Mittwoch, 03.06.2015: Nachtflug nach Madrid

Lebt Madrid touristisch gesehen im Schatten von Barcelona? Ich muss gestehen, dass ich zwar wiederholt in Barcelona, aber noch nie in Madrid gewesen bin.

Das soll sich ändern. Kastilien statt Katalonien! Anfang Juni 2015 fliege ich zu einem Kurzbesuch in die königliche Stadt Madrid. Der Flughafen Madrid- Barajas gehört zu den größten Flughäfen Europas. Alle Langstreckenflüge mit der Iberia gehen über dieses Drehkreuz. Ich habe mit dem Airport bereits Bekanntschaft gemacht auf meiner Reise nach Kuba.

Das Taxi vom Airport ins Zentrum kostet 30 € Festpreis. Taxifahren ist wesentlich billiger als in Deutschland. Kurz nach Mitternacht bin ich im Hotel. Man sagt, der Madrilene lebe erst auf, wenn der Deutsche schon schlafe. Es sieht ganz so aus, denn die Straßen sind noch voller Menschen. Die Stadtbewohner werden Gatos (Katzen) genannt, weil sie angeblich die ganze Nacht unterwegs sind. Aber morgen ist Feiertag. Nach einem anstrengenden Arbeitstag und der Anreise will ich jetzt nur noch schlafen und entspreche gerne dem Klischee.

Bei booking.com habe ich günstig das 4*- Hotel Preciados in der City gebucht. Das Doppelzimmer ist für 2 Personen mit Gepäck definitiv zu klein, aber das Hotel hat auch größere Zimmer und die Lage ist unschlagbar zentral. Alles ist per pedes erreichbar. Drei volle Tage stehen mir für meinen Kurzbesuch zur Verfügung, nicht gerade viel, aber es muss für einen ersten Eindruck reichen. Ein Besichtigungs- Powerplay habe ich sowieso nicht vor.


Donnerstag, 04.06.2015: Tag 1 in Madrid

Durch Internet- Recherche bin ich auf die madrilenische Reiseagentur "Madrid auf Deutsch S.L." (s.u.) gestoßen - ein Glückstreffer, denn die beiden Jungunternehmer Anne und Javier haben es sich zum Ziel gesetzt, ihre Kunden rundum zufriedenzustellen. Eine solche Freundlichkeit und Servicebereitschaft schon weit im Vorfeld der Buchung habe ich selten erlebt. MaD ist eine Top- Empfehlung für Ihren Madridbesuch!

Für heute morgen habe ich bei MaD einen Stadtrundgang durch das historische Madrid gebucht. Um 10:00 Uhr erwartet Javier die sieben Tourteilnehmer vor der Bärenstatue an der Puerta del Sol. Der Platz ist nur wenige Minuten von meinem Hotel entfernt. Der Bär und der Maulbeerbaum ("El Oso y el Madrono") bilden das Wappen von Madrid. Bär steht für den Adel, Maulbeerbaum für den Klerus. Es ist der katholische Gegenentwurf eines Stadtsymbols, welches ursprünglich die maurische Zitadelle, der heutige Königspalast, war. Javier erzählt uns eine andere Version: Der Bär sei dem gleichnamigen Sternbild vom klaren Nachthimmel entliehen und der Baum habe nichts mit Maulbeeren zu tun. Was ist richtig?

Am "Sol" fließen die wichtigsten Straßen der Hauptstadt Spaniens zusammen. Hier liegt der verkehrstechnische Nabel der alten spanischen Infrastruktur. Der "Kilometer Null" ist auf dem Gehweg vor dem alten Postgebäude, heute Sitz der Regionalregierung Madrids, eingraviert.

Hier steht auch das Reiterstandbild von Carlos III, dem mächtigen Herrscher, den man als "besten Bürgermeister" der Stadt verehrt, weil er das heutige Gesicht der Innenstadt entscheidend mitbestimmte.

Bevor wir unseren Rundgang starten, will Javier uns die Stadt "von oben" zeigen. Wir laufen ein Stück weit die Gran Via hinunter, die Prachtstraße Madrids, die Anfang des letzten Jahrhunderts wie mit dem Lineal als Schneise durch die Altstadt gezogen wurde. Sie ist gesäumt von amerikanisch anmutenden Hochhäusern jener Zeit. Das berühmteste dürfte das der Telefongesellschaft Telefonica sein. Die Gran Via ist architektonisch der Tummelplatz des spanischen Eklektizismus, eines Baustils, der Elemente der unterschiedlichsten Stilrichtungen vereint. Javier ist Fachmann, denn er hat Architektur studiert. Die Straße ist die Kino- und Shoppingmeile Madrids. Allerdings hat sie den Glanz der ersten Jahren längst verloren.

Für den Blick von oben müssen wir auf die Aussichtsplattform eines Hochhauses, das für die Öffentlichkeit nicht zugängig ist. Aber Javier ist ein Fuchs, sagt er von sich selbst. Er geht mit uns in ein Hotel-Restaurant im 2. Stock und bestellt eine Runde Getränke. Restaurantgäste dürfen natürlich nach oben auf die Plattform - gewusst wie! Von hier oben hat man wirklich einen guten Überblick.

An die Gran Via grenzt auch das Schwulenviertel Chueca, das zu einem Zentrum der Mode geworden ist. Sehr bekannt ist Madrids Schuhstraße, die Calle Augusto Figueroa, in der sich Schuhladen an Schuhladen reiht. Besonders interessant für die Damenwelt. Die Preise verlocken zum Kauf gleich mehrerer Paar Schuhe und anderer Lederwaren.

Zurück zum Sol. Auf den Bürgersteigen der Strassen ringsum breiten zahlreiche Schwarzafrikaner die üblichen gefälschten Verkaufsartikel auf einem Bettlaken aus und engen damit den zeitweise eh schon schmalen Gehweg noch mehr ein. Sobald Polizisten in Sichtweite kommen, schnüren sie wie auf Kommando ihre Bündel blitzschnell zusammen und verdrücken sich.

Wissen Sie, was Violetas sind? Es sind Bonbons aus Veilchenessenz, eine Madrider Spezialität. Im La Violeta, einem 100 Jahre alten Süsswarenladen an der Plaza de Canelejas, nahe der Puerta del Sol, gibt es alle denkbaren Veilchenprodukte zu erwerben. Muss man natürlich mögen...

Gleich neben dem Sol liegt die prächtige, quirlige Plaza Mayor. Hier fanden damals zur Unterhaltung des Volkes und des Adels Hinrichtungen und Stierkämpfe statt. Und noch heute ist der Platz ein beliebter Veranstaltungsort für kulturelle Events aller Art. Wie an vielen anderen Orten der Innenstadt findet man auch hier Künstler, die als vollständig mit Gold-, Silber- oder Bronzefarbe bemalte "lebenden Statuen" um eine Spende der Vorbeieilenden bitten. Neueste Variante: eine vollständig mit einem Pelz aus Lamettafäden bedeckte "Ziege", die große Aufmerksamkeit bei kleinen Kindern auf sich zieht.

Einen völlig anderen Charakter hat die bescheidene Plaza de la Villa. Der Platz wirkt, als sei er aus einer Kleinstadt an die viel befahrene Calle Mayor verpflanzt worden. An seinen Seiten liegen das alte Madrider Rathaus und weitere Gebäude, die früher auch als Gefängnis dienten. Javier outet sich als Fan der spanischen Inquisition und blickt in sieben ungläubige Gesichter. Er erklärt, die Inquisitoren hätten die meisten Hinrichtungen mit ihren Verfahren verhindert. Nur 2% der Beschuldigten wären auf dem Scheiterhaufen gestorben, sensationell wenige im Vergleich zu anderen Ländern.

Churros con Chocolate - knusprig frittierte Teigstangen, die in heiße Schokolade getunkt werden, diese Spezialität soll besonders gut in der Chocolateria San Gines (Pasadizo de San Ginés 5) schmecken. Wir probieren es aus. Na ja, ich bin kein Schoko-Fan und die fettigen Churros sind auch nicht mein Ding. Aber hier sind die Krapfenstangen Kult. Um die Ecke an der Calle del Arenal war einst die "Zunft der Auftragsmörder" zuhause. Nach einem Mord flüchtete der Täter in die San Gines- Kirche (sehenswerter barocker Hochaltar), die ihm bis 22:00 Uhr Schutz vor der Polizei bot. Danach war Dienstschluss für die Polizei. Der Mörder verschwand im Dunkeln und zog in der Nacht einen Ort weiter.

Apropos Kriminalität: Halten Sie Ihre Taschen, Kameras und Rucksäcke immer im Auge und fest in der Hand! Sonst werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit das nächste Opfer der cleveren Straßendiebe und -diebinnen.

Etwas weiter liegt das Kloster Las Carboneras. Die schon betagten Nonnen backen und verkaufen hier Plätzchen nach uraltem Rezept. Aber längst nicht an jeden! Eine unscheinbare, alte Frau sitzt auf der Straße an der Tür der barocken Klosterkirche. Die Frau gibt den Nonnen ein Signal ins Kloster wenn sie einen Käufer für würdig hält. Nur dann öffnen die Ordensfrauen die Pforte. (Calle de Puñonrosto, 3).

Gleich um die Ecke werden in einem kleinen Laden Marmelade, Honig, Schokolade und Kekse aus Klöstern Spaniens (El Jardin del Convento, Calle Gordón 1) verkauft, ein schönes Mitbringsel.

Jetzt geht es bergab in das wohl ursprünglichste Viertel Madrids, La Latina. Sie haben richtig gelesen. In Madrid geht's rauf und runter, weshalb es auch nur E-Bikes als Mieträder gibt. Und davon gibt es viele - bei BiciMAD. Die Fahrrad- Miete lohnt sich aber nur für Einwohner, nicht für Touristen.

Wir kommen vorbei an dem 25 m hohen Segovia Viadukt, eine Stahlbrücke, die als "Selbstmörder- Brücke" traurige Berühmtheit erlangte. Als einer der Lebensmüden tragischerweise auf einen Passanten gesprungen ist, dieser sofort tot war und der Springer überlebte, war dies Anlaß dafür, dass man vor den Geländern Plexiglaswände befestigte.

Der Stadtteil La Latina ist bekannt für seine hervorragenden Tapasbars und Weinlokale. In der Calle de Cava Baja gibt es besonders viele. Eine besonders empfehlenswerte Taverne ist das Tempranillo, Cava Baja 38, mit einer tollen Auswahl spanischer Weine.

Heute nachmittag will ich mir den königlichen Palast, den Palacio Real, ansehen. Die Regierungszeit des alten Schürzen- und Elefanten- jagenden Königs Juan Carlos ist vor kurzem zu Ende gegangen. Er hat vor einem Jahr die Krone an seinen Sohn Felipe weitergegeben. Die Könige des streng katholischen Spaniens hatten alle Mätressen und Liebschaften. Man muss ja nicht immer mit dem gleichen Maße messen, denn wie heißt es doch bei George Orwell:  "All animals are equal, but some animals..."

Mai/Juni soll die beste Reisezeit für Madrid sein, es ist mir aber auch jetzt mit knapp über 30° schon viel zu heiß. Wenig später, im Juli und August, wird es unerträglich mit Tagestemperaturen von mehr als 40° und nachts immer noch 30°.

Ein Irish Pub lockt mit Guinness vom Fass. Ich kann nicht widerstehen - und verschiebe den Besuch des Königspalastes auf einen späteren Madridbesuch. Der Pub wird fast ausschließlich von Spaniern besucht. Ich werde anfangs für einen der ihren gehalten. Natürlich fällt es schnell auf, dass ich kein Wort Spanisch verstehe. Dennoch entwickelt sich ein lebendiges "Gespräch" mit Händen und Füßen und ein paar Brocken Englisch... Ich liebe diese Situationen.

In der Nähe des Palacio Real liegt die La Bola Taberna, deren Spezialität der Madrilenische Cocido, ein sehr rustikaler Kichererbseneintopf, ist. Serviert wird er in den gleichen kleinen Tontöpfen, in denen der Eintopf auch gekocht wird. Die Speisekarte soll seit 1870 unverändert sein. Ich hab das Lokal ebensowenig besucht wie das

Botin, das berühmte "älteste Restaurant der Welt". Sie dürfen hier keine feine Hochküche erwarten, dafür zahlreiche Japaner, Koreaner und Chinesen.


Freitag, 05.06.2015: Tag 2 in Madrid

Das Frühstück im Hotel-Restaurant ist teuer. Aber es gibt so ziemlich alles, was das verwöhnte europäische Herz begehrt. Besonders erwähnenswert: der Jamón Ibérico de Bellota, der beste Schinken der Welt - von den schwarzen Schweinen, den Eicheln- Fressern.

Anne hat mir als Frühstücks- Adressen die Bars der näheren Umgebung empfohlen. Das typisch spanische Frühstück besteht hier aus einem Café con leche mit einer Barrita con tomate für 2,50€. Ein reichhaltigeres Frühstück gibt es im Le Pain Quotien auf der Gran Vía. Es liegt direkt gegenüber der Plaza Callao.

Madrids Museen - ein must! Da wäre zunächst und vor allen anderen das Museo Nacional del Prado, eine der berühmtesten Pinakotheken der Welt. Der Großteil der ausgestellten Meisterwerke sind Darstellungen der spanischen Könige, der Mitglieder des Hofes und der biblischen Geschichte - vorrangig Gemälde von Jesus und Maria, des Lebens und Wirkens Christi, Kreuzigungsszenen und der Märtyrien der Heiligen. Die Großmeister der Malerei, hier sind sie alle vereint. Mich begeistern vor allem die Werke von Hieronymus Bosch: Der Garten der Lüste und Die sieben Todsünden.

Mo - Sa ab 18:00 Uhr und So ab 17:00 Uhr ist der Eintritt hier frei (soll nicht empfehlenswert sein wg. des dann vorherrschenden Besucherandrangs) ansonsten Einzelticket 14 €. Investieren Sie gleich 9 € mehr, dann bekommen Sie den 500 Seiten dicken, reich bebilderten Museumsführer dazu. Fotografieren dürfen Sie im Prado nicht. Und nehmen Sie sich unbedingt einen der kostenlosen Museumspläne (auch in deutscher Sprache) mit auf Ihren Rundgang.

Es gibt mindestens 2 weitere erwähnenswerte Kunstmuseen: Auch das Museo Thyssen-Bornemisza genießt höchste Wertschätzung. Hier kann man die Geschichte der Malerei seit dem 13. Jh. chronologisch erwandern. Im Centro de Arte Reina Sofia gibt es moderne Kunst ab Mitte des 19.Jh. zu bewundern, unter anderem Werke von Dali, Miro und Picasso. Hauptattraktion dürfte Picassos Anti-Kriegs-Bild "Guernica" sein.

Auch diese beiden Museen spare ich mir für einen späteren Besuch in Madrid auf.

In der Cafeteria des Prado- Museums können Sie spanisch zu Mittag essen. Übrigens bieten fast alle Restaurants der Innenstadt ein 3-gängiges Mittagsmenü für 10-15 € an. Sie haben die Wahl. Ein sehr empfehlenswertes Restaurant - wenn Sie eine richtig gute Paella (mind. 2 Pers.) essen möchten - ist das Marina Ventura, C/ Ventura de la Vega, 13.

Die spanische Eßkultur weicht bekanntlich von deutschen Bräuchen ab. Der Tag beginnt mit einem knappen Frühstück, das meist aus einem Kaffee und Churros oder einem Toast besteht. Am späten Vormittag nimmt man dann eine Kleinigkeit zu sich, ein almuerzo oder aperitivo. Das oftmals üppige Mittagessen - comida - kann sich schon mal bis zum Nachmittag hinziehen. Abends gibt es dann entweder Tapas oder ein weiteres Menue, je nach Gusto.

Die Vorliebe für Tapas, kleine Häppchen aller Art, findet auch bei uns immer mehr Freunde, was an der wachsenden Anzahl spanischer Tapas- Restaurants erkennbar ist.

Den heutigen Abend verlebe ich im Ausgehviertel Huertas. Hier reihen sich Tavernen, Bars, Clubs und Kneipen samt Biergärten und Außengastronomie aneinander. Ich nehme an einer "Tapas Tour" von MaD teil. Treffpunkt ist um 20:00 Uhr an der Statue von Calderón de la Barca auf der Plaza Santa Ana, 15 min vom Hotel. Es gibt viele Informationen zu Tapas und Getränken von unserer abendlichen Guide Anne. Wir sind drei Schweizer, ein deutsches Ehepaar nebst Tochter - und ich, zusammen also acht, und wir werden einen schönen Abend mit unserer charmanten Tapas- Führerin haben.

Die Tour startet in der Taverne El Mesón El Lacón. Es ist kurz nach acht, der Laden hat gerade geöffnet, 15 min später ist es rappelvoll. Hier gibt es viele Kleinigkeiten zu kosten:

- Hundshai
- Morcilla de Burgos (gebratene Blutwurst mit Reis)
- Melonensuppe
- Pimientas de Padron (Bratpaprika)
- Albondigas (Hackbällchen)
- Kutteln
- Jamon Iberico

um nur ein paar zu nennen.

Anne erzählt uns über die Anfänge der Tapaskultur. Tapas heißt eigentlich Deckel. Dieser dient aber nicht als Schutz des Glasinhaltes gegen Staub und Insekten, wie vielfach unterstellt. Vielmehr ist er als Warnung der Wirte vor dem gegenüber Bier höheren Alkoholgehalt von Wein zu verstehen, eine Warnung, die damals den Höflingen von Carlos I. galt, der auch als Karl V. des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation bekannt ist. Man wollte mit dem Anbieten einer "festen Grundlage" einem frühzeitigen Rausch entgegenwirken. So die Lesart von Anne und Javier. In den einschlägigen Reiseführern liest man die Version mit dem Deckel als Schutz.

Kein Spanier würde im Restaurant jemals Tapas bestellen, da die kleinen Gerichte grundsätzlich zu jedem bestellten Getränk serviert werden, allerdings in unterschiedlicher Qualität - von einfach bis üppig, angefangen bei ein paar Chips und Oliven bis hin zu Jamon Iberico, das hängt ganz vom Gegenwert des bestellten Getränks ab. Möchte man eine etwas aufwendiger zubereitete Kleinigkeit zum Getränk, bestellt man Pinchos. Die kleinen Leckerbissen liegen meist ansprechend auf der Bartheke von Kneipen und Gaststätten aus. Es ist üblich, erst um einen Teller zu bitten und sich dann die Pinchos selbst zu nehmen. Im Unterschied zu Tapas und Pinchos gibt es Raciones, eine größere Portion, die auf einem Teller angerichtet wird und die nur auf Bestellung serviert wird.

Ich probiere mal Tinto de Verano als empfohlene Alternative zu Sangria. Beim Verano wird Rotwein und wenig süßer Zitronensprudel gemischt. Na ja, nicht der Bringer für mich, immer noch zu süß. Ich bevorzuge dann doch lieber den Tinto pur!

Weiter geht's ins Los Gatos (Calle de Jesús 2), das neben seiner skurillen Einrichtung, Erinnerungsstücken früherer Stierkämpfe inkl. präpariertem Stierkopf und reich bestickter Torero-Jacke bis hin zu Fotos berühmter Personen und jeder Menge Chichi, für seine Sandwiches bekannt ist. Wir bekommen eine leckere Auswahl angeboten.

Anne offenbart sich als Stierkampf- Versteherin. In Spanien sei man eben der Ansicht, der Mensch stehe über dem Tier und könne es sich daher "untertan" machen. Eine Verurteilung des traditionellen Stierkampfs durch Außenstehende sei im Vergleich zu dem, was in den Schlachthöfen der Welt geschehe, doch nur geheuchelt. Die Toreros würden im übrigen die Stiere am meisten lieben und wären oftmals Besitzer großer Zuchtfarmen. Vielleicht schau ich mir bei meinem nächsten Madridbesuch einmal eine Corrida an um mein Vorurteil zu revidieren - oder auch bestärkt zu bekommen.

Jetzt ziehen wir ins fast 150 Jahre alte Casa Alberto (Calle de las Huertas, 18) und bestellen als erstes Getränk einen Wermut nach Art des Hauses. Zu den Getränken gibt es Ochsenschwanz Stew, Bacalao- Bällchen (frittierte Bällchen aus Kabeljau, Kartoffeln und Sahnesauce in Panade). Im Casa Alberto ist die Bewirtung besonders herzlich. Der vordere Bereich der Taverne ist eine Tapas Bar, der hintere ein kleines Restaurant.

Mit diesem Satz kommen Sie überall zurecht: "Me pone una caña, por favor!" (Ein Bier, bitte). Una caña heißt "ein Bier vom Fass" auf Spanisch.

Wie schaffen es Anne und Javier als "Tapas- Führer" den allabendlichen Alkoholkonsum zu bewerkstelligen. Ganz einfach: Sie trinken keinen Alkohol - bis auf ein Abschiedsglas am Ende der Tour. Salud Anne y muchas gracias por una agradable velada!

Es gibt in Madrid unglaublich viele gute Tapas- Bars. Geben Sie mal bei der Suchmaschine "Tapas Bars Madrid" ein und Sie erhalten eine Menge an guten Restaurant- Tipps.


Samstag, 06.06.2015: Tag 3 in Madrid

Die Erbauung des Klosters Sankt Laurentius` von El Escorial wurde von Philipp II. in Auftrag gegeben. Der riesige Gebäudekomplex steht für die glanzvolle Periode des spanischen Imperiums, in dem „die Sonne niemals unterging”. Etwa 50 km nordwestlich von Madrid liegt das Kloster, das über Jahre als achtes Weltwunder bezeichnet wurde. Natürlich gehört das Machtsymbol Spaniens des 16. Jahrhunderts zum Weltkulturerbe.

Ich habe einen Busausflug mit Julia Travel /Greyhound gebucht. Start ist um 8:45 Uhr am Plaza de España, wo auch das Denkmal von Don Quijote und Sancho Panza steht, den Helden des berühmten spanischen Schriftstellers Cervantes.

Die Besichtigung des gigantisch großen Klosters beinhaltet den Palast der Habsburger, das Pantheon der Könige und das der Infanten, den Kapitelsaal, den Architektursaal, die Waffenkammer, die Bibliothek und die Basilika. Aber diesen Ausflug hätte ich mir sparen können. Die begleitende Touristenführerin Amalia spult lieblos und gelangweilt ihren Text auf Spanisch und Englisch herunter - kaum zu verstehen, akustisch wie inhaltlich, sie gibt sich auch keine Mühe. Im Kloster darf natürlich nicht fotografiert werden. Und außer den Krypten der Bourbonen- Könige gibt es dort nichts zu sehen, was spektakulärer wäre als die im Prado ausgestellten Kunstwerke. Deshalb meine Empfehlung: Kann man, muss man nicht unbedingt!

Der Nachmittag gehört dem Bummel durch die Stadt. Da wäre z.B. eine Filiale des Museo del Jamón, wo Sie ein Schinken- Sandwich "El Bocata de jamón" für unterwegs erwerben können, aber auch ganze Schinken am Knochen nebst Fuß oder aufgeschnittenen und vakuumisierten Schinken. Eintritt müssen sie in diesem Museum übrigens nicht zahlen. Und der Himmel hängt hier voller Schinken...

Der Jamón Ibérico ist gut gereift, und er ist sauteuer. Der Schinken des schwarzen Ibérico-Schweins wird weltweit von Feinschmeckern hoch geschätzt. Jamón Ibérico de Bellota ist die höchste Qualitätsstufe. Die Schweine decken mehr als 2/3 Ihrer Nahrung durch das Fressen von Eicheln der Stein- oder Korkeiche, Wurzeln und verschiedenen Kräutern. Die Eicheln sorgen letztlich für den unvergleichlichen, nussigen Geschmack des luftgetrockneten Bergschinkens. 100 g kosten hier ab 10 € aufwärts, also kein billiges Vergnügen!

Zu den schönsten Kaffeehäusern zählt das "Gran Café Gijón" am Paseo de Recoletos, ganz in der Nähe des Cibeles-Brunnens, eine 125 Jahre alte Madrider Institution und von Anbeginn an ein Magnet für Literaten, Maler und Schauspieler.

Heute abend findet im  CARDAMOMO Tablao Flamenco – Echegaray 15, die ultimative Flamenco Performance statt: "Espectáculo Flamenco". Hier wird der spanische Nationaltanz gezeigt - quasi auf einer Wohnzimmerbühne. Sie bekommen keinen touristischen Abklatsch geboten, sondern tänzerische Höchstleistung, virtuose Gitarrenklänge und leidenschaftliche Sänger. Die Vorführung dauert ca. 60 min und kostet 25 €. Sie ist jeden Cent wert. Eine vorherige Buchung im Internet empfiehlt sich.


Und dann gibts heute auch noch Fußball: Der ewige Rivale von Real Madrid, der aktuelle spanische Meister und Pokalsieger FC Barcelona, spielt im Champions League Finale in Berlin gegen Juventus Turin.  Aber die Madrilenen strafen ihren Erzrivalen mit Missachtung. Kein Public Viewing, kein auf die Übertragung gestellter Fernseher in den Tavernen und Bars. Eine so große gegenseitige Abneigung gibt es nicht mal zwischen Schalke und dem BVB. Messi, Neymar und Suarez - der beste Barca-Sturm aller Zeiten sollte doch wohl auch die starken Italiener besiegen, oder? Sie tun es, mit 3:1. Barca holt sich auch diesen Pott und damit das Triple.

Neben Real Madrid gibt es in der Stadt noch einen zweiten Spitzenclub, Atletico Madrid. Dieser Verein hat in Madrid viele Anhänger. Ich habe den Eindruck, sogar mehr als Real.

Heute abend brodelt es auf den Plätzen und Einkaufsstraßen der Stadt vor Menschen, ganz im Gegensatz zu den beiden letzten Tagen. Wie schon gesagt, auch in Madrid war wie bei uns am Donnerstag Feiertag (Corpus Christi - Fronleichnam) und viele Madrilenen haben den Brückentag genutzt für einen Ausflug. Jetzt, am Samstagabend sind sie offenbar alle wieder zurück.


Sonntag, 07.06.2015: Abreise

Um 12:40 hebt mein Lufthansa- Flieger ab. Adios Madrid! Ich komme wieder, ganz sicher!

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Das sind meine Reiseliteratur- Empfehlungen für Madrid:

Für einen 3-tägigen Aufenthalt in Madrid kommt sinnvollerweise nur ein kompakter Reiseführer in Frage, den man in die Jackentasche stecken kann und der zudem eine brauchbare Karte mitbringt. Dennoch bleibt eine erstaunliche Auswahl, denn jede Reiseführer- Reihe hat einen kleinen Madrid- Führer im Angebot. Ich habe mich für DuMont direkt und
Dorling KindersleyTop 10 entschieden.

Beide Bände (120 S. bzw. 160 S.) liegen in der 10 € Preisklasse und bieten für einenKurztrip ausreichend Infos. Mehr kann man in so kurzer Zeit sowieso nicht aufnehmen und umsetzen. Mein Favorit ist der Dumont.

Nachtrag: Seit Mitte 2021 gibt es den alternativen Reiseführer "Glücksorte in Madrid: Fahr hin und werd glücklich" von Anne Wieging und Javier Sardón, Droste Verlag. Sehr empfehlenswert für Madrid- Wiederholungsbesucher!


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