reiseunerfahrenen Landsleute sich über arabische Kleidungs- und Sittenvorstellungen hinwegsetzen. Die Russinen tragen die kürzesten Shorts und freizügigsten Oberteile der Saison zur Schau. Für uns ein hübscher Anblick, für die Araber eine Provokation.

Dann geht es auf dem Desert Highway die 300 km nach Amman zurück. Auf dem Weg passieren wir Phosphat- Minen. Im Regency Palace Hotel in Amman erwartet uns nur noch eine sehr kurze Nacht. Ich nutze die Gelegenheit für den sehr lohnenswerten Einkauf von Nüssen, Keksen, und den herrlichen Baqlava und Halawa. Damit hab ich ordentlich was zu schleppen, denn das meiste muss ins Handgepäck...

Mittwoch, 07.05.2008

Am frühen Morgen fliegen wir mit Royal Jordanian via München zurück nach Frankfurt.

*Maps courtesy of www.theodora.com/maps used with permission.

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Zum Schluß noch meine Reiseführer- Empfehlungen: (ein Klick auf den Buchtitel führt Euch zur Direktbestellung bei amazon.de)

Baedeker steht für solide Qualität und so überzeugt auch der Jordanien-Band als Reiseführer mit vielen Hintergrundinformationen. Besonders hervorzuheben die gute Beschreibung von Petra mit einer detaillierten Karte der Felsenstadt.

Einen sehr guten Eindruck von der herben Schönheit des Wüstenstaates vermittelt die DVD aus der ZDF- Reiselust- Reihe. Petra, Wadi Mujib, Wadi Rum, eine Fahrt mit der Hejaz- Bahn, Madaba und der Berg Nebo - das sind Stationen dieses interessanten Reisevideos.

Meine Roman- Empfehlung von dieser Reise: Der autobiografische Roman "Im Geiste der Versöhnung. Ein Leben zwischen zwei Welten." von Königin Noor von Jordanien, die als Lisa Halaby in den USA aufwuchs und studierte bevor sie König Hussein kennenlernte und dessen Herz und das seiner Untertanen im Sturm eroberte. In ihrem Roman schildert die engagierte Monarchin ihr Leben an der Seite des jordanischen Königs und weckt Verständnis für die Geschichte der arabischen Länder und die wahre Botschaft des Islam.

Und ein weiterer Roman darf natürlich nicht fehlen: T.E. Lawrence` "Die sieben Säulen der Weisheit". Sein packender, aus der Sicht des aktiven Partisanenkämpfers geschriebener Bericht über den Aufstand in der Wüste erschöpft sich jedoch nicht in der Darstellung der militärischen Ereignisse, sondern er beschreibt zugleich eingehend Bräuche und Mentalität der Wüstenvölker und die bizarren Eigenartigkeiten des Lebensraumes.