Tennessee
- Home of Blues and Country Music

Die Baumwollfelder Mississippis werden abgelöst von den typisch platten Einheitsbauten mit McDo und Co  Wir erreichen die Großstadt
Memphis, TN.

Es ist kalt geworden (ca. 8 °C) auf unserer Rundreise. Brrr !!!  Ich habe gar keine warmen Sachen dabei, deshalb kaufe ich in einem Outlet- Store erstmal einen Fleece- Pulli. Sina kann ihren in New Orleans erworbenen Winterpullover einweihen...

Graceland, die im Süden Memphis´am Airport gelegene Villa des vor über 20 Jahren verstorbenen "King of Rock´n Roll", Elvis Presley, besteht für einen europäischen Durchschnittstouristen aus einem unerträglichen Sammelsurium an Geschmacksverirrungen. Die Amis haben Graceland zur Pilgerstätte erkoren. Elvis´ Wohn-, Eß-, Musikzimmer, Trophäen- Raum, sein Düsenjet "Lisa Marie", seine bonbonfarbenen Cadillacs, sein herzförmiger Swimmingpool und -natürlich- sein Grab: das ist Graceland - ergänzt um zahlreiche Devotionalien- Shops. Fotografieren oder Filmen darf man an dieser heiligen Stätte natürlich nicht, dafür einen vergleichsweise hohen Eintritt zahlen. Wir machen das nicht mit - auch auf die Gefahr hin, zuhause zu hören "Ihr wart in Memphis und habt Graceland nicht besucht?" Genau!

Wir fahren direkt in die Innenstadt zur Beale St., Ecke Main St, parken unseren Ford auf dem Parkplatz und lernen ein für uns neues Bezahlsystem kennen. Auf dem Parkplatz sind "Sparkästen" aufgebaut. Sie sind mit durchnummerierten Schlitzen versehen, durch die man seinen Park- Obolus mit gefalteten Bucks (1$- Scheine) und Münzen schieben kann, nötigenfalls auch mit einem Metallschieber stopfen. Hier liegt auch eine der vielen Haltestellen der schönen alten (historic) Street Trolleys. Historische Straßenbahnen gibt es wohl in vielen amerikanischen Großstädten. Wir kennen sie jetzt aus San Francisco, New Orleans und Memphis.

Dann betreten wir die Beale St., den legendären schwarzen Musik- Distrikt von Memphis. Hier wurde der Blues (B.B. King) und der Rock´n Roll (Elvis) populär. Heute ist der heruntergekommene Straßenzug, den man noch kurz vor seinem Abriß retten konnte, ein National Historic Landmark. Die Beale St. besteht zwar auch aus allen möglichen Kneipen, Restaurants, Museen, Läden. Sie ist aber nach unserem Eindruck noch ursprünglicher als die Bourbon St in New Orleans. Dazu trägt erheblich A. Schwab´s Dry Goods Store bei, ein uralter (1876) Ramschladen ("Kaufhaus"), wo die unmöglichsten Dinge erstanden werden können. Sina und ich, wir glauben gar nicht, was hier angeboten wird. Die meisten Sachen würden bei uns ausschließlich auf dem Flohmarkt verkauft.
Unter den Musikkneipen sind hervorzuheben: B.B. King´s Blues Club, Mr. Handy´s Blues Hall und das King´s Palace Cafe. In letzteres treten wir genau um 1:55 p.m. ein. Nach einem kurzen Blick auf die Speisekarte ("menue" genannt) wählen wir das lunch special, das ist erheblich preiswerter, wird aber nur bis 2 p.m. serviert. Der Kellner schaut erst uns an, dann seine Uhr, und meint dann, er müsse den Koch fragen. Wir bekommen unser Essen zum Vorzugspreis. Es ist gut und es schmeckt uns. Die Lunch- Gerichte sind übrigens immer preiswerter als das Dinner. Oft gibt es separate Speisekarten.

Nach dem Lunch statten wir dem Rock´n Soul Museum im Gibson Guitar Building einen ausgiebigen Besuch ab. Jeder Besucher wird hier mit einem DiscMan ausgestattet, der den Museumsführer ersetzt. Der eigentliche Clou ist, daß man zu den einzelnen Stationen der Ausstellung mit dem DiscMan Musik seiner Wahl hören kann. So stehen neben den ausführlichen Erläuterungen und Original- Tondokumenten bis zu 20 Musik- Titel pro Station zur Verfügung. Da fällt die Wahl meist nach dem Zufallsprinzip. Unsere Meinung zur Ausstellung: wirklich lohnenswert, die Geschichte des Blues - von den Cottonfields bis Martin Luther King in Fotos, Filmen, Plakaten, Kostümen, Originalinstrumenten, Juke Boxes etc. ..

In der Beale St. und dem nahen W.C. Handy Park spielen bereits am Nachmittag zahlreiche Bands, oft zu Jam- Sessions vereint, mit sehr guten Blues- Improvisationen.

Wir wollen im Comfort Inn oder dem Sleep Inn in der Front St. übernachten. Leider beide ausgebucht. Schade, da wirklich zentrale Lage (Empfehlung!) für abendliche Aktivitäten. Das legendäre Grandhotel "Peabody" an der Union St. ist uns zu teuer. Die dortige Enten- Parade vom Dachgeschoß mit dem Aufzug runter, quer durch die Empfangshalle und hinein ins Lobby- Basin (abends umgekehrt) kann man auch als Nichtgast beobachten.

Nach einigem hin und her finden wir ein gutes Motel an der Peripherie und suchen ein Restaurant für den Abend. Vor dem Eingang aller in Frage kommender Lokale stehen hungrige Mitmenschen Schlange. Wir landen aus Verzweiflung in einem "All American Sports Restaurant", einer Mischung aus Kneipe, Disco und Restaurant, laufende Fernseher in allen Ecken des Lokals mit Sportübertragungen. So schmeckts dann auch: der Koch versteht wohl mehr von Baseball als vom Kochen.

Am nächsten Morgen fahren wir nach dem Frühstück zurück nach downtown. Am Riverside Drive vor Mud Island pfeift uns ein eisiger Wind um die Ohren. Eigentlich wollen wir uns das Mississippi- River- Museum und das detailgetreue Modell des gigantischen Flusses ansehen, aber der Komplex macht erst in einer Stunde auf. Wir wollen in der Kälte nicht warten, fahren weiter zum National Civil Rights Museum, das zum Gedenken an Dr. Martin Luther King im Lorraine Motel eingerichtet wurde. Auf dessen Balkon wurde Dr. King vor 30 Jahren erschossen. Das Zimmer, in dem er übernachtete, soll bis heute nicht verändert worden sein. Aber leider: Öffnung des Museums erst später... Viele Gebiete in Memphis sind als "No-Go-Areas" eingestuft. Genau so auch hier: eine ziemlich verruchte Gegend. Wir konstatieren, daß wir hier nicht aussteigen sollten... Raus aus der Stadt. Noch einen Blick auf das in Form einer riesigen Pyramide gebaute (und deshalb auch so genannte) Stadion von Memphis. Muß sehr teuer gewesen sein, aber die Stadt wollte mit diesem Bauwerk die Verbundenheit zum Nil unterstreichen...

Prompt verfahren wir uns, die Brücke über den Ol´Man River führt uns über die Staatsgrenze direkt nach ARKANSAS, "The Home of Bill Clinton", wie große Schilder verkünden. Wir drehen, zurück nach Tennessee ("The Home of Al Gore"), wollen in ein Outlet- Center östlich hinter Germantown. Das Warenangebot ist mager. Dafür findet auf dem Parkplatz ein Treffen von Ford- Mustang- Besitzern statt. Stolz werden die hochglanz- polierten alten Blechkisten (sorry!) mit aufgeklappter Motorhaube präsentiert und gefachsimpelt.

Weiter gehts 300 km nach Norden mit dem Ziel Nashville. Wir kommen am späten Nachmittag an und checken erstmal ein im Quality Inn & Suites am Airport. Ganz in der Nähe liegt der Opryland- Komplex, das Mekka der Country- Musik mit der legendären Grand Ole Opry (mit ca. 4.500 Sitzplätzen die größte Showhalle der USA und die größte Radiostation der Welt), dem riesigen Opryland Hotel (fast 2.000 Zimmer) und - seit Anfang 2000 - einer sehr schönen Mall, Opry Mills. Das müssen wir natürlich sehen. Hier gibt es jede Menge Outlet- Stores und ausgefallene Läden wie z.B.
- Bass Outdoor World (alles für Jäger, Angler, Camper, Abenteurer in nachgebautet Natur- Kulisse)
- Hilo Hattie - The Store of Hawaii (tanzende Südsee- Schönheiten und Aloa- Hemden bis zum Abwinken),
aber auch Restaurants aller Weltküchen, ein IMAX- Kino und eine Show- Bühne für Livekonzerte der gerade anwesenden Country- Größen. Die sehen für mich in ihrem Cowboy- Outfit alle gleich aus und hören sich auch in etwa gleich an. Fahrt mal 5 Stunden auf amerikanischen Highways und hört die ganze Zeit im Radio Country & Western- Musik, dann wisst Ihr, was ich meine! Wir halten uns ziemlich lange in der Mall auf, es ist wirklich toll hier! Als wir auf den Parkplatz zurückkehren ist es schon lange dunkel. Wir "tasten" uns Richtung Hotel, finden es auch - und zudem ein gutes Shoney´s- Restaurant. Unsere Tischbedienung ist gebürtige Dresdnerin, "über die Mauer gehüpft" und seit Jahrzehnten hier verheiratet. Sie ist ganz versessen darauf, uns mit ihren verbliebenen Deutschkenntnissen zu beglücken, wir kommen kaum dazu, unsere leckeren Steaks zu verputzen. An diesem Abend ist es saukalt und nachts friert es sogar!

Was macht man am Sonntag morgen in Tennessee? Man geht in die Kirche oder - besucht eine Whiskey- Destillery! Also fahren wir südwärts via Fayetteville nach Lynchburg, TN. Hier ist die Jack Daniel´s Destillery zuhause, die auf ihrem idyllischen Betriebsgelände kostenlose Führungen veranstaltet (leider ohne anschließende Verköstigung der Destillate). Eine Führung bei Jack Daniel ist ein Erlebnis, es ist wie in den Werbefilmen: fast unberührte herbstliche Natur, Zeit scheint keine Rolle zu spielen, die Leute haben die Ruhe und Liebe zum Produkt verinnerlicht. Dem alten Führer mit seiner JD- Kappe ist der Stolz auf den hier produzierten Wiskey anzumerken, wenn er einen Deckel der mit Holzkohle gefüllten Tröge öffnet. Ein warm- würziger, wohltuend sanfter Whiskey- Geruch strömt uns entgegen. Jack Daniel´s ist - wie der alte Mann erzählt - der einzige über Holzkohle gefilterte Whiskey der Welt. Genau deshalb ist das Destillat kein Bourbon- Whiskey! Die Flaschen der Hochpreis- Labels werden hier noch handverkorkt.

Nach soviel Hochprozentigem (zumindest visuell) brauchen wir etwas adäquat Kalorienhaltiges. Da kommt der nächste Feinschmecker- Tempel gerade recht. Wir finden einen Laden, der von 2 Fastfood- Ketten betrieben wird und sowohl Burger als auch Tex-Mex- Gerichte verkauft. Sina wählt Burger, ich Fajitas. Die bestehen aus in Streifen geschnittenem gegrilltem Hähnchenfleisch, das mit Tortillas serviert wird. Dazu gibt es Guacamole, Sour Cream, geriebenen Käse, Hot-Chili-Sauce, geschmorte Paprika-Schoten und Zwiebeln. Alles wird in die Tortillas eingewickelt und mit den Fingern gegessen. Gewöhnungbedürftig, schmeckt aber gut.

Wir wollen weiter Richtung Alabama.

Fortsetzung und Ende des Reiseberichtes unter -> Teil 4: Alabama: Gators im Raketenland

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                                                                                             Teil 1: Louisiana: Big Easy im Pelikanstaat
 

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Meine Blues- Empfehlungen (für "Einsteiger"):
B.B.King - Blues on the Bayou
B.B.King & Eric Clapton - Riding with the King
Eric Clapton - Unplugged
Eric Clapton - Reptile
John Lee Hooker - Mr. Lucky
John Lee Hooker - The best of Friends

mitgebracht aus dem Deep South:
Shemekia Copeland - WIcked  (Blues + R&B)
Ronnie Earl - Healing Time (Blues mit Jazz- Elementen)